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       # taz.de -- Längere Laufzeiten der AKWs: Es bleibt eine Phantomdebatte
       
       > Die letzten Atommeiler länger am Netz? Das ist weder wünschenswert noch
       > umsetzbar. Und es würde die Abhängigkeit vom russischen Gas kaum
       > verringern.
       
   IMG Bild: Das Kernkraftwerk Isar 2 in Landshut soll Ende 2022 abgeschaltet werden
       
       Wirklich überraschend kommt die Debatte nicht: Die Befürworter der
       Atomkraft [1][nutzen nun auch den Krieg in der Ukraine], um den deutschen
       Atomausstieg infrage zu stellen. Und tatsächlich mag es auf den ersten
       Blick ja sinnvoll erscheinen, die verbliebenen deutschen AKWs länger laufen
       zu lassen, um weniger Gas aus Russland nutzen zu müssen. Doch bei genauerer
       Betrachtung ist diese Option weder umsetzbar noch wünschenswert.
       
       Zum einen ist eine deutliche Verlängerung der Laufzeiten kurzfristig
       schlicht nicht möglich. Die Reaktoren sind aufgrund der geplanten
       Stilllegung so gefahren worden, dass am Jahresende der gesamte
       Kernbrennstoff verbraucht sein wird – und eine komplette Neubefüllung hat
       einen Vorlauf von mindestens zwei Jahren.
       
       Zudem ist aufgrund des absehbaren Betriebsendes zuletzt auf die eigentlich
       fälligen umfassenden Sicherheitsüberprüfungen verzichtet worden. Der
       Weiterbetrieb würde somit ein erhebliches Risiko darstellen, weswegen die
       für die Reaktorsicherheit zuständige Umweltministerin dies bereits
       abgelehnt hat.
       
       Zum anderen würde eine längere AKW-Laufzeit die Abhängigkeit von russischem
       Gas kaum verringern. Denn nur rund 15 Prozent des in Deutschland genutzten
       Erdgases werden in Gaskraftwerken genutzt. Und auch diese könnten
       keineswegs komplett durch AKWs ersetzt werden, denn die meisten
       Gaskraftwerke produzieren im Gegensatz zu den verbliebenen deutschen
       Reaktoren neben Strom auch Fernwärme für Wohnungen und Gewerbe.
       
       Die Forderung nach längeren Atom-Laufzeiten bleibt damit [2][eine
       Phantomdebatte], die mit der Wirklichkeit wenig zu tun hat. Wer die
       Abhängigkeit von russischem Erdgas tatsächlich relevant verringern will,
       muss anderswo ansetzen: [3][beim schnellen Austausch von Gasheizungen], in
       denen ein Drittel des Erdgases verbrannt wird, und bei der Umstellung von
       Industrieprozessen, für die ein weiteres Drittel genutzt wird. Doch dazu
       ist von den angeblich um die Gasversorgung besorgten Atomfreunden wenig zu
       hören.
       
       2 Mar 2022
       
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