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       # taz.de -- Die Wahrheit: „Meine kleine Majestät der Herzen“
       
       > Aus dem Leben eines Corgis: Zum 70-jährigen Thronjubiläum der Queen am
       > Sonntag enthüllt ihr dienstältester Hund deftige Details.
       
       Nicht, dass wir uns missverstehen. Ich werde im Rahmen meiner Möglichkeiten
       diskret bleiben. Ein Hund bin ich, im Dienste Seiner Majestät Elisabeth der
       Zweiten (95), von Gottes Gnaden Königin des Vereinigten Königreiches
       Großbritannien und Nordirland und ihrer anderen Königreiche und
       Territorien, Oberhaupt des Commonwealth, Verteidigerin des Glaubens und
       begnadete Züchterin von Corgis zwischen 1933 und 2009. Außerdem ist meine
       Königin auf den Kanalinseln Duke of Normandy und Lord of Mann auf der Isle
       of Man. Der förmliche Toast wird auf Letzterer auf „Die Königin, Lord of
       Mann“ ausgebracht. Cheerio, my lovelies!
       
       Aber zurück zu meiner Wenigkeit, einem Corgi der ersten Stunde Seiner
       Majestät. Das Licht der Menschenwelt erblickte ich am 6. Februar 1952,
       hicks, und habe es seither nicht erlöschen sehen. Mit Fug und Recht kann
       ich also behaupten, dass ich der dienstälteste Corgi auf dem Planeten Erde
       bin. Whisky mein Name, angenehm. Ich trage bevorzugt kariert und liebe
       Brekkies. Zur Not gebe ich mich auch mal mit aufgebackenen Scones und einem
       Klecks Erdbeermarmelade von Chivers zufrieden.
       
       Als meine Königin Anfang 1952 noch als Prinzessin auf Staatsbesuch in Kenia
       war, hatte mein Corgi-Vater Monty 63 Tage zuvor meiner Corgi-Mama Emma in
       der Kutschenauffahrt von Buckingham Palace was vom Pferd erzählt. Ich
       flutschte dann genau in der Stunde aufs gewienerte Parkett, als der sieche
       König Georg VI. das Zeitliche segnete. Meine Herrin hatte da gerade einen
       in der Krone und eine Nacht in der Krone eines gigantischen Feigenbaums im
       kenianischen Treetops Hotel im Aberdare-Nationalpark bei Nyeri verbracht.
       
       Mit wem eigentlich? Gut, dass Sie fragen, das muss ihr Göttergatte, der
       Griechenprinz Philip, gewesen sein, immer zu einem Scherz aufgelegt. Wie
       hatte EII, so nenne ich sie privat, noch zu seinem kürzlichen Tod über ihn
       oder so ähnlich gesagt, nämlich dass er allen verschissenen
       Lebenssituationen immer auch etwas Komisches abgewinnen konnte. Well.
       
       ## Mit einem Rutsch Palasthund
       
       Es kam, wie es kommen musste: Am 6. Februar 1952, vor nun 70 Jahren, wurde
       ich mit einem Rutsch aus der Fruchtblase Palasthund und die Prinzessin mit
       einem Telegramm Königin. Ihr Privatsekretär Martin Michael Charles
       Charteris, Sohn von Lord Elcho, hatte ihr es unter die Bettdecke geschoben,
       aber wir wollten ja diskret bleiben. Als EII dann gleichzeitig erfuhr, dass
       ich als Whisky am selben Tag in Buckingham Palace auf die Welt gekommen
       war, huschte ein breites Lächeln über ihr damals schon Disziplin zeigendes
       Gesicht, hicks.
       
       Sie ist dann gleich in den Propellerflieger Nairobi–London, musste ja
       schnell gehen mit dem Königinwerden. Ich lag noch halbblind im Teekörbchen
       unter der Anrichte im grünen Salon. Was für ein Gewese! Als sie dann mit
       Philip zur Tapetentür hineinritt, war mir als Corgi gleich klar: Er hatte
       keinen Bock auf den Job. „Honey, this is fucking too early“, blaffte er,
       „wir sind doch noch nicht mal fünf Jahre verheiratet!“
       
       Recht hatte er, aber es nützte ihm nichts. König wurde er sowieso nicht,
       und sein Nachname Mountbatten war nicht gut gelitten, eigentlich hieß er ja
       Battenberg und hatte auch mit den Germanen was am Laufen. „Oller Hunne“
       nannte ihn seine Schwiegermutter, die ab da Queen Mum war und immer Federn
       wie ein Vögelchen auf dem Kopf trug, ja, ich erinnere mich.
       
