# taz.de -- Podcast „Mein Freund Floh“: Politik, Psyche und Punk
> Journalist Philip Meinhold arbeitet das Verschwinden eines Jugendfreundes
> auf. Der Podcast führt in die linke Szene im West-Berlin der 80er Jahre.
IMG Bild: Die Stimmung im West-Berlin Ende der achtziger Jahre war eher grau als bunt
Ende der Achtzigerjahre standen dem Westberliner Floh alle Türen offen.
Floh hätte ein Star werden können. Seine Band Red Steel Braukman stand vor
dem Durchbruch. Doch kurz bevor es ernst wurde, verschwand Floh. Er verließ
überstürzt die Stadt, seine Spuren verlieren sich. 2006 stirbt er.
Der Berliner Journalist und Autor [1][Philip Meinhold] lernt Floh als
Jugendlicher kennen, sie werden Freunde. Fast 30 Jahre später kehrt
Meinhold in seiner Podcastserie „Mein Freund Floh“ in die Zeit seiner
Jugend zurück und geht der Frage nach, was mit Floh passiert ist. In vier
Folgen reisen die Hörer:innen dabei in das politische Westberlin der
Achtzigerjahre.
Kreuzberg ist damals der aufregendste Teil der Stadt, erinnert sich
Meinhold. In der linken Schülerszene ist Floh eine kleine Berühmtheit. Auf
jedem Konzert, auf jeder Demo trifft man ihn. Floh ist der Punker mit
Gitarrenkoffer. Bald steht der charismatische Junge auf Bühnen und singt
seine politischen Texte. Doch irgendwann wird Floh ängstlich, er fühlt sich
verfolgt und bedroht. Von Faschos, wie er sagt, oder der Polizei.
Erlebnisse aus der Vergangenheit scheinen ihn einzuholen: Als Floh 14 ist,
verteilen Neonazis Fahndungsplakate mit einem Foto von ihm. Es scheint, als
hätten sich ursprünglich begründete Ängste bei Floh zu einer Paranoia
entwickelt. Floh fühlt sich ständig verfolgt, vermutet überall Nazis.
Meinhold trifft Flohs Familie, Weggefährt:innen und Freund:innen von
damals. Sie erzählen, wie sie Flohs Veränderung erlebten. Welche seiner
Ängste sie berechtigt fanden und welche überzogen. Selbstkritisch stellt
Meinhold immer wieder die Frage, ob Flohs Umfeld hätte eingreifen müssen.
[2][In einer Zeit], in der Linke davon träumten, die Gesellschaft zu
revolutionieren, das Kollektiv über dem Einzelnen stand, ging Floh
verloren. Er haute ab aus Berlin und ließ seine Band, an der sich sogar
Sony interessiert zeigte, zurück. Als Hörerin versteht man: Flohs Fall
erzählt etwas darüber, wie vor 30 Jahren mit psychischen Erkrankungen
umgegangen wurde. Wie tabuisiert das Thema war und wie wenig Aufklärung es
darüber gab.
„Mein Freund Floh“ ist eine Collage aus persönlichen Erinnerungen,
eingebettet in die politischen Zusammenhänge Westberlins und begleitet von
großartiger Musik. Dieser Dreiklang macht Meinholds Podcast zu einem
besonderen Zeitdokument.
„Mein Freund Floh“, [3][überall, wo es Podcasts gibt]
7 Feb 2022
## LINKS
DIR [1] /rbb-Podcast-Wer-hat-Burak-erschossen/!5731023
DIR [2] /Radikalenerlass-in-West-Berlin/!5778051
DIR [3] https://www.radioeins.de/archiv/podcast/mein_freund_floh.html
## AUTOREN
DIR Erica Zingher
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