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       # taz.de -- Olympische Regeln im Ukraine-Konflikt: Neutralisierung von Prinzipien
       
       > Den Aufruf zum Frieden eines ukrainischen Skeletoni wertet das IOC als
       > unpolitisch, will aber selbst dazu nichts sagen. Man betont seine
       > Neutralität.
       
   IMG Bild: Einmalig erlaubt: Der ukrainische Skeleton-Fahrer Wladislaw Heraskewitsch wirbt für Frieden
       
       Peking taz | Frieden ist etwas Wichtiges für die Hüter der Olympischen
       Spiele. Noch wichtiger aber ist Neutralität. So könnte man die Haltung des
       IOC zum Konflikt zwischen Russland und der Ukraine zusammenfassen.
       
       Es gibt ja dieses [1][Prinzip des olympischen Friedens], das weltweite
       Waffenruhe gebietet, so lange die Wettbewerbe laufen. Aber IOC-Chef Thomas
       Bach werde voraussichtlich keinen persönlichen Appell an den russischen
       Präsidenten Wladimir Putin richten, teilte sein Sprecher Mark Adams am
       Sonntag mit: „Ich nehme an, er wird sich auf die Spiele konzentrieren.“ Und
       das IOC generell würde sich auf seine Kernbotschaft der Neutralität
       konzentrieren.
       
       Anders als Bach hat dagegen am Freitag der ukrainische Skeleton-Pilot
       Wladislaw Heraskewitsch für Frieden in der Ukraine geworben. Er hob im
       Eiskanal einen Zettel in den Landesfarben hoch, auf dem „No war in Ukraine“
       stand.
       
       Das IOC fühlte sich aber in seiner Konzentration auf Neutralität nicht
       gestört. Man argumentierte, es habe sich in dem Fall nicht um eine
       politische Botschaft gehandelt, sondern um einen generellen Aufruf für
       Frieden. Die Prinzipien des Olympismus seien eingehalten worden. Die
       gelockerte [2][Regel 50.2 der Olympischen Charta] sei nicht verletzt
       worden. Nach dieser ist ein Protest möglich, wenn er sich „nicht direkt
       oder indirekt gegen Menschen, Länder, Organisationen und/oder ihre Würde
       richtet“.
       
       Allerdings, teilte IOC-Sprecher Adams mit, habe Heraskewitsch nach einem
       Gespräch verzichtet, den Zettel auch im Finallauf zu zeigen. Generelle
       Aufrufe zum Frieden sind offenbar nur einmalig tolerierbar. „Wir hatten
       Verständnis, er hat es nicht wiederholt, weiter geht es“, sagte Adams.
       
       Die olympische Prinzipienlehre ist kompliziert. Wer aber nun glaubt, man
       dürfe bei den Spielen nun zumindest einmalig einen Zettel mit der
       Aufschrift „Keine Diskriminierung in China“ hochheben, ist naiv. Gewiss, in
       der Olympischen Charta ist verankert: „Jede Form von Diskriminierung eines
       Landes oder einer Person aufgrund von Rasse, Religion, Politik, Geschlecht
       oder aus sonstigen Gründen ist mit der Zugehörigkeit zur Olympischen
       Bewegung unvereinbar.“ Was aber olympische Prinzipien von allen anderen
       Prinzipien unterscheidet: Sie sind nicht allgemeingültig. Bedeutsame
       IOC-Partner sind stets in der Lage, sie zu neutralisieren.
       
       13 Feb 2022
       
       ## LINKS
       
   DIR [1] /Erklaerung-zum-Olympischen-Frieden/!5647285
   DIR [2] https://olympics.com/ioc/olympic-charter
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Johannes Kopp
       
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