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       # taz.de -- Absurde Coronaregeln in der NBA: Virus und Wirrnis
       
       > Basketballstar Kyrie Irving darf bei den Brooklyn Nets nicht mitspielen,
       > aber zusehen. Grund sind die absurden Regeln für Ungeimpfte in New York.
       
   IMG Bild: Konnte nur mit Kleidung auffallen: Bei den Heimspielen darf Kyrie Irving nicht mitmachen
       
       „Nichts schmerzlicher kann den Menschen geschehn, als das Absurde
       verkörpert zu sehn“, sagt Goethe, und in Brooklyn ist das Absurde 1,89
       Meter groß, 87 Kilogramm schwer, schwarz und verdient 33 Millionen Dollar
       im Jahr. Es trägt den Namen Kyrie Irving. [1][Der Superstar der
       Basketballtruppe der Brooklyn Nets ist ungeimpft], was in New York City in
       bestimmten Bereichen noch immer den Unterschied macht. Immerhin: Der
       Aufbauspieler darf jetzt wieder in die Halle der Nets, ins Barclays Center.
       
       Also schaute er sich von den Rängen aus ein College-Spiel zwischen Duke und
       Virginia Tech an, und am Folgetag nahm er in der ersten Reihe Platz, um
       sein Team gegen die New York Knicks siegen zu sehen. Er trug einen
       auffälligen Mantel, die Reaktion des Publikums war eher gedämpft.
       
       Kyrie Irving durfte also, wie auch Sports Illustrated leicht verwundert
       feststellte, seine Aerosole in Zivilkluft verbreiten, in Sporthose aber
       nicht. „Es ist albern, oder?“, fragte das Magazin rhetorisch, um dem
       absurden Spiel dann doch seine Absolution zu erteilen. Bestraft wurden
       allerdings die Brooklyn Nets, weil Irving gegen das Coronaprotokoll in der
       Halbzeitpause verstieß und in der Umkleidekabine auftauchte. Den Verein
       kostet das eine Strafgebühr von 50.000 US-Dollar.
       
       Noch merkwürdiger als die Unterscheidung zwischen dem zuschauenden und
       spielenden Irving ist, dass es nur ihm, dem Angestellten eines
       ortsansässigen Unternehmens, untersagt ist, seinen Beruf in New York City
       auszuüben.
       
       ## Regel nur für Heimspieler
       
       Ungeimpfte Basketballspieler anderer Franchises, aus Utah oder Florida,
       dürfen hingegen auflaufen und ganz normal ihre Körbe versenken. Regel ist
       Regel, sagen die verantwortlichen Politiker in solchen Fällen, es gebe
       keine Ausnahmen für Profisportler, und so sieht es auch Eric Adams, seit
       Januar Bürgermeister der Stadt. Er zeichnet dafür verantwortlich, dass
       kürzlich 1.430 Angestellte der Stadt, die sich nicht gegen Corona haben
       impfen lassen, aus dem öffentlichen Dienst entfernt wurden. Adams’
       stupender Rat, dies zu verhindern: „Lassen Sie sich impfen!“
       
       Einiges ist in Big Apple erträglicher geworden: Die Schüler müssen in
       Schulen keine Masken mehr tragen. Ein Impfnachweis in Restaurants,
       Fitnessstudios und Arenen wie dem Barclays Center ist nicht mehr
       erforderlich.
       
       Aber anderswo hält man bärbeißig an den Maßnahmen fest, deren Inkonsistenz
       und Widersprüchlichkeit auch NBA-Chef Adam Silver aufgefallen sind. Er
       sagte: „Kurios ist für mich, dass die Regel nur für Heimspieler gilt. Wenn
       es in dieser Vorschrift letztendlich darum geht, die Menschen in der Arena
       zu schützen, macht es für mich einfach keinen Sinn, dass ein
       Auswärtsspieler, der nicht geimpft ist, im Barclays Center spielen kann,
       während der Heimspieler es nicht kann.“ Die Fraktion der
       Irving-Unterstützer wird lauter, und so meldete sich auch der zweite
       Superstar im Trikot der Nets, Kevin Durant, zu Wort.
       
       „Ich verstehe es nicht“, sagte Durant. „Ich habe einfach das Gefühl, dass
       jetzt jemand versucht, einen Punkt zu machen, um seine Autorität unter
       Beweis zu stellen. Jeder sucht nach Aufmerksamkeit, und das ist es, was der
       Bürgermeister jetzt will – etwas Aufmerksamkeit.“ Durant, der nach dem
       Abgang von James Harden zu den Philadelphia 76ers ausgesprochen
       spielfreudig ist und neulich gemeinsam mit Irving 64 Punkte in einem Spiel
       erzielte, hat ein vitales Interesse daran, dass sein kongenialer Kompagnon,
       der im Schnitt 25,9 Punkte erzielt (wenn er denn spielt), nicht nur
       auswärts auflaufen darf. Bald stehen die Playoffs an, und da will das Duo
       in alter Stärke zuschlagen, auch in Brooklyn.
       
       Selbst die Konkurrenz macht sich nun für den Wirbelwind stark, [2][allen
       voran LeBron James]. Als Reaktion auf einen Tweet, in dem Irvings
       Situation kritisiert wurde, ließ der Superstar der Los Angeles Lakers
       durchblicken, dass er das Verbot für Quatsch hält. In Versalien schrieb
       James: „FAKTEN FAKTEN FAKTEN!! Es macht buchstäblich ABSOLUT NULL SINN!!!“
       Seinen Tweet versah er mit dem Hashtag #FreeKyrie. Das Absurde rüttelt an
       der Realität, und manchmal verändert es sie sogar.
       
       15 Mar 2022
       
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