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       # taz.de -- Nachrichten zur Coronakrise: Anlauf für Ü50-Impfpflicht
       
       > Abgeordnete haben einen Gesetzesentwurf vorgelegt, der nur ältere
       > Menschen zur Impfung verpflichten würde. Österreich und die Schweiz
       > kippen fast alle Coronaregeln.
       
   IMG Bild: Wären laut FDP-Initiative impfpflichtig: Über-50-Jährige wie Karl Lauterbach und Lothar Wieler
       
       ## Schweiz und Österreich kippen viele Coronaregeln
       
       Die südlichen Nachbarstaaten Österreich und Schweiz werfen angesichts
       sinkender Corona-Zahlen die meisten Schutzmaßnahmen über Bord. Die Schweiz
       kehrt schon an diesem Donnerstag weitgehend zur Normalität zurück, in
       Österreich sollen die meisten Einschränkungen bis 5. März fallen. In beiden
       Ländern soll lediglich die Maskenpflicht in einigen Bereichen vorerst
       weiter gelten. Österreich hält an der in Kraft getretenen Impfpflicht aber
       fest.
       
       „Wir haben die Pandemie noch nicht überwunden“, mahnte Bundeskanzler Karl
       Nehammer (ÖVP) in Wien. Angesichts der stabilen Lage in den Kliniken seien
       die Öffnungsschritte aber möglich. Auch die Schweizer verwiesen darauf,
       dass eine Überlastung des Gesundheitssystems trotz der weiterhin hohen
       Viruszirkulation unwahrscheinlich sei. „Wir hoffen, dass dies der
       endgültige Ausstieg aus der Krise sein wird“, sagte Gesundheitsminister
       Alain Berset.
       
       In der Schweiz können Geimpfte sowie Ungeimpfte nun wieder ohne Maske und
       Corona-Ausweis in Restaurants, Läden, Kulturbetriebe und
       Freizeiteinrichtungen. Es gibt auch keine Einschränkungen mehr für private
       Treffen und die Homeoffice-Empfehlung wird aufgehoben. Einzig in Bus und
       Bahn sowie in Gesundheitseinrichtungen bleibt es vorerst bei der
       Maskenpflicht. In Alters- und Pflegeheimen müssen aber nur das Personal und
       Besucher Maske tragen, nicht die Bewohnerinnen und Bewohner. Für
       Einreisende gibt es keine Auflagen mehr: Es muss weder eine Impfung noch
       eine Genesung oder ein negativer Test nachgewiesen werden.
       
       In Österreich sind ab 5. März wieder Veranstaltungen ohne Einschränkungen
       möglich. Die Sperrstunde soll fallen und gastronomisches Angebot in der
       Nacht wieder erlaubt sein. Bereits ab 19. Februar soll zudem in der
       Gastronomie, bei Veranstaltungen, in Seilbahnen und in Sportstätten statt
       der 2G- wieder die 3G-Regel gelten, sagte Gesundheitsminister Wolfgang
       Mückstein (Grüne). Auch die Einreise werde deutlich erleichtert mit der
       dann geltenden 3G-Regel für Geimpfte, Genesene und Getestete. Möglich sei
       jetzt „ein würdiges Frühlingserwachen aus einem eingefahrenen Krisenmodus“.
       
       Die Lage könne sich im Herbst aber wieder verschärfen, warnte Mückstein.
       Deshalb müsse der Sommer fürs Impfen genutzt werden. Die Impfpflicht stehe
       nicht zur Disposition. Aktuell liegt die Quote derjenigen mit Grundschutz,
       für den meist zwei Spritzen nötig sind, bei 70 Prozent. In der Schweiz
       waren es zuletzt knapp 69 Prozent.
       
