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       # taz.de -- Kölner Tatort „Vier Jahre“: Authentisch anstrengend
       
       > Manchmal möchte man als Zuschauerin des „Tatort“ allen dort Versammelten
       > Therapie empfehlen. Aber dann hätten wir ja keine Morde am Sonntagabend.
       
   IMG Bild: Ballauf (Klaus J. Behrendt, r.) und Kollege Topal (David Vormweg, l.) wühlen in der Vergangenheit
       
       Wie viel Leid wäre wohl der feierfreudigen Freundesgruppe im neuen Tatort
       erspart geblieben, hätten einige dieser Männer rechtzeitig mal ihr
       Selbstbild kritisch hinterfragt? Stattdessen saufen sie, markieren ihr
       Revier und [1][können sich schon gar keine eigenen Fehler eingestehen]. So
       manchen Mann im Krimi müsste man eigentlich sofort in die Therapie
       schicken. Aber dann gäbe es ja keinen Krimi.
       
       Da ist zunächst Thore Bärwald, den kostet seine Großkotzigkeit gleich zu
       Beginn des Films das Leben. Thore ist ein besoffener Schauspieler und
       zitiert dementsprechend pausenlos irgendwelche Dramen. Er nervt, auch
       nüchtern. An solcher Attitüde sind bereits Freundschaften zerbrochen. In
       Thores Fall die mit Moritz. Wobei man sagen muss: Auch Moritz nervt, nur
       eben auf eine hinterhältigere Art. Erst markiert er den
       Macho-Beschützervater, aber als er dann seine Tochter mit dem wesentlich
       älteren Thore beim Sex erwischt, nennt er sie eine „Nutte“.
       
       Markus geht vier Jahre ins Gefängnis, nachdem Thore eines Silvesterabends
       tot bei ihm im Pool schwimmt. Diese vier Jahre machen Markus aber auch
       nicht zu einem besseren Typen. Den neuen Partner seiner Frau kann er als
       Alphamann nicht akzeptieren und will ihn vor die Tür setzen. Der neue
       Partner wiederum ist auch kein armes Opfer, sondern ein komplexbeladener
       Opportunist. Die Frau scheint eher eine Trophäe zu sein.
       
       Und schließlich gibt es noch einen Ole, der gesteht plötzlich den Mord an
       Thore und wandert anstelle von Markus in den Knast. Eine tolle Aufopferung,
       die aber letztlich keinem etwas bringt, sondern dem ganzen Umfeld nur
       weiter schadet. Die größte Glanzleistung vollbringt aber immer noch
       Familienvater Moritz. Der schafft es nämlich, seine ohnehin schon emotional
       demolierte Familie noch viel mehr zu verletzen und nebenbei eine
       Riesenmenge Geld zu verprassen.
       
       Eine Therapie wäre kostengünstiger gewesen. Andererseits, unterhaltsam sind
       diese negativ überzeichneten Männertypen ja schon. Der „Tatort“ jedenfalls
       fängt hier Verhaltensmuster ein, die durchaus in der Realität
       wiederzufinden sind. Und trotz allem gelingt es den Darsteller:innen,
       glaubwürdig ihre Rollen zu spielen, ohne dabei in eine Parodie zu
       verfallen. Der zunächst unvorhersehbare und spannende Plot wird am Ende
       [2][etwas vertrackt], ist aber in seinen Motiven stimmig. Wer Männern
       vergnügt bei der Selbstsabotage zuschauen will, kann diesen Kölner Tatort
       getrost anschauen.
       
       7 Feb 2022
       
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