# taz.de -- Pflegekräfte auf der Intensivstation: „Kollegen wie Zombies“
> Die Intensivpflegekräfte am Hamburger Universitätskrankenhaus sind
> dauerhaft überlastet. Für Freitag planen sie eine Kundgebung.
IMG Bild: Intensivpflege ist viel mehr, als das Überwachen von Vitalzeichen. Hier eine Pflegekraft in Kiel
Hamburg taz | Zeit, sich den Patient*innen wirklich zuzuwenden und mit
ihnen zu sprechen, gebe es am Hamburger Universitätsklinikum Eppendorf
(UKE) keine mehr. Nur noch traurig und schlecht sei die Arbeit, die die
Pflegekräfte noch leisten könnten. „Es gibt Kollegen, die sehen
mittlerweile aus wie Zombies.“ So beschreibt es eine Pflegekraft, die auf
einer Intensivstation des UKE arbeitet. Sie befürchtet Repressionen durch
ihren Arbeitgeber und möchte deshalb anonym bleiben.
In den letzten Monaten berichteten [1][die Intensivpflegekräfte der Klinik]
immer wieder von ihrer Überlastung. Das [2][Hamburger Bündnis für mehr
Personal im Krankenhaus] und die Ver.di-Betriebsgruppe UKE rufen nun am
Freitag um 14.30 Uhr zu einer Kundgebung vor dem Haupteingang der Klinik
auf, um erneut auf die Situation aufmerksam zu machen. „Mit Berichten von
Kolleg*innen aus der Pflege soll der Forderung nach einer spürbaren
Entlastung noch mehr Gehör verschafft werden“, heißt es in dem Aufruf.
Mit mehreren Briefen hatten sich die Pflegekräfte im vergangenen Jahr an
den Vorstand der Klinik gewandt, erstmals im August. Sie beschrieben den
Dauerstress ihrer Kolleg*innen, der dazu führe, dass Pflegekräfte kündigten
oder ihre Arbeitszeit reduzierten. Die adäquate Versorgung und Sicherheit
der Patient:innen könne nicht immer gewährleistet werden. Teilweise sei
eine Pflegekraft für vier schwerkranke Patient*innen zuständig,
schreiben die Pfleger*innen. Die Hygiene könne deshalb nicht immer
eingehalten werden, Grundpflege müsse manchmal entfallen und auch die
Einarbeitung neuer Kolleg*innen komme zu kurz.
Die Forderung der Pflegekräfte: Es braucht eine Entlastungsvereinbarung,
eine Pflegekraft soll auf der Intensivstation pro Schicht höchsten zwei
Patient*innen versorgen müssen.
## Pflegekräfte weigerten sich, einzuspringen
Weil das UKE aus ihrer Sicht aber nicht genug tat, um die Situation zu
verbessern, weigerten sich die Intensivpflegekräfte dann eine Zeit lang, an
ihren freien Tagen einzuspringen, wenn eine Kolleg*in für einen Dienst
ausfiel.
Wie schon in der Vergangenheit heißt es aus der Pressestelle des UKE auch
jetzt, dass man sich mit den Beteiligten in Gesprächen befinde, auch zum
Thema Entlastung. In Gesprächen werde man auch weiterhin „Lösungen
erarbeiten, um die Wünsche der Mitarbeitenden und die betrieblichen Aspekte
in eine gute Balance zu bringen“.
Den Pflegekräften reicht das nicht. Es gebe zwar diese Gespräche und es
seien auch Betten gesperrt worden, eine nachhaltige Verbesserung und eine
schriftliche Vereinbarung gebe es aber immer noch nicht. „Es entsteht der
Eindruck, dass die Verantwortlichen versuchen, Zeit zu schinden“, sagt die
Intensivpflegekraft zur taz.
## Druck auf die Klinikleitung
Mit der Aktion vor dem Krankenhaus am Freitag solle deshalb der Druck auf
die Klinikleitung erhöht und mehr Öffentlichkeit für die Forderungen
geschaffen werden. „Das UKE ist die Klinik der Hamburgerinnen und
Hamburger“, sagt die Pflegekraft. „Die Leute haben ein Recht zu erfahren,
was da los ist.“
Und das, was da los ist, betrifft offenbar auch nicht nur die
Intensivstationen. Auch die Mitarbeitenden der Zentralen Notaufnahme am UKE
berichteten vergangenes Jahr in einem Brandbrief von ständiger Überlastung,
die auch die Patient:innen gefährde.
In einer [3][Befragung von Pflegenden], die die Ver.di-Betriebsgruppe im
UKE im letzten Jahr durchgeführt hat, gaben laut Ver.di 79 Prozent der 400
Teilnehmenden an, ständig überlastet zu sein. 75 Prozent sahen demnach ihre
eigene Gesundheit oder die der Patient*innen gefährdet. Ver.di habe ein
Interesse daran, eine Entlastungsvereinbarung auch für die anderen
Abteilungen im UKE zu erreichen, sagt Stefanie Ullmann,
Gewerkschaftssekretärin bei Ver.di. „Wir wollen den anderen Kolleg*innen
zeigen, dass der Protest und der Schulterschluss mit Kolleg*innen etwas
bewirken und verändern kann.“
4 Mar 2022
## LINKS
DIR [1] /Brandbrief-von-Intensivpflegekraeften/!5819369
DIR [2] https://www.pflegenotstand-hamburg.de/
DIR [3] https://hamburg.verdi.de/presse/pressemitteilungen/++co++56cfbfe8-9a2b-11ec-bb34-001a4a160111
## AUTOREN
DIR Marthe Ruddat
## TAGS
DIR Pflegekräftemangel
DIR Hamburg
DIR Pflege
DIR Krankenhäuser
DIR Pflege
DIR Pflegekräftemangel
DIR Schwerpunkt Coronavirus
DIR Schwerpunkt Coronavirus
DIR Lesestück Recherche und Reportage
## ARTIKEL ZUM THEMA
DIR Arbeitskräftemangel und Besteuerung: Familienarbeit berücksichtigen!
Das Ehegattensplitting komplett abschaffen? Hilfreicher wären bessere
Kinderbetreuung, bessere Arbeitsbedingungen und bessere Bezahlung.
DIR Einrichtungsbezogene Impfpflicht: Piks rein – oder raus
Beginnt ein Exodus aus der Pflege, wenn dort bald Impfpflicht gilt? Zu
Besuch in einem Heim, das eine Rekordimpfquote erreicht hat.
DIR Brandbrief von Intensivpflegekräften: Entlastung oder Eskalation
Intensivpfleger:innen am Hamburger UKE wollen ihre Überlastung nicht
länger hinnehmen. Sie drohen, an freien Tagen nicht mehr einzuspringen.
DIR Intensivmediziner über Lage in Kliniken: „Oftmals am Limit“
In den Krankenhäusern liegen immer mehr Covid-Patient:innen. Der Hamburger
Klinikdirektor Stefan Kluge erwartet, dass die Zahl noch steigt.
DIR Folgen der Coronakrise: Jenseits der Belastungsgrenze
Bei vielen Mitarbeiter:innen von Krankenhäusern und Pflegeheimen hat
Corona Spuren hinterlassen. Wer hilft eigentlich denen, die anderen helfen?