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       # taz.de -- Schwangere Neuseeländerin: Ausgerechnet die Taliban helfen
       
       > Die neuseeländische Kriegsreporterin Charlotte Bellis wird während ihrer
       > Mittelost-Reportagen schwanger. Aber Neuseeland verweigert ihr die
       > Einreise.
       
   IMG Bild: Charlotte Bellis
       
       Berlin taz | Neuseeland rühmt sich, als erstes Land der Welt das
       Frauenwahlrecht eingeführt zu haben, hat mit Jacinda Ardern schon zum
       wiederholten Mal eine Frau im höchsten Regierungsamt und mit der Queen seit
       Jahrzehnten ein weibliches Staatsoberhaupt. Schwangere dürften dort deshalb
       am wenigsten mit Zurückweisung rechnen.
       
       Doch als die neuseeländische Kriegsreporterin Charlotte Bellis bei den
       Behörden mit 59 angefügten Dokumenten und anwaltlicher Hilfe beantragte,
       zur Geburt ihrer Tochter in die Heimat zurückkehren zu dürfen, wurde diese
       mit Verweis auf die [1][strengen Coronabestimmungen] abgelehnt.
       
       Ärzte hatten der 35-jährigen Frau einst bestätigt, dass sie keine Kinder
       bekommen könne. Als sie dann überraschend von ihrer Schwangerschaft erfuhr,
       arbeitete die Journalistin gerade in Doha im Emirat Katar beim
       TV-Nachrichtensender Al Jazeera. Für den Kanal berichtete sie aus
       Afghanistan.
       
       ## Schwanger und unverheiratet: In Doha verboten
       
       Doch weil in Doha unverheirateten Frauen verboten ist, schwanger zu werden,
       musste Bellis schon ihren Schwangeschaftstest als journalistische Recherche
       tarnen und dann möglichst schnell das Land verlassen. Ihr Partner, ein
       belgischer Fotograf, lebt in Kabul. Gemeinsame Recherchen ergaben, dass
       Afghanistan das einzige Land ist, für das beide ein Visum haben, und dass
       sie nur dort legal entbinden kann.
       
       Ausgerechnet Kabul: Bellis hatte als eine von nur drei weiblichen
       Journalisten von der ersten Pressekonferenz der radikalislamistischen
       Taliban nach deren Machtübernahme in Kabul berichtet. Gleich als Erstes
       konfrontierte sie den Talibansprecher mit der Frage, wie sie denn die
       Rechte von Frauen und Mädchen schützen würden. Jetzt nennt sie es in einem
       Artikel für den [2][New Zealand Herald] „eine brutale Ironie“, dass sie
       ausgerechnet diese Taliban um Geburtshilfe bitten musste. Denn auch deren
       jetziges Regime behandelt Frauen wieder wie Menschen zweiter Klasse.
       
       Zudem hat Afghanistan eine der höchsten Mütter- und
       Säuglingssterblichkeitsraten der Welt. „Eine Schwangerschaft kann hier ein
       Todesurteil bedeuten“, so Bellis. Doch die Taliban verwiesen darauf, dass
       Ehefragen für sie als Ausländerin ihre Privatangelegenheit seien und
       schrieben laut Bellis freundlich: „Wir freuen uns für Sie, Sie können
       kommen und werden keine Probleme haben. Sagen Sie einfach, sie seien
       verheiratet, und wenn es schwieriger werden sollte, rufen Sie uns an.
       Bleiben Sie ruhig, alles wird gut.“
       
       Bellis wuchs im südneuseeländischen Christchurch auf, war in ihrer Jugend
       eine Nachwuchshoffnung beim Tennis und studierte dann in den USA
       Journalismus. Zurück in Christchurch fing sie als Lokalreporterin beim
       Fernsehen an, wurde später Moderatorin. Seit 2017 arbeitete sie für Al
       Jazeera, erst als Producerin, dann als Korrespondentin.
       
       Nachdem sie jetzt ihren Fall in Neuseeland öffentlich machte, merkte die
       Regierung plötzlich, wie peinlich das ist, und erklärte, man werde den Fall
       erneut prüfen. Doch Bellis machte klar, sie wolle keine Sonderbehandlung.
       Es gebe Tausende Schwangere, deren Einreiseanträge abgelehnt wurden.
       
       30 Jan 2022
       
       ## LINKS
       
   DIR [1] /Coronapolitik-in-Neuseeland/!5791255
   DIR [2] https://www.nzherald.co.nz/nz/covid-19-omicron-charlotte-bellis-an-open-letter-on-miq/U4WQGYTJHUP36AGVOBN3F6PJSE/
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Sven Hansen
       
       ## TAGS
       
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