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       # taz.de -- Patentfreigabe von Corona-Impfstoffen: Anhörung im Gesundheitsausschuss
       
       > Was für und was gegen die Patentfreigabe bei Corona-Impfstoffen spricht,
       > dazu äußern sich am Mittwoch Sachverständige im Bundestag.
       
   IMG Bild: Impfstoffproduktion bei Biontech in Marburg
       
       Während Expert*innen in Deutschland bei rund 75 Prozent geimpfter
       Bevölkerung von hohen Impflücken sprechen, haben in Ländern mit geringem
       Einkommen erst etwa 10 Prozent zumindest eine Impfdosis bekommen. Das
       berechnete die Datenplattform „Our World in Data“.
       
       Ein heiß diskutierter Ansatz, um die Impfquote auch in diesen Ländern zu
       erhöhen, lautet: Den Patentschutz für die Corona-Impfstoffherstellung
       zeitlich begrenzt aufzuheben. Darüber sprechen am Mittwoch im
       Gesundheitsausschuss des Bundestags mehrere Sachverständige in einer
       öffentlichen Anhörung. Die Fraktion der Linken hatte beantragt, dass die
       Bundesregierung eine Freigabe des geistigen Eigentums an der
       Impfstoffproduktion, Coronatests und Therapiemitteln bei der
       Welthandelsorganisation (WTO) unterstützt.
       
       Das haben „schon vor über einem Jahr [1][Indien und Südafrika bei der WTO]
       beantragt“, erklärt Kathrin Vogler, gesundheitspolitische Sprecherin der
       Linken. Ohne Patentschutz könnten Hersteller die Impfstoffe weltweit
       produzieren, sagt sie. Doch die Bundesregierung lehnt eine Patentfreigabe
       bisher ab.
       
       Wenn der Antrag bei der WTO angenommen wird, müssten
       Patentinhaber*innen in Deutschland voraussichtlich dulden, dass
       Dritte ihre Erfindungen nutzen. Doch zukünftig könnte beim Entwickeln von
       Medikamenten das Geld fehlen, weil die Gewinnaussichten von
       Investor*innen gefährdet wären, hieß es im Januar aus dem FDP-geführten
       Justizministerium auf eine schriftliche [2][Anfrage der Linksfraktion].
       
       ## Die Rolle der Bezahlbarkeit
       
       Die Grünen hatten im vergangenen Mai, als sie noch in der Opposition saßen,
       ebenfalls gefordert, dass die Bundesregierung sich für eine Patentfreigabe
       positionieren soll. Damals hatte sich US-Präsident Joe Biden dazu
       entschlossen, eine Lockerung des Patentschutzes zu unterstützen. Doch
       [3][mittlerweile hat sich] die Position der Grünen geändert und sie haben
       Bedenken.
       
       Deutliche Bedenken gegen eine Freigabe der Patente äußert auch der
       Sachverständige Axel Metzger, Rechtsprofessor der Berliner
       Humboldt-Universität, vor der Anhörung. Eine Freigabe allein versetze „noch
       niemand in die Lage, technisch komplexe Impfstoffe herzustellen“, so
       Metzger in seinem Statement. Aktuell wäre die Patentfreigabe daher keine
       schnelle Hilfe. Zudem sei die Impfstoff- und Medikamentenherstellung nicht
       durch Patente blockiert, schätzt Metzger.
       
       Anders klingt das im Statement der Nichtregierungsorganisation Ärzte ohne
       Grenzen, die ebenfalls zur Anhörung geladen wurde. Patente seien
       potenzielle rechtliche Risiken für Unternehmen, die in Südafrika
       mRNA-Impfstoffe produzieren.
       
       Der Verband forschender Arzneimittelhersteller führt an, nicht die
       Produktion sei das Problem, sondern die Verteilung. Das Verimpfen in armen
       Ländern laufe schleppend, viel liege auf Lager. Teils würde Produktion
       halbiert „mangels Bestellungen“. Doch dabei spiele die Bezahlbarkeit eine
       Rolle, führt Ärzte ohne Grenzen an. Nicht nur bei Impfstoffen, sondern auch
       bei Medikamenten oder Diagnostika. Es sei inakzeptabel, dass „zur Verfügung
       stehende Mengen künstlich verknappt werden“.
       
       15 Feb 2022
       
       ## LINKS
       
   DIR [1] https://docs.wto.org/dol2fe/Pages/SS/directdoc.aspx?filename=q%3A%2FIP%2FC%2FW669.pdf&&Open=True
   DIR [2] /Patentfreigabe-von-Corona-Impfstoffen/!5830119
   DIR [3] /Offener-Brief-von-Entwicklungs-NGOs/!5829791
       
       ## AUTOREN
       
   DIR David Muschenich
       
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