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       # taz.de -- Artenvielfalt in Simbabwe: Waldgärten als Lebensretter
       
       > In Simbabwe drohen Baumarten auszusterben. Die profilierte
       > Umweltschützerin Shamiso Mupara pflanzt Wälder aus diesen Arten.
       
   IMG Bild: Der freie Illustrator aus Simbabwe Lomedy Mhako hat das Cover des ersten trans.continental Magazin (2022) gezeichnet
       
       Der Baum mit den scharlachroten Blüten wird auch Lucky Bean Tree genannt.
       In Simbabwe ist sein Name Mutiti. „Ein Wunderbaum“, sagt Shamiso Mupara.
       „Er schützt den Boden, wird aber auch zum Färben benutzt.“ Im südlichen
       Afrika spielt er eine wichtige Rolle für das Ökosystem: Er bietet Vögeln
       und Insekten Nahrung und Unterschlupf. Die Menschen nutzen ihn als
       natürliche Mauer zum Schutz von Farmen und Wasserstellen. Seine Samen
       gelten als Glücksbringer, und seine Rinde wird „zur Behandlung von
       Ohrenschmerzen verwendet“, sagt Mupara.
       
       Die 37-Jährige ist eine hochgewachsene Frau mit dunklem geflochtenen Haar.
       Sie lacht laut und ist meist fröhlich. Doch sie kann schnell wütend werden,
       wenn sie gefällte Bäume oder auf den Boden geworfenes Plastik sieht.
       
       Mupara ist eine der profiliertesten Umweltschützer*innen Simbabwes und
       hat sich einen Namen als Expertin für einheimische Baumarten gemacht. Diese
       Bäume seien auch spirituell bedeutsam, sagt sie: Sie tragen die Kultur der
       Simbabwer in sich. „Diese Kultur umfasst unsere Ernährungsgewohnheiten und
       Heilpflanzen, die Geschichte unserer Vorfahren, aber auch Zeremonien wie
       die für den Regen.“ Mit jedem Baum, der gefällt werde, gehe das Wissen über
       diese Traditionen verloren.
       
       2007 machte Mupara einen Master in Umweltwissenschaften. Doch weil die
       Wirtschaft Simbabwes am Boden lag, bekam sie keinen Job. Darum wurde sie
       auf eigene Faust tätig und gründete 2013 die Environmental Buddies Zimbabwe
       (EBZ), eine gemeinnützige Organisation, die die einheimischen Wälder in
       Simbabwe schützen und den Hunger im Land bekämpfen will. Dazu forstet EBZ
       in ländlichen Gemeinden abgeholzte Waldgebiete wieder auf und nutzt sie als
       Quelle für organische Lebensmittel.
       
       ## Waldgärten für die Artenvielfalt
       
       Mupara verfolgt einen Ansatz, der als „Food Forest“ bekannt ist. Solche
       Waldgärten bestehen aus Kräutern, Sträuchern und Bäumen und versuchen,
       einen natürlichen Wald nachzubilden, der sich selbst reguliert. Das fördert
       die Artenvielfalt und versorgt die Menschen zugleich mit Nahrungsmitteln.
       Bis zu 25.000 Bäumen pflanzen die rund ein Dutzend EBZ-Mitarbeiter:innen im
       Jahr. Zur Belohnung werden sie Eigentümer der von ihnen angelegten
       Waldgärten. „Sie können die Nahrungsmittel aus den Food Forests entweder
       verkaufen oder für den Eigenbedarf verwenden.“
       
       Mupara stammt aus Marange, einem ländlichen Bezirk im Osten Simbabwes. Esel
       sind hier bis heute ein wichtiges Fortbewegungsmittel. Doch immer wieder
       sieht man auch große Lastwagen mit Lebensmitteln, die von der Europäischen
       Union gespendet wurden. Marange ist eine der trockensten Gegenden des
       Landes. Regen fällt nur selten und Wasser ist ein kostbares Gut; meistens
       stammt es aus von Hand gebohrten Löchern und schmeckt salzig.
       
       ## Bäume fallen dem Dimantenrausch zum Opfer
       
       Bekannt ist Marange allerdings wegen anderer natürlicher Ressourcen: In den
       Nullerjahren gab es hier einen Diamantenrausch. Bäume wurden gefällt,
       Wälder verwüstet. Schon vorher seien viele Bäume wegen der lokalen
       Nachfrage nach Brennholz abgeholzt worden. Aber der Bergbau führte zur
       Zerstörung ganzer Waldökosysteme.
       
       Als das Schürfen nach Diamanten schließlich verboten wurde, begannen die
       hungrigen Menschen damit, Holz zu verkaufen, um ihre Familien zu ernähren.
       „Wir mussten als Gemeinschaft einfach etwas dagegen unternehmen“, sagt
       Shamiso. Vor neun Jahren wurde sie in Marange aktiv. Sie bohrte einen 65
       Meter tiefen Brunnen und brachte ihre Gemeinde dazu, verloren gegangene
       einheimische Bäume wieder anzupflanzen, die dem trockenen Klima standhalten
       – vor allem einheimische Baumarten wie den „Leberwurstbaum“.
       
       Doch Simbabwes Wälder schrumpfen weiter – sei es aus Habgier und
       kommerziellen Interessen, sei es aufgrund anderer politischer Prioritäten.
       „Die meisten Bäume, die gefällt werden, sind wertvolle Harthölzer wie
       Mahagoni und Teak“, sagt Mupara. Die anhaltende Abholzung und der Einsatz
       von Chemikalien in der Landwirtschaft stellen dabei auch eine Bedrohung für
       Insekten und Tiere wie Bienen und Fledermäuse dar. Mupara setzt indes auf
       Artenvielfalt. Das sei auch eine bessere Strategie gegen Ernteausfälle –
       und damit ein Schutz vor Hunger: „Fällt die Ernte einer Pflanze aus, kann
       eine andere erfolgreich sein.“
       
       Mupara hofft, dass es selbst bei extremen Wetterbedingungen auch in Zukunft
       noch möglich sein wird, Waldgärten zu unterhalten. „Food Forests sind
       Lebensretter.“, sagt sie. „Wir nennen uns selber ‚Maranges Food
       Revolution‘.“
       
       Zudem sei die Wiederaufforstung einheimischer Wälder eine nachhaltige
       Investition in die Zukunft: „Wer einen Baum pflanzt, weiß genau, dass er in
       30 Jahren noch Früchte trägt.“
       
       12 Jan 2024
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Audrey Simango
       
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