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       # taz.de -- Nach Schusswechseln in Guinea-Bissau: Alles „unter Kontrolle“?
       
       > Im westafrikanischen Land ist es anders als befürchtet doch nicht zu
       > einem Umsturz der Regierung gekommen. Schwach bleibt der Staat aber
       > trotzdem.
       
   IMG Bild: Der Präsident von Guinea-Bissau, Umaro Sissoco Embalo, bei der UN-Generalversammlung im September
       
       Cotonou taz | Die Aufregung war in Westafrika groß gewesen – kurz nachdem
       am Dienstagnachmittag die ersten Schüsse auf den Präsidentenpalast in
       Guinea-Bissau gefallen waren. Alles deutete auf den zweiten Staatsstreich
       innerhalb gut einer Woche in Westafrika hin. Erst am 24. Januar hatte das
       Militär in [1][Burkina Faso] geputscht. Nach einem „fünfstündigen
       Schusswechsel“ kam in der Nacht zu Mittwoch aber die Entwarnung aus dem
       knapp zwei Millionen Einwohner*innen großen Land: „Die Situation ist
       unter Kontrolle“, sagte Präsident Umaro Sissoco Embaló vor Fernsehkameras,
       betonte aber auch: „Man hat versucht, mich zu töten.“ Der Angriff soll auch
       seinem Kabinett gegolten haben, mit dem er sich am Dienstagnachmittag
       getroffen hatte. Zum Zeichen, dass es allen gut geht, traten mehrere
       Minister*innen ebenfalls vor die Kameras.
       
       Anfangs hatte es geheißen, dass die Angreifer bereits Staatsradio und
       -fernsehen besetzt hätten. Informationen verschiedener Medien zufolge
       sollen sie Zivilkleidung getragen haben. Am Mittwochmittag wird von
       mindestens sechs Toten ausgegangen: vier Angreifer und zwei Wächter.
       Soldat*innen patrouillieren weiter rund um den Präsidentenpalast. Wie
       viele Menschen bisher verhaftet wurden, ist offiziell nicht bekannt.
       
       Grund für den Anschlag, so sieht es Embaló, seien seine restriktive
       Drogenpolitik und sein Kampf gegen Korruption. Ein Teil der Täter sind
       möglicherweise in den Drogenhandel verstrickt. Guinea-Bissau galt lange als
       Drehkreuz für den Transport von Kokain von Lateinamerika nach Europa. Immer
       wieder hat es den Verdacht gegeben, dass auch die Armee in den Handel
       verstrickt ist. Embaló, Brigadegeneral der Reserve, hat diese Spekulationen
       aber zurückgewiesen: „Dem Putschversuch hat sich kein Lager angeschlossen.
       Er war isoliert.“
       
       Embaló ist erst seit 2020 im Amt. Als Oppositionsführer ging der einstige
       Premierminister 2019 in die Präsidentschaftswahl und gewann nach
       Einschätzung der Wahlkommission die Stichwahl gegen Domingos Simões
       Pereira. Dennoch folgte ein wochenlanger Streit, und beide Lager
       vereidigten eigene Präsidenten und Premierminister. Eine monatelange
       Blockade folgte.
       
       ## Eine stabile Politik gab es hier ohnehin nie
       
       Eine stabile Politik hat es in Guinea-Bissau, das 1974 in einem
       Befreiungskrieg von Portugal unabhängig wurde, ohnehin nie gegeben. Vier
       Putsche hat es seitdem verzeichnet, den letzten 2012. Doch auch
       Präsidentschaftswahlen wurden nicht in vorgegebenen Zeitfenstern
       vorbereitet. Deshalb wurde 2019 beispielsweise José Mário Vaz entmachtet.
       Er war zwar noch Präsident, hatte in den letzten Monaten aber keinerlei
       Befugnisse mehr. Auch zwischen Staatschefs und ihren Premierministern kam
       es immer wieder zu Zerwürfnissen, und im Parlament blockierten sich die
       verschiedenen Parteien gegenseitig.
       
       Auf dem Index für instabile Staaten der US-amerikanischen Denkfabrik Fund
       for Peace rangiert Guinea-Bissau zum Beispiel weit hinten auf Platz 23 von
       178 Ländern. Knapp 70 Prozent der Menschen leben unterhalb der
       Armutsgrenze.
       
       Dass Guinea-Bissau schnell kippen kann, weiß die Westafrikanische
       Wirtschaftsgemeinschaft Ecowas nur zu gut, musste sie doch regelmäßig
       intervenieren, da die Regierungen geschwächt oder zerstritten waren. Am
       Dienstagnachmittag sprach die Regionalorganisation von „großer Besorgnis“
       über die aktuelle Entwicklung. Einen weiteren Staatsstreich kann die Region
       nach Burkina Faso auf keinen Fall brauchen. [2][Auch Mali steht seit August
       2020 ohne gewählte Regierung dar]. In Guinea kam es im September 2021 zum
       Coup.
       
       2 Feb 2022
       
       ## LINKS
       
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       ## AUTOREN
       
   DIR Katrin Gänsler
       
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