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       # taz.de -- Irischer Spielfilm auf der Berlinale: Raus aus der Familie
       
       > In „An Cailín Ciúin“ entdeckt die stille Cait eine Welt, in der sie
       > willkommen ist. Der Film porträtiert facettenreich das ländliche Irland
       > der 1980er.
       
   IMG Bild: Ein Zimmer ist für sie vorbereitet: Cait (Cahtherine Clinch) in dem Spielfilm „An Cailín Ciúin“
       
       Die neunjährige Cait wächst im ländlichen Irland der 1980er Jahre auf. Mit
       ihrer kinderreichen Familie lebt sie in prekären Verhältnissen. Anders als
       die Geschwister, reagiert das empfindsame Mädchen mit innerem Rückzug auf
       Rohheiten und Zumutungen ihrer Umgebung. Der Vater ist ein ungehobelter
       Spieler, der jüngste Bruder noch ein Baby, die Mutter steht ausgezehrt
       schon wieder kurz vor der Niederkunft.
       
       In „An Cailín Ciúin“ (The Quiet Girl) scheinen überforderte Eltern sich
       ihrem Los teilnahmslos zu ergeben, während die Kinder sich weitgehend
       selbst überlassen bleiben. Verhütung war im katholisch geprägten Irland bis
       1980 illegal. Noch 1987 wurden Kondome nur auf Rezept ausgegeben.
       
       Das berührende Spielfilmdebüt des irischen Regisseurs Colm Bairéad basiert
       auf einer 2010 im Magazin New Yorker veröffentlichten Kurzgeschichte der
       Schriftstellerin Claire Keegan und erzählt von einem kurzen Sommer, der zum
       entscheidenden Wendepunkt im Leben eines traumatisierten Kindes wird.
       
       Aus der Perspektive der neunjährigen Cait zeichnet der 1981 geborene
       Filmemacher in ruhigen, beobachtenden Einstellungen ein facettenreiches und
       ambivalentes Porträt der ländlichen Gesellschaft und ihrer Irisch
       sprechenden Protagonisten.
       
       ## Sichtbarkeit und Wertschätzung
       
       Vom Vater ohne Ankündigung auf dem Bauernhof der kinderlosen Verwandten
       abgesetzt, erlebt das verschlossene Mädchen bei dem Ehepaar Kinsella zum
       ersten Mal das Gefühl von Sichtbarkeit und Wertschätzung. Ein Zimmer ist
       für sie vorbereitet, ein heißes Bad wird ihr eingelassen und der gemeinsame
       Tisch ist gedeckt.
       
       Da Cait ohne Koffer eingetroffen ist, sucht die fürsorgliche Eibhlin im
       Haus nach etwas Passendem zum Anziehen in ihrer Größe – dunkle Hosen,
       Pullover und Gummistiefel. Überzeugend gelingt es der jungen Darstellerin
       Catherine Clinch, der Neugier und Verletzlichkeit des Mädchens mit
       sparsamen Gesten tastend Ausdruck zu verleihen.
       
       Der unbekannte Alltag mit dem fremden Ehepaar eröffnet Cait eine neue Welt,
       zu der sie allmählich Vertrauen fasst. Doch auch die unausgesprochene
       Traurigkeit im Haus der Kinsellas, die Seáns Reserviertheit erklärt und
       deren Hintergrund sie durch Zufall erfährt, bleiben der Neunjährigen nicht
       verborgen. So findet in dieser Gemeinschaft des Sommers nicht nur Cait
       einen Ausweg zurück ins Leben.
       
       12 Feb 2022
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Eva-Christina Meier
       
       ## TAGS
       
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