# taz.de -- Reformen in der katholischen Kirche: Schwerfällige Trippelschritte
> Pflichtzölibat, keine Frauenordination, Vertuschung von sexualisierter
> Gewalt: Die katholische Kirche zerbröselt. Der Synodale Weg versucht die
> mühsame Kursänderung.
IMG Bild: Die Debatte über das Pflichtzölibat beschäftigt auch die Versammlung des Synodalen Wegs
Berlin taz | Die Veröffentlichung des [1][Gutachtens zur jahrelangen
sexualisierten Gewalt im Bistum München und Freising] ist zwei Wochen her,
und Kardinal Reinhard Marx [2][startet ein Ablenkungsmanöver.] Zum Auftakt
der [3][Versammlung des Synodalen Wegs,] einem Gremium aus Bischöfen und
Laien, befeuert Marx die ewige Debatte über das Pflichtzölibat für Priester
in der katholischen Kirche. „Besser wäre, wenn manche Priester verheiratet
wären“, sagte Marx der [4][Süddeutschen Zeitung]. Viele Priester seien
einsam, die zölibatäre Lebensform sei „prekär“, und „gerne“ würden die
wenigsten, dazu gehöre auch er, das Zölibatsversprechen unterschreiben.
Das Zölibat ist ein Dauerthema für Reformaktivist:innen der
katholischen Kirche. Auch auf der Versammlung des Synodalen Wegs wird es
unter dem Tagesordnungspunkt „Priesterliche Existenz heute“ wieder
diskutiert werden. Noch 2019 nannte Marx als damaliger Vorsitzender der
Deutschen Bischofskonferenz das Zölibat „eine kostbare Gabe für die
Kirche“. Anders klingt er heute: „Die Sexualmoral hat viele Verklemmungen
erzeugt. Da haben wir Schuld auf uns geladen.“
Das ist neu und schlägt auch auf der dritten Vollversammlung des Synodalen
Wegs ein. Die Präsidentin des Zentralkomitees der deutschen Katholiken
(ZdK), Irme Stetter-Karp, begrüßte Marx’ Stellungnahme: „Ich bin überzeugt
davon, dass eine freie Entscheidung eines Menschen, der auf dem Weg zum
Priesterberuf ist, die beste Grundlage ist.“
## Der Druck ist groß
Insgesamt ist die Stimmung bei der einführenden Pressekonferenz zur
Vollversammlung aber angespannt. Nach [5][der queeren Coming-out-Initiative
#OutinChurch] und dem Gutachten zu sexualisierter Gewalt lastet [6][Druck
auf der Reformbewegung]. Die öffentliche Aufmerksamkeit ist derzeit da.
„Wir gehen die Machtstrukturen an, wir suchen nach Wegen der Gerechtigkeit
für alle Geschlechter, wir suchen nach einem Priesterbild der Zukunft, wir
verlangen nach einer Reform der Sexuallehre“, sagt Stetter-Karp bei der
Pressekonferenz.
Bis Samstag tagen 218 der 230 Mitglieder des Synodalen Wegs in Frankfurt am
Main. Zur Synodalversammlung zählen Bischöfe, aber auch Mitglieder des ZdK
und Einzelpersonen, die in der Kirche engagiert sind. Das Stimmengewicht
der Bischöfe ist aber größer als das der Laien. Durch die Regel der
Zweidrittelzustimmung der Bischöfe könnten konservative Bischöfe auch ohne
Mehrheit Beschlüsse verhindern, wenn sie ein gutes Drittel der Bischöfe auf
ihre Seite bekommen. Ohnehin kann der Synodale Weg nur beraten, über
Reformen entscheiden die Bischöfe. Dies war die Bedingung des Klerus für
einen gemeinsamen Reformweg.
Der Synodale Weg muss vor allem Überzeugungsarbeit leisten: „Die
Veränderung, die wir suchen, setzt in den Strukturen an, die wir haben.
Deshalb brauchen wir die Mehrheit der Bischöfe, die sagen: Wir wollen diese
Veränderung“, sagte der Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz, Georg
Bätzing. Abgestimmt wird unter anderem über die Segnung homosexueller
Paare.
[7][Daniela Ordowski], Bundesvorsitzende der Katholischen
Landjugendbewegung Deutschland, fordert eine Revolution. „Das ist es, was
diese Kirche braucht“, sagte Ordowski der taz. Die katholische Kirche sei
weit entfernt von einer Kirche ohne Angst. Dies hätte auch die Aktion
#OutinChurch gezeigt. „Bischöfe beteuern, dass sie Veränderung wollen,
obwohl sie lange von den Ängsten wussten und nichts getan haben.“ Mit Blick
auf das Missbrauchsgutachten sprach sie sich für eine staatlich
verantwortete Aufarbeitung aus. Die Kirchen dürften nicht allein die
Missbrauchsfälle aufklären. Der Schutz der Institution dürfe nicht vor dem
Schutz der Betroffenen stehen.
3 Feb 2022
## LINKS
DIR [1] /Missbrauch-in-der-katholischen-Kirche/!5829198
DIR [2] /Missbrauch-in-der-katholischen-Kirche/!5829334
DIR [3] /Reformgremium-der-katholischen-Kirche/!5800657
DIR [4] https://www.sueddeutsche.de/meinung/katholische-kirche-kardinal-marx-missbrauch-1.5516729
DIR [5] /Initiative-outinchurch/!5827805
DIR [6] /Reform-der-katholischen-Kirche/!5828891
DIR [7] /Missbrauch-in-der-Kirche/!5800698
## AUTOREN
DIR Linda Gerner
DIR Tanja Tricarico
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