URI: 
       # taz.de -- EU-Außenminister über Ukraine-Krise: Zwischen Dialog und Panikmache
       
       > Die Nato kündigt die Verlegung weiterer Kampfverbände nach Osteuropa an.
       > Die EU sucht noch nach einer eigenen Antwort in Richtung Russland.
       
   IMG Bild: Panzer vom Regiment der schwedischen Insel Gotland auf Patrouille
       
       Brüssel taz | Im Konflikt mit Russland um die Ukraine sind Nato und EU in
       die Offensive gegangen. Die Nato kündigte die Verlegung weiterer
       Kampfverbände nach Osteuropa an. Die EU-Kommission sagte der Ukraine
       zusätzliche finanzielle Unterstützung zu. Russland warf dem Westen vor, die
       Spannungen anzuheizen und die Kriegsgefahr zu erhöhen.
       
       Die Verlegung von Nato-Truppen „führt dazu, dass die Spannung wächst“,
       sagte Kremlsprecher Dmitri Peskow am Montag in Moskau. Nicht Russland sei
       der Ursprung der Probleme, sondern die „Informationskampagne“ und
       „Hysterie“ der USA und der Nato. Die [1][USA hatten angekündigt], einen
       Teil ihres Botschaftspersonals in Kiew abzuziehen.
       
       Dies gilt als Signal, dass Washington mit Krieg rechnet. Auch
       Großbritannien will seine Botschaft teilweise räumen. Demgegenüber erklärte
       die EU, sie wolle vorerst keine Diplomaten abziehen. „Ich denke nicht, dass
       wir dramatisieren müssen“, sagte der Außenbeauftragte Josep Borrell vor
       einem Außenminister-Treffen in Brüssel.
       
       Auch die deutsche [2][Außenministerin Annalena Baerbock] kündigte zunächst
       keinen Abzug an. Die Sicherheit der Mitarbeiter habe „oberste Priorität“,
       die nötigen Vorbereitungen würden eingeleitet. Es dürfe aber nicht zu einer
       weiteren Verunsicherung in der Ukraine kommen. Denn dies hätte laut
       Baerbock negative Auswirkungen auf Investitionen.
       
       Diese Sorge teilt offenbar auch die EU-Kommission. Behördenchefin Ursula
       von der Leyen kündigte ein neues, milliardenschweres Hilfspaket für die
       Ukraine an. Sie wolle 1,2 Milliarden Euro bereitstellen, sagte die
       ehemalige deutsche Verteidigungsministerin in Brüssel. Allerdings müssen
       die EU-Staaten noch zustimmen.
       
       ## Suche nach europäischer Antwort
       
       Hektisch war der Tag auch für die EU-Außenminister. Sie redeten über
       mögliche Sanktionen gegen Russland, wollten zugleich aber ihr Dialogangebot
       erneuern. Bei ihrem Treffen am Montag haben sie der Ukraine außerdem
       Unterstützung bei der Militärausbildung in Aussicht gestellt. Die EU sei
       dabei, Modalitäten für die Hilfe festzulegen, heißt es in einer Erklärung.
       Zudem sei man entschlossen, die Ukraine weiter bei der Bekämpfung von
       Cyber- und Hybridgefahren sowie von Desinformation zu unterstützen.
       
       Bisher ist die EU nur indirekt – über die USA und die Nato – mit Moskau im
       Gespräch. Vergangene Woche hatte Frankreichs Staatschef Emmanuel Macron
       eine europäische Antwort angemahnt – unabhängig von der Nato und den USA.
       
       Die Europäer sollten einen eigenen Entwurf für eine neue Sicherheitsordnung
       ausarbeiten, sagte Macron. Erst danach solle man die Nato einschalten. Von
       Hardlinern in Brüssel und Washington war dies als Versuch gedeutet worden,
       die westliche Linie aufzuweichen.
       
