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       # taz.de -- Shitstorm um ukrainische ESC-Kandidatin: Alina Pash wirft hin
       
       > Sie hatte sich für den Eurovision Contest qualifiziert. Doch dass sie auf
       > die Krim reiste, kam im Heimatland Ukraine gar nicht gut an.
       
   IMG Bild: Wollte mit Politik gar nichts zu tun haben: Sängerin Alina Pash
       
       Noch am Abend des 12. Februar muss sie sehr zufrieden gewesen sein: Soeben
       hatte Alina Pash die ukrainische Vorentscheidung zum Eurovision Song
       Contest 2022 gewonnen. [1][Ihr Lied „Tini sabutych predkiw“] hatte am Ende
       die meiste Zustimmung der Jury wie auch des wählenden Fernsehpublikums.
       „Schatten der vergessenen Vorfahren“, wie der Song auf Deutsch übersetzt
       wird, ist eine extraspitze Ethnokomposition, die textlich alle möglichen
       europäischen Geister aufruft, Dante Alighieri, Shakespeare, die Brüder
       Grimm und auch Picasso, dessen gemalte Taube das europäische Friedenssymbol
       darstellt. Gekleidet sind ihre Verse in dem für sie typischen
       Ethno-HipHop-Oberton-Elektro-Style: Für den ESC am 14. Mai in Turin war sie
       für einen Top 10 hochgewettet.
       
       Doch daraus wird jetzt nichts: Alina Pasha [2][erklärte nun via Instagram],
       dass sie auf die Fahrkarte zur Europameisterschaft des Pop verzichtet –
       weil sie in den sozialen Medien krass gedisst wurde. Vorgeworfen wird ihr,
       über ihre künstlerischen Reisen nicht korrekt Rechenschaft abgelegt zu
       haben. Konkret: dass eine ihrer Reisen, von Moskau aus kommend, auf die von
       Russland annektierte Krim führte. Und das ist nach den geltenden Gesetzen
       der Ukraine verboten – die Halbinsel im Schwarzen Meer zählt in Kiew nach
       wie vor als ukrainisch und also aktuell als von Russland (militärisch)
       geraubt.
       
       Alina Lasha hatte das nach den ersten Stürmchen in den sozialen Medien auch
       eingeräumt, aber am Ende war ihr die toxische Anwürfigkeit dort gegen sie
       zu viel, sie zog sich zurück: „Ich bin Künstlerin, kein Politiker. Ich habe
       keine Armee von PR-Leuten, Managern, Anwälten, um all diesen Angriffen,
       Bedrohungen und Druck sowie dem Einbruch in meine sozialen Netzwerke etwas
       entgegenhalten zu können. Und auch absolut inakzeptable Formulierungen, die
       sich die Menschen erlauben, ohne die Situation zu verstehen und die Würde
       jedes Bürgers der Ukraine zu vergessen. Ich will diesen virtuellen Krieg
       und Hass nicht“, schrieb sie über den Shitstorm. „Der Hauptkrieg ist jetzt
       ein externer, der 2014 in mein Land kam“, so verwies sie auf die Eroberung
       der Krim durch das Regime Wladimir Putins.
       
       Die Künstlerin, geboren 1993 in Buschtyno, dem transkarpatischen Westen der
       Ukraine, ist schon einige Jahre europäisch bestens vernetzt, auch ohne
       eurovisionären Bonus. Sie trat in der Berliner Kulturbrauerei auf, arbeitet
       mit französischen und deutschen Kolleg*innen zusammen, ist auch schon
       vom Kultursender Arte wahrgenommen worden – ein Ritter*innenschlag, um in
       ihrem ästhetischen Feld ernst genommen zu werden. Am Ende ihrer
       Rückzugserklärung bedankt sie sich bei allen, „die mein Lied und meine
       wichtige Botschaft hören und nicht über mich lästern“.
       
       Ob das ukrainische Fernsehen einen anderen Act zum ESC delegiert, ist
       offen. 2016 gewann für dieses Land die Sängerin Jamala mit dem Lied „1944“
       den ESC – sehr zum Missfallen Russlands, das in dem Lied zu Recht eine
       Kritik an Stalinischen Deportationen von Krim-Tartaren erkannte.
       
       20 Feb 2022
       
       ## LINKS
       
   DIR [1] https://www.youtube.com/watch?v=VtIFEkYcdeg
   DIR [2] https://www.instagram.com/alinapash/
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Jan Feddersen
       
       ## TAGS
       
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