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       # taz.de -- Runderneuerte DFB-Führung: Reform ist nicht Chefsache
       
       > Die Wahl des DFB-Präsidenten Bernd Neuendorf steht im Schatten der
       > vermeintlichen Abwahl des Systems Rainer Koch. Ganz so einfach ist das
       > aber nicht.
       
   IMG Bild: Abgewählt und gewählt: Rainer Koch muss gehen, Bernd Neuendorf sitzt auf dem Chefposten
       
       Bernd Neuendorf selbst wird den systemisch so intriganten Deutschen
       Fußball-Bund, der zudem staatliche Ermittlungsbehörden zuverlässig
       beschäftigt, nicht erneuern können. Wie unbedeutend letztlich der
       Chefposten ist, konnte der 60-jährige Quereinsteiger bei seiner Wahl zum
       Präsidenten am Freitag beobachten. Denn ein viel größeres Echo als seine
       gut vorbereitete Kür zum Chef des weltweit größten Sportverbandes löste die
       unvorhersehbare Abwahl des Vize-Präsidenten Rainer Koch aus.
       
       Die Präsidentenwahl folgte [1][dem alten Muster der Vorababsprache des
       mächtigen Amateurlagers] im Verband. Zwar gab es mit Peter Peters
       ungewohnterweise einen Gegenkandidaten, dessen Chancenlosigkeit aber die
       Wahl fast zur Farce werden ließ. Mit Rainer Koch wurde aber vermeintlich
       mehr als eine Person abgewählt. Der Jurist aus München stand wie kein
       anderer für das undurchsichtige System der Strippenzieherei und
       Ränkespiele, auch weil alle Skandale im Verband seiner mächtigen Position
       im Verband nichts anhaben konnte und er sich danach stets die Hände in
       Unschuld wusch.
       
       Neuendorf reichte nach seiner Wahl am Freitag seine Hand auch Koch. „Ich
       bin auf euren Rat angewiesen“, sagte er ans Plenum gerichtet, als er noch
       mit dessen Wahl zum Vize rechnen musste. Wohl aus taktischem Kalkül hatte
       er sich im Wahlkampf nie gegen Koch gestellt.
       
       Und jahrelang hielten es die Mitglieder des DFB-Bundestages trotz aller
       verheerenden Verfehlungen der Führungsspitze nicht für ratsam, gegen Koch
       zu opponieren. Mit ihm ist nun nicht zugleich das System Koch abgeschafft
       worden. Im am Freitag gewählten 15-köpfigen DFB-Präsidium sitzen
       erfreulicherweise viele neue Gesichter, darunter fünf Frauen. Diejenigen,
       die Koch getragen haben, sind aber nicht ohne Einfluss geblieben.
       
       ## Demokratieverächter im DFB
       
       Die Stärke von Rainer Koch war stets das Spiel hinter den Kulissen. Ins
       Licht zerrten ihn erst Recherchen von Journalisten und Ermittlungen von
       Staatsanwaltschaften. Wobei letztere wegen Steuerhinterziehung eingestellt
       wurden. Im Zentrum der Aufmerksamkeit aber wirkt der sonst so wendige Koch
       linkisch und unbeholfen.
       
       Mit seiner Bewerbungsrede auf das DFB-Vizepräsidentenamt am Freitag stellte
       er das so eindrucksvoll wie nie zuvor unter Beweis. Er diskreditierte seine
       Gegenkandidatin Silke Sinning und bat die Mitglieder, die nicht für ihn
       stimmen wollten, doch wenigstens nicht an der Abstimmung teilzunehmen.
       Demokratie ist eben nichts für Demokratieverächter und davon gibt es einige
       beim DFB. Dass Koch dennoch dieser plumpe Versuch zum Verhängnis wurde,
       lässt auf einen Kulturwandel im Verband hoffen. Es geht eben nicht darum,
       wie der Altfunktionär propagierte, aufgerissene Gräben wieder zuzuschütten
       und die Reihen zu schließen. Einheitlichkeit ist kein Selbstzweck und
       Opposition kein Verrat.
       
       Die Beharrungskräfte sollten aber nicht unterschätzt werden. Der scheidende
       Schatzmeister Stephan Osnabrügge erhielt für seine Abschiedsrede reichlich
       Applaus, in der er maßgeblich diejenigen aus dem Verband, die Internes nach
       außen weitergaben, und Journalisten [2][für das miserable Bild des DFB]
       verantwortlich machte. Diese, so sein Vorwurf, hätten eine eigene
       politische Agenda und Staatsanwaltschaften instrumentalisiert. Das
       Zeitalter der Verschwörungstheorien ist auch im DFB angekommen.
       
       Der neuen DFB-Führung ist ein selbstkritischerer Umgang mit der eigenen
       Vergangenheit zu wünschen. Ein gut gesetztes Signal in diese Richtung wäre
       sicherlich, Rainer Koch, der auch am Freitag nichts zur Aufklärung der
       eigenen Fehler beitrug, nun seinen Sitz im Uefa-Exekutivrat zu entziehen.
       
       13 Mar 2022
       
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