# taz.de -- Debatte um Martenstein-Kolumne: Journalist bleibt bei Holtzbrinck
> Harald Martenstein kündigt seinen Abschied vom „Tagesspiegel“ an. Zuvor
> hatte die Chefredaktion nachträglich eine seiner Kolumnen gelöscht.
IMG Bild: Im Martenstein-Sound sei das Tragen des gelben Sterns „sicher nicht antisemitisch“
Berlin taz | Der Journalist Harald Martenstein hat nach der Depublizierung
einer seiner Texte durch die Chefredaktion des Tagesspiegel seinen
[1][Abschied als Kolumnist der Berliner Regionalzeitung angekündigt.] In
einem in der Sonntagsausgabe des Tagesspiegel erschienenem Text schreibt
Martenstein, „dies ist meine letzte Kolumne für diese Zeitung“ und „Wer
meinen Sound gemocht hat, sollte regelmäßig die Wochenzeitung DIE ZEIT
aufschlagen, dort findet man mich im Magazin“. Die Zeit gehört wie der
Tagesspiegel zum Holtzbrinck-Konzern.
Die Chefredaktion des Tagesspiegel hatte nach Kritik an einer Kolumne
Martensteins vom 6. Februar diese offline genommen. Nach Gesprächen mit
„Kolleginnen und Kollegen, mit Wissenschaftlern und Betroffenen“ und
„selbstverständlich auch mit dem Autor“ sei man zu dem Schluss gekommen,
„dass wir diese Kolumne so nicht hätten veröffentlichen sollen“.
Die Kolumne war wie stets auf Seite 1 des Tagesspiegels und auch online
erschienen. Martenstein hatte geschrieben, das Tragen eines „Judensterns“
von Teilnehmern sogenannter Coronademos mit der Aufschrift „Ungeimpft“ sei
zwar „eine Anmaßung, auch eine Verharmlosung“ und „für die Überlebenden
schwer auszuhalten“, aber „sicher nicht antisemitisch“. Als Begründung
führte er an: Die Träger würden sich mit verfolgten Juden identifizieren.
In seiner Stellungnahme erklärt die Chefredaktion der Zeitung, es gehöre
zum Selbstverständnis des Tagesspiegels, ein breites Meinungsspektrum
abzubilden. Voraussetzung dafür sei aber, Standards der Redaktion
einzuhalten. Weiter heißt es in der Stellungnahme: „Wir verteidigen die
Meinungsfreiheit, sind uns aber deren Grenzen bewusst. Dabei gilt: Nicht
alles, was rechtlich betrachtet gesagt werden darf, ist dem Ton des
Tagesspiegels angemessen.“ Man orientiere sich an Rationalität mehr als an
Emotionalität und bleibe menschlich respektvoll. Alle Texte, die im
Tagesspiegel veröffentlicht werden, müssten diesen Kriterien gerecht
werden.
Unter anderen [2][hatte die Jüdische Allgemeine Martenstein kritisiert] und
geschrieben: „Es waren die Nazis, die Juden dazu zwangen, den gelben Stern
zu tragen, und nicht die Juden, die sich aus Protest gegen die Politik der
Nazis den Aufnäher zulegten, damit beginnt bereits die verquere Logik der
Querdenker, die auch ein Kolumnist wie Martenstein erkennen müsste. Und mit
der Bagatellisierung und Relativierung des millionenfachen Vernichtungstods
geht es munter weiter – was, bitte schön, kann daran nicht antisemitisch
sein? (taz)
20 Feb 2022
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