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       # taz.de -- LNG-Terminal in Brunsbüttel: Die Brücke, die zu spät kommt
       
       > Durch den Ukraine-Krieg bahnt sich ein großer Konflikt zwischen
       > Schleswig-Holsteins SPD und Grünen an. Es geht um den Bau eines
       > Flüssiggas-Terminals.
       
   IMG Bild: Klimaaktivisten von „Ende Gelände“ haben eine klare Antwort darauf: Nein!
       
       Rendsburg taz | Direkt an der Elbe, zwischen Sondermüll-Verbrennungsanlage
       und stillgelegtem Atomkraftwerk: Wenn das Flüssiggasterminal in Brunsbüttel
       jemals gebaut wird, dann an diesem Ort. Die Debatte über den Standort ist
       angesichts des Ukraine-Krieges neu entbrannt. Am Freitag befasst sich der
       Landtag in Kiel mit der Frage. Sie ist vor allem für die Grünen schwierig:
       Die Basis sagt nein, Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck sagt ja und
       die Landtagsfraktion verweist auf den Koalitionsvertrag.
       
       „Wir brauchen eine Energieversorgung, die uns unabhängig vom russischen Gas
       macht“, sagt Serpil Midyatlı, SPD-Fraktionsvorsitzende. Ihre Fraktion hat
       beantragt, das Vorgehen Russlands zu verurteilen und gleichzeitig als Land
       „einen eigenen Beitrag zur Versorgungssicherheit leisten“ – unter anderem
       durch ein Bekenntnis zum geplanten LNG-Terminal in Brunsbüttel.
       
       „Uns ist klar, dass das Terminal nicht morgen auf den Weg kommt, und wir
       sind uns bewusst, dass es nur eine Brückentechnologie auf dem Weg zu
       erneuerbaren Energien ist“, betont Midyatlı. Doch auch für die
       Transformation brauche es Energie.
       
       Lob für diese Haltung gibt es von CDU-Fraktionschef Tobias Koch: „Ich habe
       immer deutlich gemacht, dass wir diese Brückentechnologie brauchen.“
       Flüssiggas, also gekühltes und besonders energiereiches Erdgas , sei etwa
       für die Schifffahrt im Vergleich zu Diesel „ein Fortschritt“, so Koch. „Und
       unter dem Aspekt der Versorgungssicherheit haben wir eine denkbar schlechte
       Position, wenn wir von russischem Gas abhängig sind.“
       
       ## SPD-Antrag ein „billiges Manöver“
       
       Für die Grünen, die mit CDU und FDP die Jamaika-Regierung bilden, sei der
       SPD-Antrag dagegen ein „billiges Manöver“, so Fraktionschefin Eka von
       Kalben. Schließlich habe die SPD im Land und Bund lange mitregiert und
       hätte die Weichen anders stellen können. Von Kalben steckt in einem
       Zwiespalt: Nachdem der aus Schleswig-Holstein stammende Bundesminister
       Robert Habeck sich pro LNG ausgesprochen hatte, stimmte ein Landesparteitag
       gegen das Terminal – und motzte gegen die Führung.
       
       „Ich bin froh über unsere aktive Basis“, sagte Eka von Kalben. Bei der
       aktuellen Abstimmung im Landtag hat die aber nichts zu sagen, es gilt der
       Koalitionsvertrag, der sich für das Terminal ausspricht. „Wir sind
       vertragstreu bis zum letzten Tag“, betont von Kalben.
       
       Nach dem Wahltag am 8. Mai muss neu verhandelt werden, dann gelte für die
       Grünen der Parteitagsbeschluss, so von Kalben. Sie glaubt nicht an die
       Wirtschaftlichkeit des Betriebs: „Wenn wir bis 2035 die Energiewende
       schaffen wollen, müssen wir weg vom Gas, und dieses Terminal kann
       frühestens 2026 fertig sein. Wer baut so etwas für zehn Jahre?“
       
       Reinhard Knof vom „Klimabündnis gegen LNG“ sagt es noch deutlicher: „Diese
       Brücke führt ins Nichts. Da entsteht für viel Geld eine Bauruine.“ Keines
       der Argumente für LNG hält er für stichhaltig: Anstelle von flüssigem
       Erdgas könne die Schifffahrt auf Ammoniak umstellen – in diese Richtung
       plant die Großreederei Maersk.
       
       ## Begeisterung für Großprojekt LNG sinkt
       
       Und die Angst, zu abhängig von russischem Gas zu sein, sei selbst
       verursacht, schließlich gehören zahlreiche deutsche Speicher über
       Tochterfirmen Gazprom: „Die Knappheit wurde sehenden Auges künstlich
       herbeigeführt – da brauchen wir nicht über LNG reden“, sagt Knof. „Ich
       verstehe nicht, warum die Industrie da nicht lauter Alarm schlägt.“
       
       Tatsächlich scheint die Begeisterung für das Großprojekt LNG auch bei der
       Industrie zu sinken. Die niederländische Firma Vopak, der größte Investor
       in der Projektgesellschaft German LNG Terminal GmbH, hat sich teilweise
       zurückgezogen und ist nur noch passiv bei dem 500-Millionen-Euro-Projekt
       dabei.
       
       Auch eine neue bürokratische Hürde hat sich aufgebaut: Die Stadt
       Brunsbüttel hat im Januar eine Änderung des Bebauungsplans für das
       Grundstück zwischen Müllverbrennungsanlage und AKW abgelehnt. Und er alte
       B-Plan verbietet, einen weiteren potenziell störfallanfälligen Betrieb
       anzusiedeln.
       
       24 Feb 2022
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Esther Geißlinger
       
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