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       # taz.de -- Präsident von Burkina Faso in Haft: „Das ist ein Staatsstreich“
       
       > Unzufriedene Soldaten setzen in Burkina Faso den Staatschef und andere
       > Regierungsmitglieder fest. Beobachter vermuten einen Militärputsch.
       
   IMG Bild: Halten sich bedeckt: meuternde Soldaten auf einer Straßenbrücke in Ouagadougou
       
       PARAKOU taz | Einen Tag, nachdem [1][Schüsse in mehreren Kasernen] die
       Regierung von Burkina Faso zu einem Dementi über einen laufenden
       Militärputsch nötigten, wird die Lage zunehmend angespannt. Am Montagmorgen
       hieß es, [2][Präsident Roch Marc Christian Kaboré] sei von Soldaten
       festgenommen worden. Offiziell bestätigt wurde das bis zum Mittag nicht.
       Etwas später wurde berichtet, dass sich Staatsfernsehen und Radio unter
       Kontrolle des Militärs befinden.
       
       Am späten Vormittag fällt in burkinischen Medien der Name Generalleutnant
       Paul Henri Sandaogo Damida als möglicher Drahtzieher des Coups. Bis Mittag
       hat er sich dazu noch nicht geäußert. Etwa zeitgleich wird davon
       gesprochen, dass der Präsident der Nationalversammlung, Alassane Bala
       Sakandé, sowie mehrere Minister verhaftet worden seien.
       
       „Die Informationen sind widersprüchlich“, sagt in der Hauptstadt
       Ouagadougou Ernest Compaoré, Koordinator der nichtstaatlichen Organisation
       [3][Phytosalus], die sich mit traditioneller afrikanischer Medizin befasst.
       Die Telefonverbindung ist schlecht. Bereits am Sonntag wurde das mobile
       Internet unterbrochen, jetzt funktioniert es gar nicht mehr, heißt es aus
       Ouagadougou. „Wir warten darauf, mehr Gewissheit zu bekommen. Im Moment ist
       die Situation hier ruhig“, so Compaoré. Viele Menschen seien allerdings
       vorsichtig.
       
       Wie geschwächt der seit 2015 amtierende Präsident Kaboré ist, hat
       spätestens der Sonntag gezeigt. In der Nacht waren in mehreren Kasernen
       Schüsse gefallen. Stunden später betonte die Regierung, sie habe alles
       unter Kontrolle. Unterstützung erhielt sie von der Westafrikanischen
       Wirtschaftsgemeinschaft (Ecowas), die ihre Solidarität mit Kaboré betonte,
       zur Ruhe aufrief und forderte, Probleme mittels Dialog zu lösen.
       
       ## Schlecht ums Land bestellt
       
       In den Kasernen dürfte das auf taube Ohren gestoßen sein. Von dort heißt
       es, dass unzufriedene Soldaten eine Auswechslung an der Armeespitze, eine
       bessere Ausrüstung, mehr Training und einen höheren Sold fordern.
       
       Seit 2016 kämpfen sie einen zunehmend verlustreichen Kampf gegen
       verschiedene islamistische Terrorgruppen, die sich unter anderem aus Mali
       immer weiter in Richtung Burkina Faso ausgebreitet haben. Längst haben
       diese Gruppierungen auch im Süden des Landes erste Anschläge verübt. Dazu
       kommen bewaffnete Banden, die ebenfalls Überfälle verüben. Die Schlinge um
       die Hauptstadt Ouagadougou, in der sich die Entwicklung bisher – trotz
       mehrerer Anschläge – oft gut hat ausblenden lassen, zieht sich weiter zu.
       
       Prosper Nikiema jubelt noch nicht laut, klingt aber erleichtert. Der
       Betreiber einer Schule am Stadtrand von Ouagadougou ist sich sicher: „Das
       ist ein Staatsstreich, der mit einer Meuterei begonnen hat. Jetzt warten
       wir nur noch auf die Erklärung des Militärs.“
       
       Schon vor Wochen hat er bei einem Treffen betont, wie schwierig die Lage im
       Land sei und nichts mehr vorwärts gehe. Vor allem die Bildungssituation sei
       eine Katastrophe, sagte Nikiema. Aufgrund der Gewalt gehen zwischen 300.000
       und 350.000 Mädchen und Jungen [4][nicht mehr zur Schule]. Nikiema hofft,
       dass sich mit einem Wechsel an der Staatsspitze vieles zum Guten wendet.
       Aktuell sei es sehr schlecht um das Land bestellt.
       
       Für den in den USA lebenden Aktivisten Ibrahima Maiga, Mitbegründer der
       Bewegung [5][„Sauvons le Burkina Faso“], die seit Monaten für den Rücktritt
       Kaborés demonstriert, ist das keine Überraschung. „Schon am Sonntagmorgen
       war klar: Das ist ein Staatsstreich“. Er setzt große Hoffnungen in den
       Umsturz, weil so eine zunehmend „diktatorische Regierung“ abgesetzt wurde.
       „Die Entwicklung kann für viele Menschen positiv sein.“
       
       24 Jan 2022
       
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   DIR Katrin Gänsler
       
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