       In beiden Nachbarländern sind die Infektionszahlen deutlich höher als in
       Deutschland. In Österreich lag die Sieben-Tage-Inzidenz zuletzt bei rund
       2500 Neuinfektionen pro 100 000 Einwohner. In Deutschland waren es etwa
       1400. In der Schweiz wird nur die 14-Tage-Inzidenz erhoben, die am Mittwoch
       mit gut 4450 angegeben wurde. (dpa)
       
       ## Dritter möglicher Gesetzentwurf zu Impfpflicht
       
       Mit dem Gesetzesentwurf für die mögliche Einführung einer Impfpflicht ab 50
       Jahren liegt die dritte ausformulierte Position einer Abgeordnetengruppe zu
       dem umstrittenen Thema vor. Zunächst sollen der Gruppe um den
       FDP-Abgeordneten Andrew Ullmann zufolge alle noch nicht geimpften oder
       genesenen Personen ab 18 verpflichtend beraten werden. Dann soll eine
       Impfpflicht für Personen ab 50 Jahren eingeführt werden – aber nur „unter
       Vorbehalt einer Bewertung der Situation im Herbst 2022“, heißt es in dem am
       Mittwoch in Berlin vorgestellten Entwurf.
       
       Der Entwurf soll ebenso wie ein Entwurf für eine Impfpflicht ab 18 sowie
       ein Antrag gegen eine Impfpflicht ohne Fraktionszwang im Bundestag beraten
       werden. Die Unionsfraktion hatte zudem einen eigenen Antrag vorgelegt, der
       zunächst nur ein Impfregister vorsieht und dann einen Stufenplan mit einer
       möglichen Impfpflicht für bestimmte Gruppen je nach Pandemielage.
       
       SPD-Fraktionschef Rolf Mützenich hatte sich am Vortag sicher über eine
       Entscheidung vor Ostern gezeigt. Im Januar sagte Mützenich noch, das
       Verfahren werde im März abgeschlossen. Beobachter zweifeln daran, dass
       einer der Anträge eine Mehrheit bekommt. Bundeskanzler Olaf Scholz und
       Gesundheitsminister Karl Lauterbach (beide SPD) sind für eine allgemeine
       Impfpflicht. Hintergrund ist, dass damit eine neue Corona-Welle im Herbst
       verhindert werden soll.
       
       Der Entwurf der Gruppe um Ullmann sieht vor, dass alle Erwachsenen von
       ihren Krankenkassen über Beratungs- und Impfmöglichkeiten informiert
       werden. „Bis zum 15. September 2022 müssen diese Personen entweder über
       einen Impf- oder Genesenennachweis oder über den Nachweis über die
       Inanspruchnahme einer ärztlichen Impfberatung verfügen“, so der Entwurf.
       Ebenfalls ab 15. September soll der Bundestag dann festlegen können, dass
       Menschen ab 50 über einen Impf- oder Genesenennachweis verfügen müssen.
       
       Mehrere Mitunterzeichnerinnen und -unterzeichner betonten ihre Expertise
       aufgrund von Gesundheitsberufen und ihre Herkunft aus Ländern mit vielen
       Impfgegnern oder -skeptikern. Sie hätten vor Augen, dass eine Impfpflicht
       auch in Regionen mit niedrigen Impfquoten umsetzbar sein müsse, sagte die
       Abgeordnete Paula Piechotta (Grüne).
       
       Ullmann verteidigte die etwas spätere Vorlage des Entwurfs im Vergleich zum
       Entwurf für eine Impfpflicht ab 18. Dieser war am Freitag vorgestellt
       worden. Das Bundesgesundheitsministerium habe früh mitgearbeitet, es habe
       keine Verzögerungen gegeben, aber Gründlichkeit gehe vor Schnelligkeit,
       sagte der FDP-Politiker.
       
       Auch die Gruppe für die Impfpflicht ab 18 will, dass zunächst die
       Krankenkassen alle Erwachsenen über Beratungs- und Impfmöglichkeiten
       informieren. Wer noch nicht geimpft ist, soll ihrer Vorstellung nach aber
       drei Impfungen brauchen oder infiziert gewesen sein. „Wer am 1. Oktober
       nicht vollständig geimpft ist, muss mit einem Bußgeld rechnen“, heißt es in
       ihrem Entwurf.
       
       In einem ebenfalls vorliegenden Antrag gegen die Impfpflicht von
       Abgeordneten um Wolfgang Kubicki (FDP) hingegen heißt es, der Bundestag
       solle feststellen, „dass es in der Bundesrepublik Deutschland keine
       allgemeine Impfpflicht gegen SARS-CoV-2 geben wird“.
       
