# taz.de -- Flüchtlingsaufnahme in Berlin: Zwei Schritte hinterher
> Berlin tut sich mit der Registrierung der Flüchtlinge aus der Ukraine
> schwer. Dabei ist sie wichtig für die Menschen und würde die Stadt
> entlasten.
IMG Bild: Flüchtlinge aus der Ukraine warten vor dem Ankunftszentrum in Berlin-Reinickendorf
BERLIN taz | In Berlin ankommende Flüchtlinge aus der Ukraine sollen bald
im neu geschaffenen Ankunftszentrum in Tegel registriert und von dort
bundesweit verteilt werden. Derzeit ist der ehemalige Flughafen eine
riesige Notunterkunft mit rund 500 Plätzen, die auf 2.500 bis 3.000
erweitert werden sollen. Nach Auskunft des Landesamts für
Flüchtlingsangelegenheiten (LAF) ist noch nicht klar, wann die Strukturen
für die Registrierung fertig werden. „In den kommenden Tagen“, hieß es
Montag von der Tegel Projekt GmBH, die bei den Vorbereitungen hilft.
Beim LAF wollte man sich allerdings nicht darauf festnageln lassen, dass
die Registrierung dort noch diese Woche losgeht. Es fehle an technischen
Voraussetzungen und Mitarbeiter*innen. Zusätzlich bereitet das LAF nach
eigener Aussage eine Online-Registrierung vor. Auch da ist der Start aber
noch unklar.
Dabei hängt viel daran: Denn die [1][Registrierung wäre ein Hebel, um
Flüchtlinge aus der Ukraine zügig auf andere Bundesländer zu verteilen].
Berlin könnte damit aus der derzeitigen Notlage herauskommen, täglich
kurzfristig teils nur für wenige Tage nutzbare neue Übernachtungsplätze
etwa in Veranstaltungsräumen wie dem Festsaal Kreuzberg schaffen zu müssen.
„Jeder Tag und jede Nacht ist ein [2][Wettlauf für die Ehrenamtlichen] und
die Hauptamtlichen“ zwischen dem Schaffen neuer Plätze und den neu
Ankommenden, sagte auch Sozialsenatorin Katja Kipping (Linke) am Montag im
RBB Inforadio. „Man hat das Gefühl, man muss jeden Tag ein bisschen
schneller laufen.“ Dabei sei dies erst der Anfang – man müsse sich auf
einen Marathon einstellen, so Kipping.
## Mehr als alle anderen Bundesländer zusammen
Die Senatorin hatte am Sonntag [3][bei einem Besuch in Tegel] auch betont,
dass Berlin derzeit mit 1.000 Menschen pro Nacht etwa so viele Flüchtlinge
unterbringe wie alle anderen Bundesländer zusammen. Aber auch dies hängt
mit der Registrierung zusammen: Denn nur bei nicht registrierten
Geflüchteten sei Berlin von freiwilligen Unterkunftszusagen anderer
Bundesländer abhängig, wie eine Sprecherin des LAF am Montag bestätigte.
Nach einer Registrierung hingegen werden die Flüchtlinge nach einem
Schlüssel auf die Länder verteilt, die sie dann auch unterbringen müssen.
Berlin müsste dann 5 bis 10 Prozent der Menschen aufnehmen. Diese würden
nicht komplett willkürlich verteilt: Bisherige Kontakte oder familiäre
Bindungen würden berücksichtigt.
„Die Registrierung sollte am zweiten Tag der Ankunft erfolgen“, fordert
Amei von Hülsen-Poensgen von der Initiative Willkommen im Westend. „Wenn
Berlin schneller registrieren würde, müsste das Land viel weniger Menschen
unterbringen.“ Das habe [4][München im Jahr 2015] gezeigt. Dort kam damals
ein [5][großer Teil der Flüchtlinge über die sogenannte Balkanroute] an.
„Sie bekamen ein Bett für eine Nacht und am nächsten Tag ging es weiter“,
sagt von Hülsen-Poensgen. Zurzeit seien die Behörden in Berlin über jede*n
froh, die/der privat untergebracht werde. Das seien schätzungsweise zwei
Drittel aller Ankommenden. „Das verlagert das Problem aber nur. Niemand
will wieder so ein Chaos wie 2015. Aber das Chaos ist zurzeit einfach
weniger sichtbar“, sagt sie.