       Für Irritationen sorgt auch Deutschland. Die Bundesregierung bekräftigte am
       Montag ihre Absicht, [3][keine Kriegswaffen in die Ukraine zu liefern]. Man
       nehme zur Kenntnis, dass Verbündete einen anderen Kurs verfolgten, hieß es
       in Berlin. Dennoch werde weiter keine Genehmigung für die Lieferung letaler
       Kriegswaffen erteilt. Ob die Bundesregierung den geplanten
       EU-Ausbildungseinsatz in der Ukraine auch mit Bundeswehrsoldaten
       unterstützen wird, blieb zunächst unklar. „Wir sind in einer Situation, wo
       es mir darum geht, alle Maßnahmen zu ergreifen, dass wir deeskalieren, dass
       wir den Dialog fortsetzen können“, sagte Baerbock.
       
       Für etwas Entspannung sorgte die Meldung, dass es am Mittwoch in Paris
       erstmals seit Monaten wieder Gespräche zwischen Deutschland, Frankreich,
       Russland und der Ukraine geben soll. Das Treffen im sogenannten
       Normandie-Format werde auf Ebene der politischen Direktoren stattfinden,
       verlautete aus der russischen Delegation.
       
       24 Jan 2022
       
       ## LINKS
       
   DIR [1] /Konflikt-um-die-Ukraine/!5830030
   DIR [2] /Treffen-Baerbock-und-Lawrow/!5826151
   DIR [3] /Aussenministerin-Baerbock-in-Kiew/!5826313
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Eric Bonse
       
       ## TAGS
       
   DIR Schwerpunkt Krieg in der Ukraine
   DIR Annalena Baerbock
   DIR Nato
   DIR EU-Außenminister
   DIR Russland
   DIR USA
   DIR Wladimir Putin
   DIR Normandie
   DIR Ukraine
   DIR USA
   DIR Russland
   DIR Russland
   DIR Schwerpunkt Krieg in der Ukraine
       
       ## ARTIKEL ZUM THEMA
       
   DIR Gespräche im Ukrainekonflikt: Des Konflikts Kern
       
       Russlands Außenminister Sergei Lawrow reagiert auf Brief aus den USA. Er
       fordert weiter, auf eine Erweiterung der Nato nach Osten zu verzichten.
       
   DIR Treffen zum Ukrainekonflikt: Mehr als Beschwörungen, bitte
       
       Die EU ist derzeit kein ernstzunehmender Gesprächspartner. Es braucht mehr
       als gute Absichten und die Lieferung von Militärhelmen.
       
   DIR Ukraine-Konflikt: Biden droht Putin mit Sanktionen
       
       Der US-Präsident sagt, Strafmaßnahmen gegen den russischen Präsidenten
       persönlich seien möglich. Gespräche in Paris sollen nun Entspannung
       bringen.
       
   DIR Kriegsangst in der Ukraine: (Noch) kein Grund zur Panik
       
       Steht ein Einmarsch Russlands bevor? Politiker*innen versuchen, die
       Bevölkerung zu beruhigen. Westliche Medien geraten in die Kritik.
       
   DIR Videokonferenz zum Ukraine-Konflikt: In Alarmbereitschaft
       
       Nach einer Videoschalte zur Ukraine betonen die USA, EU und Nato erneut
       ihre Einigkeit gegenüber Russland. Kritik aus dem Kreml folgt postwendend.
       
   DIR Stimmungslage in der ukrainischen Hauptstadt: „Keine Lust mehr auf diese Angst“
       
       Auf den Straßen von Kiew gehen die Meinungen über Russlands Absichten
       auseinander. Akut beunruhigt scheint niemand zu sein.
       
   DIR Ukrainekrise und zivile Konfliktlösung: Viel Spaß bei der Suche
       
       Die Bundesregierung inspiziert das Arsenal an nichtmilitärischen Mitteln,
       die sie gegen Russland in Stellung bringen kann. Ihren Preis haben sie
       alle.
       
   DIR Deutsche Waffenlieferung an die Ukraine: Von der Regierung ausgeschlossen
       
       Während der Ukraine-Konflikt schwelt, diskutieren die Regierungsparteien
       Waffenlieferungen. FDP-Abgeordnete vertreten dabei eine andere Meinung.