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       # taz.de -- Disqualifikationsgrund bei Olympia: Das Klebeband
       
       > Die österreichische Skispringerin Sophie Sorschag wird disqualifiziert.
       > Sie hatte Sponsorenlogos überklebt und sich dadurch angeblich bevorteilt.
       
   IMG Bild: Sophie Sorschag mit ihrem selbst abgeklebten Helm
       
       Einer der unterschätztesten Profiteure der Olympischen Spiele dürfte die
       Klebebandindustrie sein. Überall, wo die Interessen der Sponsoren des
       Internationalen Olympischen Komitees auch nur ansatzweise durch
       Konkurrenzprodukte überschattet werden könnten, wird ein Heer aus
       Volunteers ausgeschickt, das bewaffnet mit Klebematerial Verbotenes einfach
       unsichtbar macht. Selbst Teebeutelmarken, wie wir von unserem
       Olympiareporter aus Peking hören, verschwinden hinter Klebestreifen.
       
       Den Sportlerinnen und Sportlern ist es mittlerweile in Fleisch und Blut
       übergegangen, dass [1][nur das IOC an ihrem sportlichen Höhepunkt werben
       und verdienen] soll. Die österreichische Skispringerin Sophie Sorschag
       konnte im Vorfeld ihres Wettbewerbs sich zwar nicht so genau mit den Regeln
       vertraut machen, weil sie für zwei coronaerkrankte Kolleginnen kurzfristig
       nachnominiert worden war, aber ihre Sponsoren von ihrem üblichen
       Wettkampfanzug, das wusste sie, mussten unbedingt weg. Das besagt die
       IOC-Regel 40, die den Sportler:innen fast jedes individuelle
       Vermarktungsrecht abspricht. So überklebte Sorschag im vorauseilenden
       Gehorsam am Samstag ihren Anzug und wurde prompt disqualifiziert.
       
       Die Rücksichtnahme auf die für Sportler:innen unfaire IOC-Regel
       kollidierte mit einer Regel der sportlichen Fairness. Das Klebeband, hieß
       es, verringere verbotenerweise die Luftdurchlässigkeit des Anzuges.
       Sorschag sagte, sie habe nichts von der Vorschrift gewusst. Die Trainer
       hätten nichts gesagt. Sie hätte in einen werbefreien, eigens für Olympia
       bereitgestellten Anzug schlüpfen müssen.
       
       So wurde die eingeflogene Sorschag, die wegen der Kürze der Zeit nur einen
       Probesprung auf der Schanze machen konnte und mit dem falschen Anzug im
       ersten Durchgang nach 73,5 Metern landete, aus dem Wettbewerb aussortiert.
       Zumindest bekommt Sophie Sorschag eventuell eine zweite Chance auf einen
       Olympia-Auftritt. Sie könnte noch für den Mixed-Wettbewerb nominiert
       werden, nachdem sie am Sonntag mit einem guten Übungssprung überzeugte.
       
       Das [2][Bundeskartellamt] hat übrigens 2019 gegenüber den Monopolisten DOSB
       und dem IOC geurteilt, die Regel 40 stelle Missbrauch einer
       marktbeherrschenden Stellung dar und sei wettbewerbswidrig.
       
       6 Feb 2022
       
       ## LINKS
       
   DIR [1] /Sponsoren-bei-den-Spielen/!5767788
   DIR [2] https://www.bundeskartellamt.de/SharedDocs/Meldung/DE/Pressemitteilungen/2019/27_02_2019_DOSB_IOC.html
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Johannes Kopp
       
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