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       # taz.de -- Die Flusspferde des Drogenbarons: Zum Abschuss freigeben?
       
       > Kolumbianische Behörden erklären die Flusspferde des verstorbenen
       > Drogenbarons Pablo Escobar zur „invasiven Art“. Das könnte ihr
       > Todesurteil sein.
       
   IMG Bild: Nilpferd Vanessa gehörte auch einst dem Drogenboss. Es wurde von der Herde verstoßen
       
       Bogotá afp | Nach monatelangem Zögern haben die [1][kolumbianischen
       Behörden] die berühmten Flusspferde des verstorbenen Drogenbarons Pablo
       Escobar zur „invasiven Art“ erklärt. In der Mitteilung des
       Umweltministeriums, das sich auf eine Studie des
       Alexander-von-Humboldt-Instituts in Bogotá und des Instituts für
       Naturwissenschaften der Nationalen Universität in der kolumbianischen
       Hauptstadt stützt, wird auch ihre Tötung als „notwendige Option“ in
       Betracht gezogen.
       
       Damit stehen die rund 130 Flusspferde, die nördlich von Bogotá in der Nähe
       des Magdalena-Flusses frei herumlaufen, vor einer ungewissen Zukunft. Sie
       stammen von den wenigen Exemplaren ab, die Escobar einst für seinen
       Privatzoo auf dem Landgut Hacienda Napoles hatte einfliegen lassen.
       
       Den Behörden zufolge bedrohen die eigentlich südlich der Sahara
       beheimateten, grasfressenden Riesen die örtliche Tierwelt und die am Fluss
       lebenden Menschen. Da die Sterilisierung der bis zu 1,8 Tonnen schweren
       Tiere teuer und schwierig ist, bleibe „die Keulung als Option auf dem
       Tisch“, sagt David Echeverri, Leiter der regionalen Umweltbehörde Cornare,
       die für die Sterilisierungen zuständig ist. „Es könnte der einzige Weg
       sein, um zu verhindern, dass sich das Problem verschlimmert.“
       
       ## 1993 wurde Escobar von der Polizei erschossen
       
       Escobar baute das [2][berüchtigte Medellín-Drogenkartell] auf und wurde
       damit laut „Forbes“ zu einem der reichsten Männer der Welt. Er leistete
       sich unter anderem einen Privatzoo mit Flusspferden, Flamingos, Giraffen,
       Zebras und Känguruhs.
       
       1993 wurde Escobar von der Polizei erschossen, danach wurden alle Tiere an
       Zoos verkauft – bis auf die Flusspferde. Die wasserliebenden Tiere blieben
       auf Escobars Anwesen und vermehrten sich. Inzwischen sind sie die wohl
       größte Flusspferdpopulation außerhalb Afrikas. Die Tiere bereiten den
       Behörden seit langem Kopfzerbrechen, die Kolonie könnte sich Studien
       zufolge in zehn Jahren vervierfachen.
       
       Gleichzeitig formierte sich eine lautstarke Kampagne zu ihrem Schutz.
       Obwohl die Einzelheiten des neuen Behördenplans zum Management der
       Population noch nicht bekannt sind, forderte der ehemalige Umweltminister
       Manuel Rodríguez die Regierung auf, auch die Jagd auf die Tiere in Betracht
       zu ziehen: „Natürlich gibt es Tierschützer, die dagegen sind, aber was ist
       die Alternative?“, gibt Rodríguez zu bedenken, der an der Studie zu den
       Auswirkungen der Flusspferd-Invasion mitarbeitete.
       
       Bisher gelang es Cornare lediglich, elf Flusspferde zu sterilisieren und 40
       weiteren per Pfeil Verhütungsmittel zu verabreichen. Das kostete
       umgerechnet mehr als 87.000 Euro, konnte die Vermehrung aber nicht stoppen.
       „Alles, was mit Nilpferden zu tun hat, ist komplex, teuer und gefährlich“,
       sagt Echeverri. „Auf eine durchgeführte Operation kommen zehn Tiere, die
       geboren werden.“
       
       ## Bedrohung der Seekühe
       
       Rodríguez warnt vor einer Bedrohung der Fischer und anderer Uferbewohner.
       2021 berichtete Cornare von zwei Angriffen von Nilpferden auf Menschen, die
       beide mit Verletzungen davonkamen. In Afrika töten Flusspferde jedes Jahr
       hunderte Menschen. „Wir könnten eine Tragödie erleben“, warnt Rodríguez.
       
       Die Flusspferde bedrohen auch die Seekühe – große Säugetiere, die am
       Magdalena-Fluss beheimatet sind – und eine Vielzahl einheimischer Fische.
       Anfang des Jahres schlugen Aktivisten mit Unterstützung des grünen
       Parlamentskandidaten Luis Domingo Gómez vor, aus öffentlichen und privaten
       Mitteln ein Schutzgebiet für die Flusspferde zu schaffen. Doch Experten
       lehnen den Vorschlag als zu kostspielig und für das Ökosystem nicht weniger
       schädlich ab.
       
       „Wollen wir ein Schutzgebiet für Nilpferde unterhalten, die Seekühe
       bedrohen?“, fragt Rodríguez. Die Biologin Nataly Castelblanco ist Expertin
       für Seekühe und teilt seine Bedenken. So twitterte sie vor kurzem:
       „[3][Einheimische Arten haben Vorrang] vor invasiven Arten.“
       
       12 Feb 2022
       
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