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       # taz.de -- Coronainfektion und Arbeiten: Trotz Infektion einspringen
       
       > Berlins Bürgermeisterin Giffey schließt im Notfall nicht aus, auch
       > Omikron-Infizierte in der Versorgung einzusetzen. Für Verdi wirft das
       > Fragen auf.
       
   IMG Bild: Arbeiten mit nachgewiesener Coronainfektion? Franziska Giffey hält das im Notfall für angebracht
       
       Berlin taz | Mit einer solchen Debatte hatte der damalige
       Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) schonmal für Aufregung gesorgt:
       Darf man Corona-Infizierte in der kritischen Infrastruktur einsetzen, wenn
       ansonsten die Versorgung gefährdet wäre? Berlins Regierende Bürgermeisterin
       Franziska Giffey (SPD) hat jetzt solche Einsätze in Notfällen befürwortet.
       Die Gewerkschaften und Arbeitsrechtler sehen das kritisch.
       
       „Es geht hier wirklich um den Not-Not-Notfall“, [1][sagte Giffey am Montag
       im RBB-Inforadio.] „Wenn wir eine Situation haben, in der wirklich massiv
       Personal ausfällt und die gesundheitliche Versorgung in Notfällen in Frage
       steht, dann muss man sich darüber Gedanken machen.“
       
       Giffey hatte zuvor der Bild am Sonntag gesagt, es sei denkbar, symptomlose
       Infizierte etwa im Wasserwerk oder bei der Feuerwehr arbeiten zu lassen,
       wenn es dort coronabedingt zu sehr großen Personalengpässen komme. Für die
       Arbeit im Krankenhaus oder in der Pflege sei das aber nur im äußersten
       Notfall denkbar.
       
       Der Personalausfall in der sogenannten kritischen Infrastruktur in Berlin
       liegt derzeit bei 15 Prozent. Bis zu 30 Prozent seien durch Umorganisation
       und Angebotsreduzierung zu stemmen, meinte die Regierende. Der Einsatz
       solle für infizierte Arbeitnehmer:innen aber freiwillig sein, betonte
       eine Senatssprecherin anschließend.
       
       ## Viele Infizierte ohne Symptome
       
       Viele der Omikron-Infizierten haben keine Symptome wie etwa Kopfschmerzen,
       Husten oder ein Mattigkeitsgefühl, sind aber hochinfektiös. Nach
       derzeitiger Rechtslage sei es so, dass positiv getestete Corona-Infizierte,
       die keine Symptome aufweisen, [2][keine Krankschreibung vom Hausarzt]
       bekommen, sagte die Fachanwältin für Arbeitsrecht bei der Arbeitnehmerhilfe
       e. V., Miruna Xenocrat, der taz.
       
       Der Arbeitgeber könne vom symptomlosen infizierten Beschäftigten verlangen,
       im Homeoffice zu arbeiten, sofern dies möglich sei, so die Anwältin. Laut
       [3][Infektionsschutzgesetz] seien positiv Getestete zur Quarantäne, also
       zur Absonderung, verpflichtet. Auch wer zu Hause seiner Tätigkeit nicht
       nachgehen kann, bekommt in der Quarantäne trotzdem das Arbeitsentgelt
       bezahlt.
       
       Aufgrund der geltenden Quarantäneregeln sei es nicht möglich, einen positiv
       Getesteten im Betrieb arbeiten zu lassen, sagte Xenocrat, „alleine in einer
       Werkhalle an einer Maschine, das ist keine Quarantäne“. Es müsse dann zudem
       geklärt werden, wie der oder die Infizierte zur Arbeit komme, ob mit
       öffentlichen Verkehrsmitteln oder nicht.
       
       ## Versicherungsrechtliche Fragen
       
       Infizierte ohne Symptome in der Firma arbeiten zu lassen, das werfe „viele
       Fragen auf“, sagte auch Andreas Splanemann, Sprecher des
       Verdi-Landesbezirks Berlin-Brandenburg, der taz. Zum einen stelle sich die
       Frage, wie denn Infizierte im Betrieb arbeiten könnten, ohne möglicherweise
       andere anzustecken. Zum Zweiten könnte ein Beschäftigter, der oder die
       zuerst keine Krankheitssymptome aufweist, dann womöglich während der Arbeit
       eben doch Symptome entwickeln, „wenn dann was passiert, könnten sich auch
       versicherungsrechtliche Fragen stellen“, erklärte Splanemann.
       
       Im Jahr 2020 hatte [4][Jens Spahn für Proteste] gesorgt, als er darauf
       hinwies, dass bei hohem Personalausfall im Gesundheitswesen positiv
       getestete Beschäftigte ohne Symptome in extremen Einzelfällen und unter
       hohen Schutzstandards und mit Masken in der gesundheitlichen Versorgung
       eingesetzt werden könnten, wenn andernfalls die Versorgung nicht mehr
       sichergestellt sei. Vom Robert-Koch-Institut (RKI) gab es eine
       entsprechende Empfehlung zu Beginn der Pandemie.
       
       Im Februar 2020 war es besonders im Kreis Heinsberg in Nordrhein-Westfalen
       wegen der sehr hohen Zahl an Corona-Infizierten zu Ausfällen gekommen. Laut
       Spahn waren dort so viele Beschäftigte im Gesundheitsbereich in Quarantäne,
       dass die Schließung von Arztpraxen drohte. Vereinzelt habe es Situationen
       gegeben, in denen positiv Getestete unter hohen Schutzvorkehrungen
       mithelfen mussten, die Versorgung sicherzustellen.
       
       31 Jan 2022
       
       ## LINKS
       
   DIR [1] https://www.inforadio.de/rubriken/interviews/2022/01/31/weicht-berlin-die-corona-regeln-in-der-kritischen-infrastruktur-.html
   DIR [2] https://www.tk.de/techniker/leistungen-und-mitgliedschaft/informationen-versicherte/leistungen/corona-virus/krankengeld-verdienstausfall/quarantaene-keine-au-bescheinigung-2081002
   DIR [3] https://www.berlin.de/corona/massnahmen/verordnung/#part1
   DIR [4] /Pflegekraefte-in-Coronakrise/!5728428/
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Barbara Dribbusch
       
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