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       # taz.de -- Regierung in Peru: Kurzer Honeymoon
       
       > Perus Präsident muss erneut ein Kabinett zusammenstellen. Dies lässt den
       > Druck auf den Ex-Gewerkschafter mit indigenen Wurzeln wachsen.
       
   IMG Bild: Hat kein glückliches Händchen bei der Regierungsernennung – Pedro Castillo
       
       Zum vierten Mal in sechs Monaten muss in Lima das Kabinett unter Präsident
       Pedro Castillo umgebildet werden. Der Lehrergewerkschafter aus der Provinz
       hatte [1][die Wahl] dank der Landbewohner mit indigenen Wurzeln gewonnen,
       die endlich „einen wie uns“ im Präsidentenpalast in Lima sehen wollten.
       Dazu kamen die Stimmen derer, die um jeden Preis einen Wahlsieg von
       Castillos Rivalin, Diktatorentochter Keiko Fujimori, verhindern wollten.
       Doch der Honeymoon des neuen Präsidenten hielt nur wenige Tage.
       
       Castillos erster Premierminister Guido Bellido fiel mit homophoben und
       frauenfeindlichen Äußerungen auf. Nach zwei Monaten wurde er gegen die
       Menschenrechtsanwältin Mirtha Vasquez ausgewechselt. In ihrer Regierung
       waren sowohl linke Technokraten, erprobte Honoratioren, aber auch
       Parteigänger Castillos vertreten, die außer ihrem Parteibuch keine
       Qualifikation aufwiesen. Als Castillo sich nicht durchringen konnte, einen
       korrupten Polizeichef zu entlassen, warf Vasquez das Handtuch.
       
       Castillo ernannte daraufhin den Abgeordneten [2][Hector Valer] zum neuen
       Premierminister. Der hat in seiner politischen Karriere das peruanische
       Parteienspektrum von ganz rechts bis ganz links durchlaufen und Anzeigen
       wegen häuslicher Gewalt und wegen Korruption im Lebenslauf. Nach nur drei
       Tagen musste er zurücktreten. Castillo sucht nun einen neuen
       Regierungschef. Castillos Regierungshandeln ist erratisch, intransparent
       und auch mit seiner mangelnden Erfahrung nicht mehr zu entschuldigen.
       
       Eine Clique von Beratern halte den Präsidenten von seinen eigenen Ministern
       fern und treffe Regierungsentscheidungen, sagte Ex-Premierministerin Mirtha
       Vasquez. Castillos Amtsführung gleicht immer mehr derjenigen, die man von
       seiner Erzrivalin Keiko Fujimori und deren Vater Alberto kennt: Posten
       werden nach Gefälligkeiten oder gegen Geld vergeben; ein konservatives und
       frauenfeindliches Familienbild wird hochgehalten; informelles Wirtschaften
       steht über staatlicher Regulierung.
       
       Seit Castillo im Amt ist, feiern [3][illegale Goldgräber im
       Amazonasgebiet], Busfahrer mit Strafzetteln, Lehrer, die sich jeder
       Evaluierung widersetzen oder Besitzer privater Schrottuniversitäten ihr
       sorgloses Dasein. Wie ein „linker Fujimorismus“, wie ihn der Politologe
       Alberto Vergara nannte, aussieht, zeigt ein Foto von Castillos kürzlichem
       Besuch in Brasilien. In trauter Eintracht steht Castillo, der einstige
       kommunistische Bürgerschreck, neben dem Rechtsfaschisten Bolsonaro.
       
       Sogar den Trachtenhut, ohne den sich Castillo nie sehen lässt, durfte sich
       Bolsonaro aufsetzen. Stimmen bis in die politische Mitte legen ihm den
       Rücktritt nah. Entscheidend dafür wird sein, ob der Druck der Straße
       hinzukommt. Vor zwei Tagen haben Studierende gegen die Rücknahme der
       Universitätsreform demonstriert. Es könnte ein Anfang sein.
       
       7 Feb 2022
       
       ## LINKS
       
   DIR [1] /Wahlkrimi-in-Peru/!5776842
   DIR [2] /Perus-Ministerpraesident-Hector-Valer/!5833239
   DIR [3] https://www.usaid.gov/peru/our-work/illegal-gold-mining
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Hildegard Willer
       
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