URI: 
       # taz.de -- Antiterroreinsatz in Mali wird beendet: Frankreich zieht sich zurück
       
       > Präsident Macron verkündet das Ende der Antiterroreinsätze. Nun steht die
       > Zukunft der EU- und UN-Missionen in Frage.
       
   IMG Bild: Französische Soldaten beim Rückflug nach einem Einsatz in Mali im Juni 2021
       
       Berlin taz | Nach neun Jahren Krieg gegen islamistische Terrorgruppen zieht
       Frankreichs Armee aus Mali ab – jedoch nicht sehr weit. Die Mali-Einsätze
       der französischen Antiterroroperation „Barkhane“ sowie der französisch
       geführte europäische Spezialkräfteeinsatz „Takuba“ würden enden, verkündete
       Frankreichs Präsident Emmanuel Macron am Donnerstag in Paris nach
       Beratungen mit europäischen und afrikanischen Verbündeten. Doch würden
       französische Truppen in der Region präsent bleiben. „Barkhane wird
       fortgesetzt“, stellte kurz nach Macron der Sprecher des französischen
       Generalstabs, Pascal Ianni, klar.
       
       Die uneindeutige Kommunikation deutet auf Konfusion hin. Eigentlich schützt
       Frankreich Mali seit 2013 [1][mit mehreren tausend Soldaten vor
       islamistischen Terrorgruppen]. Doch dieser Einsatz, der seit 2014 unter dem
       Namen „Barkhane“ formiert und seit einigen Jahren durch die Task Force
       „Takuba“ aus Spezialkräften ergänzt wird, konnte nicht verhindern, dass
       terroristische Gruppen ihre Angriffe verstärkten und sich auch nach Niger
       und Burkina Faso ausbreiteten. Als dann 2020 Malis Militär putschte und
       2021 Putschführer Oberst Assimi Goïta Präsident wurde, hatte Paris in Malis
       Hauptstadt Bamako keinen legitimen Partner mehr. Vor vier Wochen putschte
       das Militär auch in Burkina Faso.
       
       Die Erklärung des Elysée-Palasts, aus Mali abzuziehen, war daher erwartet
       worden. Jedoch ist sie uneindeutig formuliert: „Wegen der vielfachen
       Obstruktionen der malischen Übergangsbehörden finden Kanada und die
       europäischen Staaten, die mit der Operation „Barkhane“ und in der Task
       Force „Takuba“ operieren, dass die politischen, operativen und rechtlichen
       Grundlagen für eine wirksame Fortsetzung ihres aktuellen militärischen
       Engagements im Kampf gegen den Terror in Mali nicht mehr gegeben sind. Sie
       haben daher beschlossen, den koordinierten Rückzug ihrer für diese
       Operationen bestimmten militärischen Mittel vom malischen Staatsgebiet
       einzuleiten.“ Von einem Abzug Frankreichs ist in der Erklärung gar nicht
       ausdrücklich die Rede, auch nicht von einem Ende der Operation „Barkhane“.
       
       Klarer wurde Emmanuel Macron auf seiner Pressekonferenz: „Frankreich und
       seine Partner im Kampf gegen den Terror, also die Teilnehmerstaaten an der
       Task Force ‚Takuba‘, haben beschlossen, ihre Militärpräsenz aus Mali
       abzuziehen“, sagte der Präsident. „Wir können nicht länger militärisch an
       der Seite von De-Facto-Machthabern engagiert bleiben, deren Strategien und
       verdeckte Ziele wir nicht teilen.“ In Zukunft müsse die Terrorbekämpfung in
       der Sahelregion verstärkt die Zivilbevölkerung einbeziehen sowie die
       Küstenstaaten der Region, von Senegal bis Benin.
       
       ## Was verbirgt sich hinter dem groß inszenierten Rückzug?
       
       Konkret sollen die drei verbliebenen französischen Militärbasen in Mali
       geschlossen werden: Gao, wo auch das deutsche UN-Kontingent steht, Menaka
       nordöstlich und Gossi südwestlich von Gao. Die Basen in Kidal und Timbuktu
       sind bereits geräumt. Es bleibt das Hauptquartier in Nigers Hauptstadtr
       Niamey, dazu Frankreichs Luftwaffenbasis in Tschads Hauptstadt N’djamena
       und die französische Militärinfrastruktur in Senegal und der
       Elfenbeinküste.
       
       Die Operation „Barkhane“ hatte im Jahr 2020 mit 5.500 Soldaten ihre
       Höchststärke erreicht. Heute sind es noch 4.300, davon 2.400 in Mali.
       Innerhalb der nächsten vier bis sechs Monate sollen aus Mali 2.200 Soldaten
       abgezogen werden und insgesamt „2.500 bis 3.000“ übrig bleiben, erklärte
       Frankreichs Generalstab.
       
       Geografisch ist der Abzug aus Mali nur ein kleiner Schritt. Die meisten
       Eingreiftruppen stehen in Mali nahe der Grenze zu Niger. Sie sollen nun
       stattdessen in Niger nahe der Grenze zu Mali stehen. Verbirgt sich hinter
       dem groß inszenierten Rückzug also nur eine Truppenverlagerung?
       
