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       # taz.de -- Kommissionschefin gibt SMS nicht heraus: Von der Leyen unter Druck
       
       > Die EU-Kommissionschefin verweigert die Herausgabe von SMS über den
       > teuren Impfstoffdeal mit Pfizer. Ihr wird Intransparenz vorgeworfen.
       
   IMG Bild: Ursula von der Leyen besucht Pfizer im belgischen Puurs, April 2021
       
       Brüssel taz | Rund ein Jahr nach dem Streit über die seinerzeit schleppende
       Impfstoffbestellung ist EU-Kommissionspräsidentin [1][Ursula von der Leyen
       (CDU)] erneut unter Beschuss geraten. Diesmal geht es um eine überaus
       großzügige Bestellung von Corona-Impfstoff beim US-Konzern Pfizer – und um
       den Vorwurf der schlechten Verwaltungsführung.
       
       Die Anschuldigung kommt von der EU-Bürgerbeauftragten Emily O’Reilly. Der
       Fall erinnert an von der [2][Leyens Zeit als Verteidigungsministerin]: Sie
       habe die Herausgabe von SMS-Nachrichten verweigert und somit das
       Transparenzgebot verletzt, kritisiert O’Reilly. Per SMS soll die
       Kommissionschefin im April 2021 einen rekordverdächtigen Vertrag über die
       Lieferung von bis zu 1,8 Milliarden Dosen des Biontech/Pfizer-Impfstoffs
       eingefädelt haben, wie die New York Times berichtete. Doch statt den
       Vorgang offenzulegen, habe sie die Herausgabe der SMS verweigert und
       Nachforschungen behindert.
       
       Besonders empört die Bürgerbeauftragte, wie von der Leyen mit Nachfragen
       umgegangen ist. Ihr Kabinett wurde nicht etwa gebeten, nach dem
       SMS-Austausch mit Pfizer-Chef Alfred Bourla zu suchen. Vielmehr ließ sie
       nach Dokumenten fahnden, „welche die internen Archivierungskriterien der
       Kommission erfüllen“. Damit waren SMS von vornherein ausgeschlossen. Denn
       die werden nicht archiviert. Von der Leyen hat zwar die „digitale Dekade“
       ausgerufen und die Regulierung von Messengerdiensten wie Whatsapp
       angestoßen. Doch ihre eigenen Kurznachrichten behandelt sie wie
       Privateigentum.
       
       Verärgert darüber, dass der Pfizer-Deal nicht aufgeklärt wird, sind auch
       die Grünen im Europaparlament. „Es ist ein ungeheuerlicher Vorgang, dass
       die EU-Kommission offenbar Kommunikation per SMS nicht als offiziell
       betrachtet und somit die Transparenzpflicht umgehen will“, sagt der Chef
       der deutschen Grünen, Rasmus Andresen. Gerade bei sensiblen Themen wie der
       Impfstoffbeschaffung sei das nicht zu akzeptieren.
       
       Große Freiheiten nimmt sich die EU-Chefin auch bei anderen Großaufträgen.
       So kündigte sie am Freitag gemeinsam mit US-Präsident Joe Biden die
       Lieferung von Flüssiggas aus den USA an. Das sogenannte Frackinggas, das
       als extrem klimaschädlich gilt, soll [3][russisches Erdgas ersetzen, falls
       der Konflikt um die Ukraine eskaliert]. Doch Liefermengen wurden
       ebensowenig mitgeteilt wie die damit verbundenen Kosten. Klar ist nur, dass
       US-Konzerne von dem Deal profitieren werden. „Die geopolitische Lage wird
       von den USA ausgenutzt, um Geschäfte zu machen“, sagt der österreichische
       Europaabgeordnete Andreas Schieder (SPÖ).
       
       31 Jan 2022
       
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