# taz.de -- Schüsse auf Moschee in Halle: „Das war ein Anschlag“
> In Halle werden Gläubige vor einer Moschee mit einer Luftdruckwaffe
> beschossen. Die Polizei sieht vorerst kein politisches Motiv, die
> Gemeinde schon.
IMG Bild: Schon länger muss die Polizei die Moschee in Halle schützen
Halle (Saale)/Berlin taz | Es war ein verunsichertes Mittagsgebet am Montag
im Islamischen Kulturzentrum in Halle. „Viele Gemeindemitglieder haben
Fragen, die Schüsse sind großes Thema“, sagte Gemeindevorstand Djamel
Amelal am Montag der taz. Er selbst nennt den Angriff „bestürzend“. „Und es
war ja nicht das erste Mal.“
Am Sonntagmittag hatte ein Mann mit einer Luftdruckwaffe auf zwei Personen
vor der muslimischen Gemeinde im Westen der Stadt geschossen. Laut Polizei
bemerkten die Betroffenen, wie drei Projektile auf eine Fensterbank trafen.
Verletzt wurden sie nicht. Zeugen sahen, dass die Schüsse aus einem Fenster
eines gegenüberliegenden Mehrfamilienhauses kamen. Die Polizei überprüfte
darauf den 55-jährigen dort Wohnenden und stellte eine Langwaffe zum
Verschießen von Diabolos und eine Gasdruckpistole sicher.
Das Tatmotiv werde noch geklärt, sagte ein Polizeisprecher am Montag der
taz. Aber: „Ein fremdenfeindliches Motiv hat sich bisher nicht bestätigt.“
Der 55-Jährige sei bisher auch nicht mit politischen Straftaten
aufgefallen. Der Staatsschutz ist aber mit eingeschaltet, der bei
politischen Taten ermittelt.
## Unklares Motiv? Die Gemeinde ist verwundert
Djamel Amelal ist verwundert über das ungeklärte Motiv. „Die Schüsse
zielten auf unsere Gemeindemitglieder, einer war ein Rollstuhlfahrer. Sie
schlugen auf Kopfhöhe ein. Das war eindeutig ein Anschlag auf Muslime.“ Und
schon 2018 sei zweimal auf seine Gemeinde geschossen worden, damals sei
dabei ein Schüler an der Hand verletzt worden.
Amelal erinnert auch daran, dass der [1][Angreifer der Synagoge in Halle
2019] mit zwei Toten anfangs eine Moschee attackieren wollte. Und dass
wegen der Enge des Kulturzentrums Gläubige teils im Freien beten würden.
„Das ist eine gefährliche Situation für uns.“ Laut Amelal ist die Polizei
aber bereits seit Längerem an der Moschee präsent. Ihr schnelles Vorgehen
gegen den jetzigen Verdächtigen lobet er.
Auch Aiman Mazyek, Vorsitzender des Zentralrats der Muslime, betonte am
Montag: „Gerade nach dem Terroranschlag auf die Synagoge in Halle wissen
wir, dass es beim Rassismus nicht bei Worten bleibt.“ Der Vorfall müsse nun
„lückenlos“ aufgeklärt, Muslimfeindlichkeit „entschieden entgegengetreten“
werden.
## Auch Bundespolitik reagiert bestürzt
Auch mehrere Bundespolitiker:innen äußerten sich bestürzt. „Ich bin
entsetzt, dass Menschen beim Ausüben ihres Glaubens in der Moschee in Halle
angegriffen wurden“, erklärte etwa die Bundesintegrationsbeauftragte Reem
Alabali-Radovan. Der Vorfall müsse „schnell und umfassend aufgeklärt und
der Täter zur Rechenschaft gezogen werden“. Ihre Solidarität gelte den
Gläubigen.
Schon Anfang Januar waren auf einem Friedhof in Iserlohn (NRW) [2][mehr als
30 muslimische Gräber geschändet] worden. Täter sind hier bisher nicht
gefasst, erklärte die Polizei auf Nachfrage. Zuletzt waren [3][Straftaten
gegen Muslime angestiegen]. Zählte das BKA 2018 noch 910 islamfeindliche
Übergriffe, waren es 2020 bereits 1.026. Im vergangenen Jahr wurden allein
bis Ende September 447 Delikte gezählt.
24 Jan 2022
## LINKS
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## AUTOREN
DIR Konrad Litschko
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