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       # taz.de -- Umstrittener Umbau von Karstadt: Signa mauert am Hermannplatz
       
       > Der Karstadt-Neubau in Berlin-Neukölln soll größer werden als
       > angekündigt. Die Flächen fürs Gemeinwohl fallen hingegen kleiner aus.
       
   IMG Bild: Soll ein Leuchtturm werden für Investor Signa: Karstadt am Hermannplatz
       
       Berlin taz | Das [1][neue Karstadt-Gebäude am Hermannplatz] soll noch
       massiger werden als geplant. Statt der bisher geplanten Nutzfläche von
       60.000 Qudratmeter will Investor Signa nun 107.312 Quadratmeter
       Bruttogeschossfläche errichten. Das geht aus der Antwort des Senats auf
       eine Anfrage der Grünen hervor, die der taz exklusiv vorliegt.
       
       „Bei der letzten Anhörung im Abgeordnetenhaus sprach Signa noch davon,
       lediglich eine Flächenerweiterung zwischen 10 und 20 Prozent am
       Hermannplatz zu planen“, sagte Julian Schwarze, Sprecher für
       Stadtentwicklung der Grünen-Fraktion im Abgeordnetenhaus, der taz. „Die
       jetzt vom Senat genannten über 107.000 Quadratmeter Bruttogeschossfläche
       sind deutlich mehr.“
       
       Schwarze hatte in seiner Anfrage auch gefragt, wie viele Flächen Signa
       einer gemeinwohlorientierten Nutzung zur Verfügung stellen wolle. In ihrer
       Antwort nannte Senatsbaudirektorin Petra Kahlfeldt für den Senat eine Zahl
       von 4.551 Quadratmeter.
       
       Das seien lediglich 4 Prozent des Gesamtvorhabens, monierte Schwarze.
       „Initiativen und Anwohnende vor Ort machen sich große Sorgen wegen
       Gentrifizierung und steigender Mieten – und sehen die kleinteilige
       Gewerbestruktur im Kiez durch die Pläne von Signa in Gefahr“, so der Grüne.
       „Diese Sorgen können durch die nun bekannt gewordenen Zahlen nicht
       ausgeräumt werden.“
       
       Für Schwarze bleibt es deshalb fraglich, „wie die von Signa gewünschte
       Baumasse am Hermannplatz städtebaulich verträglich funktionieren kann“. Er
       fordert einen „ergebnisoffenen Planungsprozess“, wie er im
       Koalitionsvertrag vereinbart worden sei.
       
       Doch der Senat drückt aufs Tempo. Der Bebauungsplan für das
       Karstadt-Vorhaben soll möglichst schnell aufgestellt werden. „Ich schlage
       dem Senat vor, das in den ersten 100 Tagen zu tun“, hatte Bausenator Andras
       Geisel bereits im Januar in einem Interview mit der Morgenpost angekündigt.
       Daraufhin hatte der Senat das Vorhaben in sein „100-Tage-Programm“
       übernommen.
       
       ## Grünes Licht vom Senat
       
       Eigene Forderungen will der Senat derzeit nicht an Signa herantragen.
       „Grundlage des Aufstellungsbeschlusses soll das von der Vorhabenträgerin
       beantragte Vorhaben sein“, heißt es in der Antwort von Kahlfeldt. Sie geht
       davon aus, dass der Bebauungsplan Ende März aufgestellt ist.
       
       Der Senat ist für das Karstadt-Vorhaben zuständig, nachdem Geisels
       Vorgänger, Sebastian Scheel (Linkspartei), das Genehmigungsverfahren im
       Herbst 2021 vom Bezirk Friedrichshain-Kreuzberg an sich gezogen hatte.
       Grund war die Weigerung des Bezirks, „das Verfahren zur Aufstellung des
       vorhabenbezogenen Bebauungsplans einzuleiten“, heiß es nun erstmals vom
       Senat zur Begründung.
       
       Schon im August 2020 war der Senat Signa in einem sogenannten „Letter of
       Intent“ entgegengekommen. Weil Signa für vier der sechs von Schließung
       bedrohten Karstadt-Filialen eine Bestandsgarantie ausgesprochen hatte,
       hatte der Senat im Gegenzug grünes Licht für die Großprojekte des
       Unternehmens, darunter auch die Neubaupläne am Hermannplatz, gegeben. Die
       Linken-Abgeordnete Katalin Gennburg hatte damals von „Erpressung“
       gesprochen.
       
       Kritik gab es auch an der Monumentalität des Bauvorhabens, das an den
       Karstadtbau von 1929 angelehnt ist. Signa und sein Architekt David
       Chipperfield hatten daraufhin reagiert und angekündigt, das Bestandsgebäude
       nicht abzureißen und den Rohbau stehen zu lassen. Die geplanten
       Aufstockungen sollen in Holzbauweise erfolgen. Die stark vertikal
       gegliederte Fassade soll statt Muschelkalk mit Ziegeln aus der Region
       gestaltet werden.
       
       Gleichzeitig lobte Signa einen internationalen „Re-Use“-Wettbewerb aus, bei
       dem es darum ging, die Materialien beim Abriss des Parkhauses an der
       Urbanstraße wiederzuverwenden. Kritiker bezeichnen Signas Pläne dagegen als
       Greenwashing.
       
       27 Feb 2022
       
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