       Es scheint noch unklar zu sein, ob Macron eine militärische Niederlage zu
       einem strategischen Rückzug umdeutet oder ob umgekehrt der Rückzug nur
       Show ist und man eigentlich weitermacht wie vorher, nur eben weniger
       sichtbar. Die größte offene Frage ist die, ob und wie französische Truppen
       in Zukunft aus Niger heraus in Mali intervenieren sollen.
       
       ## Neue Lage bedeute ein „völlig verändertes Bundeswehr-Mandat“
       
       [2][Für die Bundeswehr stellen sich andere Fragen]. Mit gut 1.000 Soldaten
       ist sie an der UN-Mission in Mali (Minusma) beteiligt, mit rund 300 an der
       EU-Trainingsmission EUTM Mali. Die beiden Missionen verlassen sich bisher
       auf französische Logistik und auf den Schutz durch Frankreichs
       Kampfhubschrauber. Solange der französische Abzug im Gange ist, bleibt dies
       laut Paris gewährleistet. Aber danach? Minusma-Sprecher Olivier Salgado
       sagte, der französische Rückzug habe „zwangsläufig eine Auswirkung“ und die
       UN-Mission müsse sich „anpassen“. EU-Chef-Außenpolitiker Josep Borrell
       sagte, man prüfe bereits, „unter welchen Bedingungen wir die Möglichkeit
       ins Auge fassen können, unsere Arbeit fortzusetzen oder auch nicht“.
       
       Deutschland muss demnächst Vorlagen für eine Verlängerung der Ende Mai
       auslaufenden Bundestagsmandate für die Teilnahme der Bundeswehr an den UN-
       und EU-Missionen in Mali ausarbeiten. Bundesverteidigungsministerin
       Christine Lambrecht (SPD) sagte am Donnerstag, sie sei „sehr skeptisch“,
       ob das Mandat für EUTM Mali aufrecht erhalten werden könne. Auch die
       Beteiligung an der UN-Mission stehe infrage. Die Vorsitzende
       des-Verteidigungsausschusses im Bundestag, Marie-Agnes Strack-Zimmermann
       (FDP), fragte, „wer die Fähigkeiten, [3][unsere Soldaten und Soldatinnen
       aus der Luft zu schützen], nun kompensiert“. Für den Wegfall Frankreichs
       müsse „dringend eine Lösung“ gefunden werden, bestätigte Lambrecht und
       warnte, die neue Lage bedeute für die Bundeswehr „ein völlig verändertes
       Mandat“.
       
       17 Feb 2022
       
       ## LINKS
       
   DIR [1] /Extremismus-in-Westafrika/!5820956
   DIR [2] /Auslandseinsaetze-der-Bundeswehr/!5831133
   DIR [3] /Mali-stoppt-Bundeswehrflug/!5825853
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Dominic Johnson
   DIR François Misser
       
       ## TAGS
       
   DIR Mali
   DIR Schwerpunkt Frankreich
   DIR Antiterrorkampf
   DIR Schwerpunkt Emmanuel Macron
   DIR Benin
   DIR Annalena Baerbock
   DIR Mali
   DIR Entwicklungszusammenarbeit
   DIR Mali
   DIR Mali
   DIR Mali
       
       ## ARTIKEL ZUM THEMA
       
   DIR Macrons Westafrika-Reise: Frankreichs alte Scheinheiligkeit
       
       Beim Besuch in den westafrikanischen Ex-Kolonien sucht Frankreichs
       Präsident Macron nach Verbündeten gegen Putin. Menschenrechte kümmern ihn
       wenig.
       
   DIR Emmanuel Macron in Westafrika: Besuch zwischen Krise und Kultur
       
       Frankreichs Präsident Macron sagt Benin Unterstützung gegen den Terrorismus
       zu. Zudem unterstützt er die Rückgabe von Raubkunst.
       
   DIR UN-Stabilisierungsmission für Mali: Baerbock will Minusma erhalten
       
       Zu Besuch in Mali hält Außenministerin Annalena Baerbock an der
       UN-Stabilisierungsmission fest. Sie schaffe einen „gewissen Grad“ an
       Sicherheit.
       
   DIR Mehr als 200 Tote bei Armeeeinsatz: Blutbad in Mali
       
       In einem von Islamisten kontrollierten Ort hat Malis Armee mehr als 200
       Menschen umgebracht. Sie selbst hält die Opfer für „Terroristen“.
       
   DIR EU-Afrika-Treffen in Brüssel: Afrika etwas zurückgeben
       
       Die Zukunft hier hängt auch von Frieden und Wachstum in Afrika ab. Die EU
       sollte ihre zahlreichen Versprechen an den Kontinent einlösen.
       
   DIR Antiterroreinsatz wird beendet: Frankreich zieht aus Mali ab
       
       Präsident Macron verkündet das Ende der Antiterroroperationen Barkhane und
       Takuba in Mali. In der Region will Frankreich aber präsent bleiben.
       
   DIR Soziologe über Sanktionen gegen Mali: „Die Lage verschlechtert sich“
       
       Mohamed Amara rechnet mit einer Verschärfung der Krise in Mali. Jenseits
       von Wahlen brauche das Land einen Generationswechsel.
       
   DIR Sanktionen gegen Mali: Wenn es die Falschen trifft
       
       Internationale Strafmaßnahmen sollen Druck auf Malis Militärregime ausüben.
       Doch die Folgen bekommt vor allem die Bevölkerung zu spüren.