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       # taz.de -- Teigtaschen als Symbol der Vielfalt: Die inklusive Kraft von Dumplings
       
       > Was verbindet Ravioli, Gyoza und Empanada? Sie schmecken sehr
       > verschieden, sind aber alle eine Form von Teigtasche. Eine kontroverse
       > Idee.
       
   IMG Bild: Heute gibt es Dumplings!
       
       Seit Jahren träume ich davon, mich als Gastronom_in selbstständig zu
       machen, sollte ich je einen Branchenwechsel anstreben. Dabei zieht es mich
       nicht in [1][irgendeine Küche]. Keine Vision ist spezifisch,
       länderübergreifend und für manche so streitbar wie meine bisherige Arbeit:
       Ich möchte ein Dumpling-Restaurant eröffnen. Es soll „One World Dumplings“
       heißen.
       
       Was ich servieren möchte? Teigtaschen aus aller Welt! Zubereitet und
       geliefert von den besten Köch_innen der lokalen Diaspora. Neulich musste
       ich am Tisch mit Freund_innen jedoch feststellen, dass meine großzügige
       Definition [2][von Dumplings einige] aufwühlt.
       
       Klar, es gibt Gerichte, auf deren Zugehörigkeit zur Kategorie „Dumpling“
       sich alle einigen können: Dim Sum, Mandu, Gyosa, Momos oder Wonton.
       Allesamt gefüllte, mit einer Hand greifbare Teigtaschen, aber
       unterschiedlich zubereitet: gedämpft, angebraten, frittiert. Manche werden
       in eine Soße gedippt, andere kommen in eine Brühe.
       
       Diese Eigenschaften lassen sich auf weitere Gerichte übertragen: Manti,
       Tortellini, Ravioli, Pelmeni, Wareniki, Pierogi, Ashak, Kreplach und
       Maultaschen, aber auch Samosa, Empanada, Pirashki und Sambuse. Die Formen
       variieren, manche sind eher rund, andere dreieckig oder oval. Wäre länglich
       dann nicht auch okay? Das öffnet das Tor für Frühlingsrollen, Sigara Börek
       und tropfenförmige Kibbeh.
       
       ## Schwankendes Verhältnis von Teig und Füllung
       
       Nun denken die wenigsten an einen Teller Ravioli, wenn jemaus sagt, es gäbe
       Dumplings zum Mittag. Per Definition stimmt es jedoch: Laut Wikipedia
       handelt es sich dabei um ein Varieté an in Teig gewickelter Füllung –
       herzhaft wie süß. In einem japanischen Restaurant in Wien aß ich mal
       Apfel-Gyosa mit Vanillesoße – eine Spezialität, die es auch im Tiefkühlfach
       des Asia-Supermarkts gibt. Ein verifizierter Dumpling. Somit müssten Mochi
       theoretisch auch Dumplings sein – oder?
       
       Das Verhältnis zwischen Teig und Füllung schwankt. Jamaikanische Dumplings
       heißen sogar Dumplings, aber haben gar keine Füllung, sie erinnern mehr an
       Quarkbällchen. Zählt Calzone dann nicht als ein riesiger Dumpling? Was ist
       mit Schokocroissants? Oder einem Hamburger, dessen Ränder mit einem
       Glätteisen zusammengepresst und geschlossen werden, wäre das kein Dumpling,
       theoretisch? Und Gnocchi?
       
       So laut, wie der Widerspruch zu [3][meiner These neulich war], nehme ich
       an, dass ich nicht unbedingt auf Ihre Zustimmung zählen kann. Das ist okay.
       Genau das wünsche ich mir für „One World Dumplings“: Dass die
       unterschiedlichsten Menschen kommen, um zu speisen, und miteinander ins
       Gespräch kommen. Von mir aus auch streiten. Leidenschaftlich.
       
       Der beste Ort für hitzige Diskussionen ist der Esstisch. Hungry geht
       zumindest niemaus nach Hause. Auf eins werden sich hoffentlich alle einigen
       können: Die besten Dumplings ever verdrückt zu haben. Das Menü soll die
       einzige Fusion werden, mit der maus mich assoziiert.
       
       25 Feb 2022
       
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