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       # taz.de -- Eishockey in Russland: So richtig Gold war nie
       
       > Bis 1945 gab es in Russland kein Eishockey. Doch 1954 wurde die
       > Sowjetunion sofort Weltmeister. Nur das nachsowjetische Olympia war
       > schwierig.
       
   IMG Bild: Die Sowjetunion wurde 1954 erstmals Eishockey-Weltmeister (hier im Spiel gegen Schweden)
       
       Genau genommen hat „Russland“ noch nie olympisches Eishockey-Gold gewonnen.
       
       Vor vier Jahren standen Cracks, die sich aus sportjuristischen Gründen
       „Olympische Athleten aus Russland“ nennen mussten, oben auf dem Treppchen.
       1992 jubelte das Team der „GUS“, Gemeinschaft Unabhängiger Staaten. Und bei
       den vielen Olympischen Spielen zuvor triumphierte oft die Auswahl der
       Sowjetunion, von der Russland zwar die größte, aber doch nur eine Republik
       war.
       
       Es lässt sich schwer sagen, ob das diesjährige Scheitern der Sportler des
       „Russischen Olympischen Komitees“ die Sensation des Männereishockeyturniers
       von Peking ist oder doch nicht eher der finnische Überraschungssieg. In
       Finnland jedenfalls ist Eishockey schon seit jeher Volkssport, was den
       Olympiasieg nachvollziehbarer macht.
       
       Und in Russland? Entgegen einem weitverbreiteten Glauben über harte Männer
       auf sibirischen Seen gab es den Eishockeysport vor 1945 nicht in Russland.
       Was es gab, war ein verwandtes Spiel namens [1][Bandy], bei dem es keinen
       Puck, sondern einen Ball gibt, aber auch dieses Bandy wurde erst 1898 in
       Russland eingeführt.
       
       1948 hatte das ZK der KPdSU beschlossen, dass „sowjetische Sportler die
       Weltrekorde in allen Hauptsportarten verbessern“ sollen. Eishockey war so
       etwas, Bandy nicht, also wurde eine Eishockeyliga aus dem Boden gestampft.
       1954 nahm erstmals eine sowjetische Mannschaft an der Eishockey-WM teil und
       wurde gleich Weltmeister. Kapitän war Wsewolod Bobrow, 1945 und 1947 noch
       Torschützenkönig in der Fußballliga.
       
       Der Bandy-Sport wurde in der Sowjetunion weiter betrieben, teils kamen
       70.000 Zuschauer. Aber die staatliche Förderung schwand. Mit der Umwandlung
       des traditionellen Bandy zum Olympia-kompatiblen Eishockey blieb einiges
       auf der Strecke. Bis in die dreißiger Jahre hatte die Sowjetunion offiziell
       noch den Olympismus abgelehnt und die egalitären Werte des Arbeitersports
       hochgehalten.
       
       Bandy aber war ein Sport, der – anders als das Eishockey in seinen
       Anfangsjahren – sowohl von Männern als auch [2][von Frauen gespielt] wurde.
       Tatsächlich wurde das erste Fraueneishockeyspiel eines russischen Teams
       erst im April 1994 angepfiffen. Und bei den Spielen jetzt in Peking? Da kam
       die fast ohne Tradition angereiste Frauenauswahl des Russischen Olympischen
       Komitees nur auf Platz fünf.
       
       20 Feb 2022
       
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