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       # taz.de -- Coronaproteste in Belgien: Ausschreitungen in Brüssel
       
       > Rund 50.000 Menschen haben in der belgischen Hauptstadt gegen die
       > Corona-Maßnahmen demonstriert. Im Anschluss kam es zu heftigen
       > Auseinandersetzungen.
       
   IMG Bild: Von der angestrebten Million weit entfernt, aber doch viele: Coronademo in Brüssel am Sonntag
       
       Brüssel taz | Es war die bisher größte Demo gegen Coronamaßnahmen in
       Brüssel: Mindestens 50.000 Menschen aus mehreren europäischen Ländern haben
       am Sonntag zunächst friedlich für ein Ende der pandemiebedingten
       Einschränkungen und Sondergesetze demonstriert. Nach dem Ende der
       Kundgebung am Rande des Europaviertels im Stadtteil Etterbeek kam es zu
       massiven Ausschreitungen. Dabei wurde auch der Sitz des Europäischen
       Auswärtigen Dienstes angegriffen.
       
       Nach Angaben der Polizei wurden drei Polizisten und 12 Demonstranten
       verletzt. 60 Personen wurden vorübergehend festgenommen, 12 müssen mit
       einem juristischen Nachspiel rechnen. Vor allem der „schwarze Block“ hatte
       sich mit der Polizei heftige Scharmützel geliefert. Die Vermummten warfen
       Steine und errichteten Barrikaden, die Polizei antwortete mit Wasserwerfern
       und Unmengen von Tränengas. Zeitweise geriet die Lage außer Kontrolle.
       
       Die Mehrzahl der Demonstranten, die auch aus Deutschland, Frankreich, den
       Niederlanden und Polen angereist waren, verhielt sich jedoch friedlich.
       Organisiert wurde der Protest von „Europeans United for Freedom“. Sie
       stehen nach eigenen Angaben für Demokratie und Menschenrechte. „Es fühlt
       sich an, als ob das schlimmste Virus, das wir aus China importiert haben,
       der autoritäre Regierungsstil wäre“, heißt es auf der Homepage der
       Organisation.
       
       Es gehe nicht darum, Gefahren für die Gesundheit zu leugnen, sagte der
       Flame Tom Meert, der die NGO leitet und dem rechten Lager zugerechnet wird.
       Doch genau wie bei einer Naturkatastrophe müsse auch für die
       Coronamaßnahmen der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit gelten. Außerdem
       dürften Demokratie und Rechtsstaat nicht ausgehebelt werden.
       „Meinungsvielfalt, gemischt mit respektvollem Dialog, ist die ideale
       Impfung gegen Spaltung.“
       
       In Belgien hat der Widerstand gegen als ungerecht empfundene
       Coronamaßnahmen schon Tradition. Im Dezember hatte das höchste Gericht nach
       massiven Protesten einen kurzfristig angeordneten [1][Lockdown für den
       Kultursektor gekippt]. Seitdem verspürt die belgische Szene Aufwind.
       Politisch ist sie schwer einzuordnen. Rechte haben nicht so großen Einfluss
       wie in Deutschland, Kulturschaffende geben den Protesten einen
       anarchisch-fröhlichen Anstrich.
       
       Neu ist, dass die EU zur Zielscheibe wird. Dabei glauben die EU-Politiker,
       alles richtig zu machen. Die umstrittenen Coronamaßnahmen seien Sache der
       nationalen Regierungen, heißt es in der EU-Kommission, damit habe man
       nichts zu tun. Der EU-Außenbeauftragte Josep Borrell bedankte sich noch am
       Sonntag bei der Brüsseler Polizei und verurteilte die „sinnlose Zerstörung“
       seines Amtssitzes.
       
       Entsetzt zeigten sich belgische Politiker. „Jeder ist frei, seine Meinung
       auszudrücken. Aber unsere Gesellschaft wird niemals die blinde Gewalt
       tolerieren“, sagte Premier Alexander De Croo. „Das Recht zu demonstrieren
       ist keine Entschuldigung, um unsere Stadt zu demolieren“, schimpfte der
       Chef der Region Brüssel, Rudi Vervoort. Auf die Forderungen der
       Demonstranten ging er nicht ein.
       
       24 Jan 2022
       
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