       Diese Parlamentarier wollen dennoch zugleich den Appell an die Bevölkerung
       richten, „dass sich weiter möglichst viele Menschen bestmöglich gegen
       COVID-19 schützen, indem sie die empfohlenen Angebote einer
       Coronaschutzimpfung wahrnehmen“. Der zur Ullmann-Gruppe zählende
       FDP-Abgeordnete Konstantin Kuhle betonte daher, dass deren Hand gegenüber
       der Kubicki-Gruppe ausgestreckt sei. Die Kolleginnen und Kollegen sollten
       sich noch einmal überlegen, ob sie nicht die Impfpflicht ab 50 unter
       Vorbehalt mittragen könnten. (dpa)
       
       ## Lauterbach will selbst über Genesenenstatus entscheiden
       
       Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) will dem
       Robert-Koch-Institut (RKI) die Kompetenz über den Genesenenstatus
       entziehen. „Über tiefgreifende Entscheidungen wie etwa den Genesenenstatus
       möchte ich selbst und direkt entscheiden. Sonst trage ich die politische
       Verantwortung für das Handeln anderer“, sagt Lauterbach der Zeitung „Bild“.
       In der Öffentlichkeit hatte für Kritik gesorgt, dass das RKI [1][jüngst
       sehr kurzfristig den Genesenenstatus von sechs auf drei Monate verkürzt
       hatte.] (rtr)
       
       ## Vor der Bund-Länder-Runde
       
       Vor der [2][Ministerpräsidentenkonferenz (MPK) zur Corona-Lage] hat der
       nordrhein-westfälische Ministerpräsident Hendrik Wüst vor übereilten
       Lockerungen gewarnt und ein schrittweises Zurückfahren der Maßnahmen
       angemahnt. „Wir brauchen die Stufen, wir sollten nicht hopplahopp alles
       über Bord werfen, was sich in den letzten Monaten als Schutzmechanismus
       bewährt hat“, sagt der CDU-Politiker und MPK-Vorsitzende im
       Deutschlandfunk. Der Basisschutz – Maske, Abstand, Hygieneregeln, Tests –
       werde gebraucht. „Wir sollten uns auch zwischen den Stufen immer mal 14
       Tage Zeit nehmen und in beide Richtungen schauen, ob es gelingt oder ob es
       eben auch nicht gelungen ist, ob man vorsichtiger sein muss.“
       
       Wüst sprach sich zudem dafür aus, dass über den Genesenenstatus künftig der
       Bundesrat und nicht allein Gesundheitsminister Karl Lauterbach entscheiden
       solle. „Denn die Länder müssen es am Ende exekutieren und da hat es sich
       bewährt, dass man darüber auch vorher gemeinsam spricht.“
       
       Thüringens Ministerpräsident Bodo Ramelow (Linke) plädiert im Vorfeld der
       Ministerpräsidentenkonferenz dafür, die Sonderregeln des
       Infektionsschutzgesetzes nach dem 19. März zu beenden. „Mit den
       Sonderregeln sollte man Schluss machen“, sagt Ramelow dem
       Redaktionsnetzwerk Deutschland (RND/Mittwoch).
       
       Das bedeute aber nicht, dass der Kampf gegen die Corona-Pandemie damit
       beendet sei, sondern lediglich, dass man das Gesetz „entschlacken“ müsse.
       „Ich erwarte verallgemeinerungsfähige Regeln, die deutschlandweit
       einheitlich gelten. Außerdem müssen diese Regeln widerspruchsfrei sein. Wer
       3G im Einzelhandel abschaffen und durch das Tragen von Masken ersetzen
       möchte, der muss dafür die Voraussetzungen schaffen.“(rtr)
       
       ## Sieben-Tage-Inzidenz sinkt weiter
       
       Das Robert-Koch-Institut (RKI) meldet 219.972 Positiv-Tests binnen 24
       Stunden. Das sind 14.278 Fälle weniger als am Mittwoch vor einer Woche, als
       234.250 Neuinfektionen gemeldet wurden. Die bundesweite
       Sieben-Tage-Inzidenz sinkt auf 1401,0 von 1437,5 am Vortag.
       
       247 Menschen starben im Zusammenhang mit dem Virus. Damit erhöht sich die
       Zahl der gemeldeten Todesfälle auf 120.467. Insgesamt fielen in Deutschland
       bislang mehr als 12,8 Millionen Corona-Tests positiv aus. (rtr)
       
       16 Feb 2022
       
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