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       # taz.de -- Westliche Sanktionen gegen Russland: Putins Fehlkalkulation
       
       > Die beschlossenen Sanktionen werden Putin vielleicht nicht zu Fall
       > bringen. Aber sie werden ihn massiv finanziell schwächen – somit auch
       > politisch.
       
   IMG Bild: Auch auf Demos (wie hier am Samstag in Spanien) eine Forderung: Russlands Swift-Rauswurf
       
       Eine 180-Grad-Kehrtwende. Richtig so. Bis zuletzt wollte die
       Bundesregierung nicht wahrhaben, dass moralische Appelle bei einem
       [1][kaltblütigen Machtpolitiker wie Wladimir Putin] nicht wirken, sondern
       nur scharfe Gegenmaßnahmen. Deutschland war das letzte EU-Land, das sich
       gegen [2][Russlands Rauswurf aus dem Bankennetzwerk Swift] sträubte, mit
       der Begründung: Das könnte teuer werden.
       
       Italien, Zypern, selbst Ungarn sprachen sich im Laufe des Samstags für
       einen Swift-Ausschluss aus. Am Ende hatte die Ampel-Koalition gar keine
       andere Wahl, als ihre Blockadehaltung aufzugeben. Die gesamte westliche
       Welt hatte nur noch fassungslos auf Deutschland geschaut.
       
       Nun also die deutsche Zustimmung für Russlands Ausschluss. Das wird seinen
       Außenhandel massiv einschränken. Was das Putin-Regime aber noch schwerer
       schaden dürfte: EU, USA und Großbritannien wollen auch das Vermögen der
       russischen Zentralbanken einfrieren und damit verhindern, dass Putin seine
       in den letzten Jahren angehäuften Währungsreserven für die Finanzierung
       seines Krieges nutzt.
       
       Das dürfte nicht nur dazu führen, dass der Rubel abstürzt und die ohnehin
       hohe Inflation in Russland noch weiter in die Höhe treibt, sondern kommt
       einer Enteignung eines ganzen Staatsvermögens gleich. Zusammengenommen
       handelt es sich um die schärfsten Sanktionen, die in der jüngeren
       Geschichte gegen eine Volkswirtschaft verhängt wurden.
       
       Der Einwand ist berechtigt: Sanktionen gegen eine ganze Volkswirtschaft
       treffen auch immer die Bevölkerung hart. Doch das liegt in der Natur eines
       Krieges. Und angezettelt hat diesen Putin. Pauschal zu behaupten,
       Sanktionen bringen nichts, ist aber falsch. Sie werden Putin vielleicht
       nicht zu Fall bringen, aber sie werden ihn massiv finanziell und damit auch
       politisch schwächen.
       
       Putin zahlt schon jetzt einen hohen Preis. Die russischen Währungsreserven
       aus den Exportüberschüssen, mit denen er prahlt, hat er auf Kosten der
       Bevölkerung angehäuft. Seit den Sanktionen im Zuge der Krim-Annexion
       stagniert Russlands Wirtschaft. Investitionen hat es kaum mehr gegeben. Die
       Inflation galoppiert davon, der Lebensstandard sinkt. Das russische
       Pro-Kopf-Einkommen liegt inzwischen unter dem von Rumänien. Mit dem Krieg
       will Putin von den wirtschaftlichen Problemen ablenken. Damit verschärft er
       sie aber nur.
       
       Erreichen wird Putin zweierlei: Die Hinwendung zu China, damit aber auch
       die Abhängigkeit von einem inzwischen sehr mächtigen Land, das Russland
       traditionell verachtet. Und: Eine neue Ära der militärischen Aufrüstung in
       Europa und der Welt. Das kostet. Putin wiederholt damit den Fehler der
       einstigen Sowjetunion. Wirtschaftlich schwach, rüstete die Sowjetregierung
       immer weiter auf. Sie ging daran zugrunde.
       
       27 Feb 2022
       
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