URI: 
       # taz.de -- „Wir haben es satt!“-Demo in Berlin: Cem Özdemir kommt vor die Tür
       
       > Seit 2011 demonstriert das Bündnis „Wir haben es satt!“ für eine
       > Agrarwende. Erstmals stellte sich ein Bundeslandwirtschaftsminister den
       > Protestierenden.
       
   IMG Bild: Özdemir: „Lasst uns die bisherigen Strukturen gemeinsam beenden“
       
       BERLIN epd | Mit einem Traktoren-Korso und einem Schriftzug aus
       Stroh-Ballen „Agrarwende jetzt!“ vor dem Reichstag haben am Samstag in
       [1][Berlin Bäuerinnen und Bauern des Bündnisses „Wir haben es satt!“] für
       eine nachhaltige Agrar- und Ernährungspolitik demonstriert. In einer
       Protestnote, die sie vor dem Bundeslandwirtschaftsministerium Minister Cem
       Özdemir (Grüne) übergaben, forderten sie einen agrarpolitischen
       Kurswechsel. Um das Höfe-Sterben zu bremsen, müsse Özdemir jetzt für einen
       schnellen und entschlossenen Umbau der Land- und Lebensmittelwirtschaft
       sorgen.
       
       „Es ist höchste Zeit, dass die Höfe und Menschen in diesem Land wieder zu
       den Gewinnern der Agrar- und Ernährungspolitik zählen“, sagte „Wir haben es
       satt“- Sprecherin Saskia Richartz am Samstag in Berlin. Die Lage auf dem
       Land sei nach 16 Jahren unionsgeführter Agrarpolitik dramatisch. Özdemir
       müsse der Agrarindustrie die Stirn bieten. Weder Chemie-, Milch- und
       Fleischkonzerne noch Bodenspekulanten dürften weiterhin die Zukunft die
       Agrarpolitik bestimmen.
       
       „Schlechte Erzeugerpreise durch das Preisdiktat des Handels und die fatale
       Ausrichtung auf Export zwingen Bauernhöfe zum Schließen“, warnte die
       Bündnissprecherin. Landwirtschaftlicher Boden werde immer mehr zum
       Spekulationsobjekt: „Tierfabriken verdrängen bäuerliche Betriebe. Der
       Antibiotika-Missbrauch bedrohe unser aller Gesundheit. Klimakrise und
       Artensterben eskalieren.“
       
       Der Bundesgeschäftsführer der Arbeitsgemeinschaft bäuerliche Landwirtschaft
       (AbL), Georg Janßen, sagte, „ob eine Agrarwende Erfolg haben wird, hängt
       stark davon ab, ob viele Bäuerinnen und Bauern wirtschaftlich mitgenommen
       werden“. Die zukünftigen politischen Rahmenbedingungen müssten Perspektiven
       für die Höfe schaffen. „Jeder Hof zählt!“, das Motto der diesjährigen
       Demonstration, müsse das Fundament einer neuen Agrarpolitik sein, betonte
       Janßen.
       
       Özdemir, der die gesamte Ministeriumsspitze zu der Übergabe mitgebracht
       hatte, sagte zu den Demonstranten: „Lasst uns die bisherigen Strukturen
       gemeinsam beenden.“ Das Ziel, 30 Prozent Ökolandbau bis 2030 zu erreichen,
       werde nicht einfach. Özdemir fügte hinzu: „Und macht bitte weiter Druck,
       die anderen machen es auch.“ Der künstliche Gegensatz zwischen Bäuerinnen
       und Bauern und Tierschutz, Artenvielfalt und Klimaschutz müsse beendet
       werden.
       
       Der Agrarminister sagte mit Blick auf wiederholte Warnungen, Lebensmittel
       müssten für alle bezahlbar bleiben, Landwirtschaft müsse auch sozial sein,
       ersetze aber keine Sozialpolitik: „Dafür sind andere Bereiche zuständig.“
       Bei Sozialpolitik gehe es auch [2][um ein anständiges Einkommen der
       Bäuerinnen und Bauern] und derjenigen, die in der Fleischindustrie
       arbeiten. Das schließe Ramschpreise beim Schweinefleisch aus.
       
       Das „Wir haben es satt!“-Bündnis besteht aus mehr als 60 Organisationen.
       Der gemeinsame Protest findet seit 2011 alljährlich zum Auftakt der „Grünen
       Woche“ in Berlin statt. Zum ersten Mal stellte sich nun ein
       Bundeslandwirtschaftsminister den Aktivisten. Wegen Corona musste auch in
       diesem Jahr die Demonstration mit Zehntausenden Teilnehmern ausfallen. Die
       „Grüne Woche 2022“ wurde von den Veranstaltern schon Ende vergangenen
       Jahres abgesagt.
       
       ##
       
       22 Jan 2022
       
       ## LINKS
       
   DIR [1] /Bauernfuehrer-ueber-Reform-der-Tierhaltung/!5828632
   DIR [2] /Erste-Bundestagsrede-als-Agrarminister/!5828371
       
       ## TAGS
       
   DIR Cem Özdemir
   DIR Landwirtschaft
   DIR Schwerpunkt Bio-Landwirtschaft
   DIR Wir haben es satt
   DIR Schwerpunkt Stadtland
   DIR Landwirtschaft
   DIR Cem Özdemir
   DIR Emanzipation
   DIR Schwerpunkt Tag der Befreiung
       
       ## ARTIKEL ZUM THEMA
       
   DIR Staatssekretärin über Stadt-Land-Politik: „Das System ist ein anderes“
       
       Die Grüne Manuela Rottmann kommt aus der Rhön und macht Bundespolitik.
       Viele ihrer Kolleg*innen erforschten ländliche Gegenden „wie fremde
       Galaxien“, sagt sie.
       
   DIR FDP kritisiert Plan für Fleisch-Abgabe: Tierwohlcent wird unwahrscheinlich
       
       Die FDP bemängelt den Vorschlag, mehr Tierschutz durch eine staatliche
       Abgabe auf Fleisch zu bezahlen. Die Regierungspartei setzt auf private
       Fonds.
       
   DIR Regierungswechsel mit neuen Köpfen: Landwirtschaft neu denken
       
       Silvia Bender, designierte Staatssekretärin im Landwirtschaftsministerium,
       und Expertin Tanja Busse präsentierten ihre Agrarwende-Ideen.
       
   DIR Der Gärtnerinnenhof: Raketenwissenschaft auf dem Feld
       
       Die „Ackeramazonen“ bewirtschaften einen Hof in Blumberg. Sie kümmern sich
       um Selbstermächtigung und das richtige Wirsingtiming.
       
   DIR Umweltschutz und Demokratie: Inklusiv und wehrhaft
       
       Warum Umweltschutz und Demokratie untrennbar zueinander gehören. Und wie
       sich Umweltverbände gegen rechte Versuche der Unterwanderung wehren.