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       # taz.de -- Sportboykott gegen Russland: Aus dem Spiel
       
       > Sportler und Verbände fordern Ausschluss Russlands von den Paralympischen
       > Spielen und der Fußball-WM. Schalke 04 beendet Kooperation mit Gazprom.
       
   IMG Bild: Frei vom russischen Partner: Schalkes Darko Churlinov trägt nur den Vereinsnamen auf der Brust
       
       Es ist nur wenige Tage her, da sauste der ukrainische Skeletonfahrer
       [1][Vladyslav Heraskevych bei den Olympischen Spielen in Peking] den
       Eiskanal hinunter. Mittlerweile ist er im Krieg und war am Sonntag mit
       einem Gewehr bewaffnet etwa 150 Kilometer von Kiew entfernt Teil der
       Landesverteidigungskräfte. Das berichtete er in einem Telefoninterview der
       Nachrichtenagentur Associated Press.
       
       Im olympischen Eiskanal hatte er noch ein selbst gebasteltes Schild mit der
       Aufschrift „No War in Ukraine“ in die TV-Kameras gehalten. Gefallen hat
       diese aufsehenerregende Aktion dem Internationalen Olympischen Komitee
       (IOC) nicht. Man sah zwar von einer Strafe wegen verbotener politischer
       Meinungsäußerung im Wettkampf ab, ermahnte ihn aber danach, dies nicht ein
       weiteres Mal zu tun.
       
       Nun stellt Heraskevych Forderungen an das IOC. Er hat wie viele andere
       Athleten aus der Ukraine und aus einem Dutzend anderer Länder einen Brief
       an die olympischen und paralympischen Funktionäre unterschrieben, indem
       diese aufgerufen werden, Russland und Belarus aus ihren Organisationen
       auszuschließen. Russlands Invasion in die Ukraine, die von Belarus
       unterstützt wurde, so heißt es in dem Brief, seien ein klarer Bruch der
       olympischen und paralympischen Charta. Der Ausschluss würde bedeuten, dass
       beide Länder an den am Freitag beginnenden Paralympischen Spielen in Peking
       nicht teilnehmen dürften.
       
       Der Deutsche Behindertensportverband will sich angesichts des Krieges in
       der Ukraine ebenfalls für einen Ausschluss der russischen Mannschaft
       einsetzen. Das hat Verbandspräsident Friedhelm Julius Beucher in einem
       Interview mit der Tageszeitung Die Welt angekündigt. „Ein Verbot der
       Teilnahme russischer Sportler hingegen könnte nach meiner Einschätzung das
       nationalistische Bewusstsein des Herrn Putin schon mehr berühren“, sagte
       Beucher.
       
       ## Polnische Kritik an der Fifa
       
       Im internationalen Fußball nehmen die Boykottdebatten gegenüber Russland
       derweil weiter Fahrt auf. Der Entschluss, den die Fifa am Sonntag getroffen
       hat, lediglich internationale Fußballspiele auf russischem Boden zu
       untersagen, einen Komplett-Ausschluss aber noch nicht ins Auge zu fassen,
       wird vielfach kritisiert. Wegen der „schändlichen Entscheidung“ der Fifa
       habe der polnische Verband einen Brief an alle Fußballverbände in Europa
       geschickt, twitterte Verbandspräsident Cezary Kulesza am Montag. Darin
       fordern die Polen die europäischen Fußball-Verbände auf, sich ihrem
       Spielboykott gegen Russland anzuschließen.
       
       Am Montagabend dann haben Fifa und die Europäische Fußballunion Uefa
       Russland wegen des Angriffs von allen Wettbewerben suspendiert.
       
       Zuvor hatten bereits mehrere Länder erklärt, nicht mehr gegen Russland
       antreten zu wollen. Neben den Gegnern bei den WM-Playoffs – Polen,
       Tschechien und Schweden – verkündeten auch die Fußballverbände von
       Dänemark, Norwegen und der Schweiz einen derartigen Schritt. Der Schweizer
       Fußballverband schrieb, „diese nicht verhandelbare Haltung des SFV“
       erstrecke sich „erforderlichenfalls explizit auch auf das erste Spiel der
       Frauen-Nationalmannschaft bei der EM in England am 9. Juli gegen Russland“.
       
       Am Montag gab der Fußball-Zweitligist Schalke 04 bekannt, [2][die
       Zusammenarbeit mit dem russischen Staatskonzern Gazprom], der als
       Hauptsponsor 15 Jahre lang das blau-weiße Trikot zierte, zu beenden. Das
       habe der Vorstand mit Zustimmung des Aufsichtsrats beschlossen.
       
       Weitere Informationen, auch über mögliche neue Sponsoren, gab der Club
       nicht bekannt, da man noch Gespräche mit dem Hauptsponsor führe. Gazprom
       ist der wichtigste Geldgeber des mit rund 200 Millionen Euro
       Verbindlichkeiten belasteten Traditionsklubs, der derzeit etwa 9 Millionen
       Euro pro Saison aus Russland erhält. Der Vertrag hat eine Laufzeit bis
       2025.
       
       Diesen für einen Zweitligaklub sehr hohen Betrag wird ein neuer Sponsor
       wohl kaum aufbringen können. Dennoch versicherte der Zweitligist: „Die
       vollständige finanzielle Handlungsfähigkeit des Vereins bleibt von dieser
       Entscheidung unberührt. Die Vereinsführung ist zuversichtlich, zeitnah
       einen neuen Partner präsentieren zu können.“ (mit dpa)
       
       28 Feb 2022
       
       ## LINKS
       
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   DIR [2] /Schalke-04-und-sein-russischer-Sponsor/!5835068
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Johannes Kopp
       
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