       Das Einzige, was Prinz Philip, der stets lustige fliegende Begleittropf,
       durchsetzen konnte, war, dass ein Jahr später dann, am 2. Juni 1953, die
       Krönung meiner Herrin im Fernsehschrank übertragen wurde. Das erste globale
       Medienereignis schlechthin, hicks, plötzlich wollte jeder so eine Kiste zum
       Gucken und nicht nur zum Hören. Ich hatte just an dem Tag Brekkies-Entzug,
       weil ich auf die Anrichte im fliederfarbenen Flügel gepisst hatte. Well.
       
       ## 1,28 Kilo an schwerer Bürde
       
       Die Krönungskrone wog 1,28 Kilogramm, ganz schön was zu schleppen, und dann
       erst die Schleppe von EII. Sie tat mir leid – bei allem, was ich auf den
       angeschlossenen weltweiten Funkhäusern aus meinem Versteck unter der
       Anrichte erhaschen konnte.
       
       Aber greifen wir nicht vor, sondern machen wir lieber gleich einen
       gewaltigen Sprung in der Biografie meiner verehrten Herrin. 1960 wurde ihr
       zweiter Sohn und drittes Kind Randy Andy geboren, der mit königlichem Namen
       Andrew Albert Christian Edward, Duke of York noch immer heißt. Die
       militärischen Klopperehrentitel hat ihm Her Majesty alle kürzlich
       aberkannt, weil er schlimmen Dreck an seinem Stecken hat.
       
       Bei der Geburt von Randy Andy war ich schon satte acht und Charles
       piesackte ohne Unterlass seine jüngere Schwester Anne. Sie ärgerte sich
       dann immer so und ihr Pferdegebiss fiel heraus. Ich schnappte es mir mit
       meinem Maul und trug es ihr wiehernd zurück. Zu Anne habe ich heute noch
       eine witzige Beziehung, die Alte hat Humor.
       
       Weniger witzig war es, wenn ich zufällig bei Begegnungen von Charles, dem
       klemmigen Öko-Schwerenöter und seiner gefühlt 70 Jahre jüngeren Lady Di,
       die ich sehr liebte, zugegen war. Mann, wie blutleer, die arme
       Kindergärtnerin! Als sie dann an die Wand gefahren wurde Ende August 1997,
       da bin ich aus Protest in einen Fressstreik getreten. Anders hätte sich die
       Queen gar nicht zu Mitgefühl hinreißen lassen! Damit tut sie sich schwer,
       ich kann das als lebensgezeichneter, alter Corgi verstehen, „she is Queen,
       isn’t she?“ Aber beim Ableben von Lady Di war ein Statement vonnöten, so
       was wie eine Kerze im Wind. EII kriegte da gerade noch die Kurve, hicks.
       
       ## Mit Bond im Hubschrauber
       
       Noch viel besser hat meine Züchterin und Zuchtmeisterin, obwohl manchmal
       bin ich auch ihr Zuchtmeister, indeed, also noch viel besser hat EII die
       Kurve gekriegt, als sie mit ihrem muggeligen Fallschirm in royalen Farben
       ins Olympiastadion von London eingeschwebt ist. Da hat sie die Sommerspiele
       2012 eingeläutet. Was keiner weiß: Ich durfte mitfliegen im Helikopter.
       Daniel Craig als James Bond saß auch noch drin. Er hat übrigens eine
       ausgewachsene Hundephobie, gezittert hat er wie ein Schlosshund neben mir.
       Ich habe den beiden dann einen Sherry serviert. Ist ja alles gutgegangen,
       mein Bond-Girl und Bond schafften den Absprung. Ich war stolz auf sie.
       
       Was gibt es noch zu berichten aus meinem ewig königlichen Hundeleben?
       Kürzlich wollte Whiskas mit mir als Whisky werben, habe ich abgelehnt. Die
       Queen war dafür; sie ist etwas geizig und hätte sich so den Kauf meiner
       Lieblingsbrekkies bis an ihr Lebensende gespart. Und damit auch bis an mein
       Lebensende. Denn dass meine verehrte Königin und ich am selben Tag und zur
       selben Stunde das Zeitliche segnen werden, das ist ja nun mal so klar wie
       eine delikate britische Ochsenschwanzsuppe, isn’t it?
       
       Ihr Philip ist uns nur schon mal vorausgefahren in seinem 54er Aston Martin
       Lagonda Drophead Coupé. Cheerio, my lovelies, long live the Queen!“
       
       4 Feb 2022
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Harriet Wolff
       
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