# taz.de -- Längere Laufzeiten für AKWs: Habecks notwendiger Tabubruch
> Die Abhängigkeit vom russischen Gas macht eine offene Debatte über eine
> Laufzeitverlängerung der AKWs zwingend. Trotz aller Risiken.
IMG Bild: Noch ist es aktiv und könnte es auch länger bleiben: Kernkraftwerk Isar 2
Nun hat er es also getan. Als erster Grüner hat Wirtschafts- und
Klimaminister [1][Robert Habeck offen eine Laufzeitverlängerung der drei
verbliebenen AKWs ins Gespräch gebracht]. Zwar sagt er noch einschränkend,
dies sei technisch wahrscheinlich nicht möglich und es gebe zudem
Sicherheitsbedenken. Entscheidend sind aber zwei Punkte: Erstens betont
Habeck, er würde die Möglichkeit „nicht ideologisch abwehren“. Zweitens
beruhen seine Bedenken auf einer „Vorprüfung“ seines Ministeriums. Eine
Prüfung steht noch aus.
Man sollte sich also nicht länger etwas vormachen: Unter dem Eindruck des
Ukrainekrieges ist auch das Tabu Atomkraft gebrochen, die Debatte läuft.
Und kaum ist ein wenig politischer Wille zu erkennen, [2][bröckelt auch die
Behauptung der AKW-Betreiber, dass eine Laufzeitverlängerung technisch
unmöglich sei.] Diese radikale Wende ist für alle, die sich jahrzehntelang
AKWs entgegengestemmt haben, schwer erträglich.
Denn es stimmt ja, dass die Frage des Atommülls ungelöst ist und die
Atomkraft eine Hochrisikotechnologie ist. Doch alle Risiken müssen
angesichts des Kriegszustands in einem europäischen Land zusätzlich zu der
Dramatik des Klimawandels neu abgewogen werden. Habecks Tabubruch ist
deshalb richtig, sogar notwendig.
Deutschland sollte nicht länger eine imperialistische Diktatur
mitfinanzieren, die die europäische Friedensordnung über den Haufen
schießt. Die Abhängigkeit von russischen Rohstoffen ist aber derzeit zu
groß, um dankend zu verzichten. Es besteht die reale Gefahr, dass die
Versorgungssicherheit gefährdet ist. In dieser Lage kann es kein kluger
Schachzug sein, auf eine bereits vorhandene Energiequelle wie die Atomkraft
zu verzichten.
Die [3][Energiewende braucht Zeit, und die haben wir derzeit nicht]. Die
Erneuerbaren sollen durch Gaskraftwerke als Brückentechnologie abgesichert
werden. Aber kann das nun überhaupt noch funktionieren? Es gehört jetzt
alles auf den Prüfstand, denn die neue Realität braucht neue Antworten.
1 Mar 2022
## LINKS
DIR [1] https://www.youtube.com/watch?v=29IFT8cLTGQ
DIR [2] https://www.welt.de/wirtschaft/plus237203801/AKW-Atomkraftwerke-doch-nicht-abschalten-So-ginge-es-ohne-russisches-Gas.html
DIR [3] /Brueckenenergie-und-Erderwaermung/!5825281
## AUTOREN
DIR Silke Mertins
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