Jetzt ist Berlin der Flaschenhals, denn derzeit [6][kommt ein großer Teil
der Flüchtlinge aus der Ukraine] hier an – einmal, weil Busse und Züge aus
Polen hier enden, zum anderen, weil viele der Geflüchteten zunächst die
Hauptstadt als Anlaufpunkt wählen. „Wenn Berlin erst sechs bis acht Wochen
nach Beginn des Krieges mit den Registrierungen beginnt, kommen wir in
einen riesigen Rückstau“, sagt von Hülsen-Poensgen. „Im schlimmsten Fall
werden Menschen weitergeschickt, wenn sie schon Kontakte aufgebaut haben
und die Kinder vielleicht sogar schon in die Schule gehen.“ Das sei unnötig
und „menschlich nicht tragbar“. „Wie kann ich guten Gewissens Ehrenamtliche
ermutigen, die Flüchtlinge zu begleiten, wenn noch gar nicht klar ist, ob
sie in Berlin bleiben?“
Auch bisher schon können Flüchtlinge aus der Ukraine freiwillig in andere
Bundesländer weiterreisen. Es habe sich unter ihnen auch bereits
herumgesprochen, dass es in kleineren Städten möglicherweise leichter sei,
berichtet von Hülsen-Poensgen. Wer schon in Berlin ist, kann sich derzeit
online einen Termin für die Registrierung reservieren. Allerdings waren am
Montagmittag alle Termine [7][bis etwa Mitte April bereits ausgebucht].
15 Mar 2022
## LINKS
DIR [1] /Ukraine-Kriegsfluechtlinge-in-Deutschland/!5840877
DIR [2] https://www.inforadio.de/rubriken/interviews/2022/03/14/katja-kapping-sozialsenatorin-gefluechtete-berlin-ukraine.html
DIR [3] /Neues-Ankunftszentrum-fuer-Gefluechtete/!5841030
DIR [4] /Gefluechtete-in-Muenchen/!5224445
DIR [5] /Fluchtweg-nach-Deutschland/!5227547
DIR [6] /Flucht-aus-der-Ukraine/!5836748
DIR [7] https://service.berlin.de/terminvereinbarung/termin/day/
## AUTOREN
DIR Uta Schleiermacher
## TAGS
DIR Schwerpunkt Krieg in der Ukraine
DIR Ukraine
DIR Flüchtlinge
DIR Berlin
DIR Schwerpunkt Rassismus
DIR Fluchtrouten
DIR Schwerpunkt Krieg in der Ukraine
DIR Flüchtlinge
DIR Schwerpunkt Krieg in der Ukraine
DIR Schwerpunkt Krieg in der Ukraine
DIR Schwerpunkt Krieg in der Ukraine
DIR Schwerpunkt Krieg in der Ukraine
DIR Schwerpunkt Krieg in der Ukraine
## ARTIKEL ZUM THEMA
DIR Berlins Regierende Bürgermeisterin: Instrumentalisierte Ukrainer:innen
Franziska Giffey lobt den Arbeitswillen ukrainischer Geflüchteter und
impliziert, andere Geflüchtete fragten zunächst nach Sozialleistungen.
Belege? Fakten? Nope.
DIR Essensversorgung für Flüchtlinge: Äpfel und Sandwichs reichen nicht
Die Freiwilligen vom Berliner Hauptbahnhof kritisieren die Versorgung durch
den Senat als mangelhaft. Es sollte rund um die Uhr warmes Essen geben.
DIR Willkommensklassen starten in Berlin: Platz für 2.000 Kinder
Die Schulen schaffen Raum für rund 250 zusätzliche Willkommensklassen für
geflüchtete Kinder aus der Ukraine. Personalsuche bleibt Knackpunkt.
DIR Flüchtlingsaufnahme in Berlin: Rund um die Uhr Betrieb
Im neu eingerichteten Ankunftszentrum Tegel sollen bald mehr als 10.000
geflüchtete Ukrainer*innen registriert werden – auch von Soldat*innen.
DIR Ukrainer:innen in Deutschland: Der Schlüssel zur Flüchtlingshilfe
Täglich kommen Tausende Ukrainer:innen in Großstädten wie Berlin und
Hamburg an. Nun sollen die Menschen auf die Länder verteilt werden.
DIR Senat erwartet viel mehr Flüchtlinge: Giffey: Erst am Beginn
Die Regierungschefin hält es aktuell nicht für nötig, den Katastrophenfall
auszurufen: Die jetzigen Möglichkeiten würden ausreichen.
DIR Flucht aus der Ukraine nach Rumänien: Das Schwierigste kommt noch
In Sighet kommen täglich etwa tausend Flüchtende über die
ukrainisch-rumänische Grenze. Politiker bitten Ministerin Schulze beim
Besuch um EU-Solidarität.
DIR Anrufer fragen nach Ukrainerinnen: „Die Gefahr eines Missbrauchs“
Private Initiativen bieten Schlafplätze für ukrainische Geflüchtete. Kai
Weber vom Flüchtlingsrat Niedersachsen hält wenig davon.
DIR Neues Ankunftszentrum für Geflüchtete: Tegel wird wieder Drehkreuz
Auf dem einstigen Flughafen Berlin-Tegel sollen künftig 10.000 Geflüchtete
pro Tag versorgt und verteilt werden können. Knackpunkt ist das Personal.
DIR Flüchtlinge aus der Ukraine: Die neue Bahnhofsmission
Freiwillige Helfer nehmen im Berliner Hauptbahnhof geflüchtete Menschen aus
der Ukraine in Empfang. Die kommen zunehmend mit Zügen aus Warschau an.