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       # taz.de -- Finanzpolitik in Berlin: Die große Corona-Abrechnung
       
       > Der Senat beschließt die Eckpunkte des Doppelhaushalts 2022/23. Unklar
       > bleibt, welche Auswirkung die Pandemie darauf haben wird.
       
   IMG Bild: „Das ist schon eine Hausnummer“: Finanzsenator Wesener über seinen ersten Haushalt
       
       Berlin taz | In sein 100-Tage-Programm hat der rot-grün-rote Senat
       ausschließlich Punkte aufgenommen, die auch wirklich umsetzbar sind – am
       Ende der Frist will die neue Regierende Bürgermeisterin Franziska Giffey
       (SPD) ja glänzen und keine Entschuldigungen suchen. Unter Punkt 15 von 40
       steht in dem Papier der Entwurf für den Haushaltsplan 2022/23. Und wieder
       kann Giffey ein Häkchen setzen, zumindest fast: Am Dienstag hat der Senat
       immerhin die Eckpunkte des Haushalts beschlossen.
       
       Bis zur Sitzung nächste Woche sollen die letzten Unklarheiten ausgeräumt
       sein und das ganze Paket verabschiedet werden, kündigte Finanzsenator
       Daniel Wesener (Grüne) am Dienstag nach der Senatssitzung an.
       
       Zeit für den Entwurf wurde es: Das Jahr 2022 läuft bekanntlich schon eine
       Weile. Wesener konnte dabei auf die Arbeit seines Vorgängers Matthias
       Kollatz (SPD) aufbauen: [1][Dessen Entwurf für den Doppelhaushalt 22/23]
       war bereits im Juni vom Senat beschlossen worden – ging aber wegen der
       Abgeordnetenhauswahl im September nicht mehr durchs Parlament, welches das
       Gesetz verabschieden muss.
       
       Weseners Entwurf sieht Ausgaben in Höhe von rund 36,5 Milliarden Euro für
       2022 vor und rund 36,7 Milliarden für das Folgejahr. Das ist deutlich
       weniger als in den Coronajahren 2020 und 21, als wegen der immensen
       Kreditaufnahme etwa für Finanzhilfen der Umfang auf 40,1 Milliarden Euro
       (2020) und 38,2 Milliarden Euro in die Höhe geschossen war – aber immer
       noch klar mehr als im letzten vergleichbaren Vor-Corona-Jahr 2019, als
       Berlin 30,7 Milliarden Euro ausgab. Der Doppelhaushalt sei „schon eine
       Hausnummer“, befand Wesener.
       
       Auch die Investitionen steigen weiter an: 3,94 Milliarden Euro sind für
       2022 vorgesehen, 4,05 Milliarden Euro sogar für 2023. Zum Vergleich: 2018
       war die Investitionstätigkeit mit 2,1 Milliarden gerade mal halb so hoch.
       Allein für den Schulbau sind in 2022 und 2023 je rund 700 Millionen Euro
       vorgesehen; eine weiterer großer Brocken ist die Nachnutzung des
       Ex-Flughafens Tegel mit insgesamt 500 Millionen Euro, wobei darin Kosten
       für den Kauf von Grundstücken vom Bund enthalten sind. Für Investitionen in
       die öffentlichen und privaten Krankenhäuser sind pro Jahr je rund 280
       Millionen Euro eingeplant. „Wir haben Großes vor“, kündigte der neue
       Senator an. Allerdings müsse sich zeigen, ob das Geld auch wirklich
       ausgegeben werden kann.
       
       Die gleiche Frage stellt sich angesichts der im rot-grün-roten
       Koalitionsvertrag vereinbarten neuen Stellen, die in den nächsten zwei
       Jahren geschaffen werden. Fast 2.400 sind es 2022, noch mal 1.400 im
       folgenden Jahr. Allein insgesamt 1.500 sind für die Schulen vorgesehen,
       sprich für Lehrer*innen; gut 600 neue Polizist*innen sollen angeworben
       werden, und auch die Finanzämter bekommen mit insgesamt 350 weiteren
       Mitarbeiter*innen ganz neue Kapazitäten.
       
       Doch auch für diesen Doppelhaushalt spielt der Coronafaktor eine
       wesentliche Rolle. „Wir befinden uns in einem Übergang: Wir sind noch nicht
       am Ende der Pandemie, aber wir sind zuversichtlich.“ Unklar bleibe
       weiterhin, so Wesener, in welchem Umfang Coronahilfen notwendig sein
       werden. Derzeit sind noch 5,4 Milliarden Euro aus den wegen Corona
       aufgenommenen Notkrediten vorhanden. Einiges davon werde benötigt, um
       landeseigene Unternehmen wie die Flughafengesellschaft zu unterstützen.
       „Was von diesem Geld nicht gebraucht wird, wird für die Tilgung von Schulen
       verwendet“, so der Senator. Spätestens ab 2023 soll es so weit sein.
       
       ## Brandbrief der Bezirke
       
       Unklar ist auch, wie sich das Verhältnis zwischen dem Finanzsenator und den
       Bezirken weiterentwickeln wird. Acht Bezirksbürgermeister*innen, darunter
       auch eine Grüne, hatten Wesener am Montag [2][in einem Brandbrief
       aufgefordert], Sparvorgaben in Höhe von rund 80 Millionen Euro
       zurückzunehmen. Der Finanzsenator äußerte sich zu dem Vorwurf am Dienstag
       nicht direkt, zeigte sich jedoch gesprächsbereit: „Wir werden ganz konkrete
       Vorschläge machen, wie wir die Finanzbeziehungen zwischen Land und Bezirken
       neu aufstellen können.“ Wesener kritisierte, dass in den Bezirken rund 10
       Prozent der Stellen nicht besetzt seien. „Das ist zu viel.“
       
       22 Feb 2022
       
       ## LINKS
       
   DIR [1] /Senat-beschliesst-Ausgaben-fuer-2022/23/!5777613
   DIR [2] /Streit-um-Finanzen-in-Berlin/!5836695
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Bert Schulz
       
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