URI: 
       # taz.de -- Flüchtlinge auf dem Tempelhofer Feld: Dauerhafte Übergangslösung
       
       > In die Container ziehen wieder Flüchtlinge ein. Das ist auch ein Signal,
       > dass Berlin sich verstärkt um Wohnungen kümmern muss. Ein
       > Wochenkommentar.
       
   IMG Bild: Das Containerdorf auf dem Flugfeld Tempelhof
       
       Eigentlich sollten die Container auf dem Tempelhofer Feld längst abgebaut
       sein. Der Senat hatte zugesichert, das Containerdorf längstens zwei Jahre
       als Unterkunft für Geflüchtete zu nutzen – von Ende 2017 bis Ende 2019.
       Doch [1][seit Mittwoch ziehen wieder Menschen in die Container] ein. Und
       das ist auch erst mal gut so. Denn die Not ist groß: Wohnraum und
       Unterkünfte sind knapp. Und die Container sind ja nun mal da.
       
       Dass auf dem Tempelhofer Feld das [2][größte Containerdorf der Stadt]
       entstand, war damals eine höchst umstrittene Entscheidung.
       Vertreter*innen des Senats wehrten sich gegen Vorwürfe, dies sei ein
       Verstoß gegen das Tempelhofer Feld-Gesetz, das jede Bebauung und dauerhafte
       Veränderung verbietet. Die Initiative „100 Prozent Tempelhofer Feld“
       wiederum musste sich gegen den Verdacht verteidigen, sie hätte etwas
       dagegen, dass Flüchtlinge so zentral leben. Der Kompromiss: Die Container
       müssen Ende 2019 wieder weg.
       
       Noch Anfang 2020 hieß es seitens des Landes, [3][dass die Container
       tatsächlich bald abgebaut werden]. Doch dann kam Corona, und wohl auch vor
       dem Hintergrund einer möglichen Evakuierung des griechischen
       Flüchtlingslagers Moria blieben die Container erst mal stehen – als
       Reserve, falls der damalige CSU-Bundesinnenminister Horst Seehofer es dem
       Land doch noch erlauben sollte, [4][Geflüchtete aufzunehmen].
       
       Dazu kam es bekanntlich nicht. Das Dorf war allerdings auch lange
       unbewohnbar, weil das Leitungswasser verschmutzt war. Diese Mängel sollen
       laut Landesamt für Flüchtlingsangelegenheiten inzwischen behoben sein.
       Wobei es etwas stutzig macht, dass – obwohl die Wasserqualität wieder
       gesichert sein soll – trotzdem keine Kinder und keine Schwangeren in dem
       Containerdorf wohnen dürfen.
       
       ## Zu wenig MUFs gebaut
       
       Die Tatsache, dass es das Containerdorf auf dem Feld immer noch gibt, lässt
       sich auch als ein Scheitern des Senats lesen: an der Aufgabe, genug
       adäquaten Wohnraum für Schutzsuchende zu schaffen. Derzeit macht der Senat
       auch andere bereits leer gezogene Containerunterkünfte wieder bezugsfertig,
       weil die Plätze wieder gebraucht werden. Die Idee, in [5][jedem Bezirk
       modulare Unterkünfte für Geflüchtete (MUFs)] zu errichten, ging jedenfalls
       bisher nicht auf.
       
       [6][Denn nicht einmal die Hälfte der 2018 geplanten MUFs] ist bisher
       tatsächlich gebaut: 53 sollten es insgesamt werden, erst 23 sind fertig.
       Deren Standorte sind außerdem sehr ungleich verteilt: Während etwa i[7][m
       Bezirk Marzahn-Hellersdorf die ersten und gleich mehrere entstanden], waren
       andere [8][Bezirke extrem zögerlich darin, überhaupt geeignete Flächen
       auszuweisen]. Teils protestierten auch Bürgerinitiativen gegen MUFs, weil
       sie die Flüchtlinge nicht in der Nähe ihrer Wohnviertel haben wollten oder
       dagegen waren, dass für den Bau Bäume gefällt oder Grünflächen verkleinert
       werden sollten.
       
       Und so ist das Containerdorf mitten im Zentrum – in unmittelbarer Nähe zu
       Kreuzberg, Neukölln und Tempelhof – auch eine Erinnerung daran, dass
       [9][Berlin weiterhin Zuflucht bietet], dass Geflüchtete und neu in Berlin
       Angekommene hier einen Platz brauchen und auch bekommen sollen. In
       Containern leben zu müssen ist nicht ideal. Aber es ist erst mal zumindest
       ein Dach über dem Kopf.
       
       5 Feb 2022
       
       ## LINKS
       
   DIR [1] /Fluechtlingsunterkunft-in-Berlin/!5829713
   DIR [2] /Umstrittene-Unterkunft-fuer-Gefluechtete/!5463782
   DIR [3] /Ausblick-auf-Berlin-2019/!5560309
   DIR [4] /Berlin-will-Fluechtlinge/!5701956
   DIR [5] /Linker-Protest-gegen-Fluechtlingsheime/!5339690
   DIR [6] /!5798002/
   DIR [7] /Fluechtlingsunterbringung/!5375455
   DIR [8] /Fluechtlingsunterbringung/!5275940
   DIR [9] /Migration-nach-Berlin/!5824648
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Uta Schleiermacher
       
       ## TAGS
       
   DIR Landesamt für Flüchtlingsangelegenheiten (LAF)
   DIR Tempelhofer Feld
   DIR Unterbringung von Geflüchteten
   DIR Tempohomes
   DIR Sozialwohnungen
   DIR Stadtplanung
       
       ## ARTIKEL ZUM THEMA
       
   DIR Nachnutzung von Wohncontainern: Leere Versprechungen
       
       Leere Wohncontainer von Flüchtlingen will Berlin nachnutzen. Was schwierig
       ist, weil sie oft nicht mehr einsatzfähig oder schlicht zu niedrig sind.
       
   DIR Wohnungen für Geflüchtete: „Keine Provisorien mehr“
       
       Statt mehr Heime zu bauen sollte sich die Politik lieber um mehr Wohnraum
       für Geflüchtete kümmern, sagt die Nachbarschaftsinitiative Ratibor 14.
       
   DIR Linker Protest gegen Flüchtlingsheime: „Für jede Wohnnutzung unattraktiv“
       
       Am Mittwochabend will die Initiative Berlin für Alle gegen den Bau
       modularer Flüchtlingsunterkünfte protestieren – warum, erklärt Architekt
       Philipp Kuebart.