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       # taz.de -- Debatte über grünen Lobbyismus: Empörend ist was anderes
       
       > Besser eine Greenpeace-Leiterin im Ministerium als schon wieder ein
       > Banker. Trotzdem ist das Prinzip Lobbyismus ein Problem für die
       > Demokratie.
       
   IMG Bild: Wechselt von Greenpeace ins Auswärtige Amt: Jennifer Morgan
       
       Greenpeace kommt ins deutsche Außenministerium, und ein Attac-Mitbegründer
       arbeitet im Bundeswirtschaftsministerium – jeweils in Person [1][von
       Jennifer Morgan] und Sven Giegold –, wobei Letzterer schon seit 2008 in die
       Politik gewechselt war. Die Union ist entsetzt. „Was kommt als Nächstes?
       Die Antifa zieht im Bundesinnenministerium ein und Foodwatch berät das
       Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft?“, fragte empört etwa
       CDU-Generalsekretär Markus Blume auf Twitter.
       
       Abgesehen von der schwer fassbaren Spießigkeit und Unwissenheit über die
       Antifa in dieser Aussage, ist diese Reaktion denkbar scheinheilig. Ein
       Jobwechsel von einer Lobbyorganisation in die Politik, das ist doch gang
       und gäbe, will man entgegnen – [2][gerade in der Union]. Kein Wort der
       Empörung verlor sie denn auch über Jörg Kukies, früher Investmentbanker bei
       Goldmann Sachs, der nun dank Olaf Scholz (SPD) die Abteilung Finanz- und
       Wirtschaftspolitik im Kanzleramt leitet.
       
       Trotzdem kann man die Prinzipienfrage stellen: Wer darf oder soll unter
       welchen Umständen und in welchem Maße auf die Politik Einfluss nehmen?
       Machen die Grünen mit der Benennung von Morgan strukturell dasselbe, was
       die SPD mit Kukies macht? Jein. Einerseits ist es üblich und naheliegend,
       dass eine Regierung ihre Ministerien mit Menschen besetzt, die ihnen
       politisch nahestehen. Auch wurde mit Jennifer Morgan eine Person aus der
       Zivilgesellschaft herangezogen, die keine Profitinteressen vertritt.
       
       Trotzdem liegt hinter der Einflussnahme von Lobbyorganisationen und
       Unternehmen, die in die Ministerien wechseln, ein allgemeines Problem.
       Viele Menschen haben schlicht keine starke Lobby. Das merkt man aktuell an
       der Situation von Kindern an den Schulen während der Pandemie – sie werden
       von der Politik vernachlässigt. An Hartz-IV-Empfängern. Die repräsentative
       Demokratie repräsentiert viele Menschen nicht, wenn diese nicht von einer
       einflussreichen Organisation vertreten werden. Eine strukturelle
       Verbesserung bestünde darin, solche „stimmlosen“ Gruppen oder Menschen
       einzubinden, ganz ohne Lobby.
       
       10 Feb 2022
       
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