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       # taz.de -- Proteste am Tagebau bei Lützerath: Gegen Braunkohle als Gasersatz
       
       > Umweltverbände warnen vor der Illusion, russisches Gas gegen Kohle
       > austauschen zu können. Nötig sei ein massiver Ausbau erneuerbarer
       > Energieträger.
       
   IMG Bild: Die Bundesregierung hält am Kohleausstieg fest
       
       Bochum taz | Umweltschutzverbände und Klimaschutzinitiativen halten nichts
       von Vorschlägen, [1][Energielieferungen aus Russland durch eine verstärkte
       Braunkohleverstromung] zu ersetzen. „Das ist eine vollkommene
       Geisterdebatte“, sagt Dirk Jansen, Geschäftsleiter des Umweltverbands BUND
       in Nordrhein-Westfalen. Von einer „Scheindebatte“ sprachen am Mittwoch auch
       Klimaschützer:innen bei einer Pressekonferenz im vom
       Braunkohle-Tagebau akut bedrohten Dorf Lützerath im Rheinischen
       Braunkohlerevier.
       
       Anlass der Warnungen sind Empfehlungen der Nationalen Akademie der
       Wissenschaften Leopoldina, [2][ausfallende Gaslieferungen aus Russland]
       durch „disponible Leistung aus heimischer Kohle“ zu ersetzen. Da die
       Förderung von Steinkohle in Deutschland Ende 2018 ausgelaufen ist, kann es
       dabei nur um den verstärkten Einsatz von Braunkohle gehen.
       
       Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) hatte am Dienstag dagegen
       erklärt, die Bundesregierung halte am geplanten Kohleausstieg fest. „Wir
       werden allerdings alle Kohlekraftwerke, die vom Netz gehen, in der Reserve
       halten“, schränkte Habeck jedoch ein. Vorerst werden Kohleblöcke damit wohl
       nicht vollständig stillgelegt oder gar abgerissen.
       
       Umweltschützer:innen warnen, Kohlekraftwerke könnten Gas nicht
       ersetzen. „Gas wird vor allem zum Heizen und für Industrieprozesse
       genutzt“, sagt BUND-Geschäftsleiter Jansen. 15 Prozent des in Deutschland
       verbrauchten Gases gingen in hocheffiziente Kraftwerke, die neben Strom
       auch Heizwärme lieferten.
       
       ## Kaum Wärme aus Kohle
       
       Kohlekraftwerke etwa im Rheinischen Revier zwischen Köln und Aachen
       lieferten dagegen kaum Fernwärme. Denn die extrem klimaschädliche
       Braunkohle hat einen Wassergehalt von mehr als 50 Prozent. Ein Transport
       über längere Strecken lohnt nicht. Die Kraftwerke zur Verstromung stehen
       deshalb in unmittelbarer Nähe der Tagebaue und damit Dutzende Kilometer von
       Großstädten entfernt – ein nennenswertes Fernwärmenetz existiert nicht.
       
       Sinnlos sei aber auch, verstärkt Steinkohle einsetzen zu wollen, warnt etwa
       Greenpeace: Aktuell bezieht Deutschland nicht nur 55 Prozent seines Gases,
       sondern auch 50 Prozent seiner Steinkohleimporte aus Russland.
       
       Stattdessen müssten die erneuerbaren Energieträger massiv ausgebaut werden,
       sagt nicht nur BUND-Mann Jansen – und zusätzlich müsse Energie gespart
       werden. „Der Energieverbrauch muss drastisch sinken“, forderten an der
       Tagebau-Abbruchkante auch Klimaaktivist:innen. So sei etwa ein Tempolimit
       auf Autobahnen überfällig.
       
       In Lützerath ist einer der riesigen Braunkohlebagger nur noch 119 Meter vom
       Dorf entfernt – obwohl die schwarz-gelbe Landesregierung 2021 eine
       Leitentscheidung verkündet hatte, die einen Mindestabstand von 400 Metern
       vorsieht. [3][Zusammen mit dem Lützerather Landwirt Eckardt Heukamp, der
       vor dem nordrhein-westfälischen Oberverwaltungsgericht gegen seine drohende
       Enteignung klagt], forderten auch Sprecher:innen von Fridays for Future
       oder der Initiative Lützerath lebt die Landesregierung auf, die Bagger des
       Tagebaubetreibers RWE wenigstens bis zur für Ende März angekündigten
       Urteilsverkündung zu stoppen.
       
       9 Mar 2022
       
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