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       # taz.de -- Gespräche mit Russland: Putin bleibt unerbittlich
       
       > Israels Regierungschef Naftali Bennett ist nach Moskau gereist. Doch
       > bisher gelingt es ihm nicht, den Kremlchef vom Krieg gegen die Ukraine
       > abzubringen.
       
   IMG Bild: Weltweit wurde am Wochenende gegen Putins Ukraine-Krieg protestiert – wie hier in Taiwan
       
       Berlin taz | Russlands Staatspräsident Wladimir Putin beharrt auf Erfüllung
       seiner Maximalforderungen, bevor er das Bombardement der Ukraine beendet.
       Dies machte er am Wochenende gegenüber den verschiedenen internationalen
       Vermittlern deutlich, die ihn trafen oder mit ihm telefonierten.
       
       Da war zunächst am Samstag Israels Ministerpräsident Naftali Bennett. Er
       sprach in Moskau drei Stunden lang mit Putin und sagte anschließend, ein
       Erfolg seiner Vermittlung erscheine unwahrscheinlich. „Im Moment gibt es
       eine kleine Chance, [1][und wir haben Zugang zu allen Seiten], deshalb sehe
       ich es als moralische Pflicht, alles zu versuchen“, sagte Bennett in einer
       Videoschaltung mit seinem Kabinett.
       
       Später habe Bennett zum dritten Mal an diesem Wochenende mit dem
       ukrainischen Präsidenten Wolodimir Selenski gesprochen, sagte ein
       israelischer Regierungssprecher. In Berlin informierte Bennett
       Bundeskanzler Olaf Scholz.
       
       Am Sonntag telefonierte der türkische Präsident Recep Tayyip Erdoğan mit
       seinem russischen Amtskollegen. Putin gab an, er sei dialogbereit auch mit
       ausländischen Partnern. Jeder Versuch, den Verhandlungsprozess in die Länge
       zu ziehen, werde aber scheitern. Der Einsatz werde nur dann beendet, wenn
       die Ukraine den Kampf einstelle und [2][die Forderungen Russlands] erfüllt
       würden.
       
       ## Sanktionen seien wie eine Kriegserklärung
       
       Diese Forderungen mindestens nach einer Neutralität der Ukraine und einem
       Abzug aller Nato-Truppen aus Osteuropa werden vom Westen abgelehnt. Die
       umfangreichen Wirtschaftssanktionen des Westens nannte Putin am Wochenende
       „so etwas wie eine Kriegserklärung“.
       
       Auch Frankreichs Präsident Emmanuel Macron sprach eindreiviertel Stunden
       mit Putin. Ein Telefongespräch der beiden am Donnerstag war ohne Ergebnis
       geblieben, Macron hatte anschließend gesagt, Putin plane offenbar die
       Eroberung der gesamten Ukraine.
       
       In Russland protestierten am Sonntag in 50 Städten Menschen gegen den
       Krieg, teilte die Nichtregierungsorganisation OVD-Info mit. 2.500 Menschen
       seien festgenommen worden. Friedensdemonstrationen gab es auch in vielen
       Städten auf der ganzen Welt.
       
       Der ukrainische Präsident Wolodimir Selenski hat seine Landsleute am
       Samstagabend in Kiew aufgefordert, ihren Widerstand gegen die russische
       Invasion fortzusetzen. „Ihr müsst rausgehen und dieses Übel aus unseren
       Städten vertreiben“, sagte er. Am Sonntag protestierte er in einer
       Videobotschaft gegen Luftangriffe auf die Stadt Winnyzja und den Flughafen.
       
       ## Nato weiter gegen Flugverbotszone
       
       Selenski forderte erneut [3][die Einrichtung einer Flugverbotszone über der
       Ukraine]. „Die Welt ist stark genug“, um den ukrainischen Luftraum
       abzuriegeln, sagte Selenski. Die Nato-Länder haben es aber ausgeschlossen,
       eine Flugverbotszone zu überwachen. Sie befürchten, der Konflikt könnte
       eskalieren, wenn Militär aus dem Ausland direkt involviert wäre.
       
       US-Außenminister Antony Blinken sagte in einem Interview der BBC, er sei
       überzeugt, dass die Ukraine den Krieg gegen Russland „früher oder später“
       gewinnen könne. Falls Russland in der Ukraine ein Marionettenregime
       installieren wolle, werde das bei den 45 Millionen UkrainerInnen auf
       Widerstand stoßen. Der Krieg sei bisher nicht so verlaufen, wie sich das
       Putin vorgestellt habe. Blinken hatte im Rahmen einer sechstägigen
       Europareise in Brüssel die AußenministerInnen der EU getroffen.
       
       Zu einer ähnlichen Einschätzung kommt ein Bericht des britischen
       Militärgeheimdienstes. Der russische Vormarsch wird offenbar durch
       gravierende Materialausfälle und den unerwartet heftigen ukrainischen
       Widerstand ausgebremst, schreibt auch der BBC-Militärkorrespondent Frank
       Gardner. Deshalb gehe das russische Militär jetzt zu einer bereits in
       Tschetschenien und Syrien genutzten Taktik über und zerstöre besiedelte
       Gebiete aus der Luft und vom Boden aus.
       
       Auf Facebook kursierte eine Einschätzung eines angeblichen Whistleblowers
       aus dem russischen Inlandsgeheimdienst FSB, der von einer dramatischen
       Fehlkalkulation der russischen Führung spricht. Es gebe keine politische
       Kraft in der Ukraine, die bereit sei, sich angesichts des Hasses der
       UkrainerInnen auf Moskau als Putins Vasall herzugeben. Die Führung in
       Moskau habe nicht aus vergangenen militärischen Abenteuern gelernt und
       versuche, ihr Versagen mit immer absurderen Vorwürfen an die Adresse Kiews
       zu verbergen – etwa dem, dass die Ukraine sich Atomwaffen beschaffen wolle.
       
       ## Eine eigene Definition von Wahrheit
       
       Auf internationale Kritik stößt das neue russische Mediengesetz, das die
       „öffentliche Verbreitung absichtlich falscher Informationen über die
       Benutzung der Streitkräfte der Russischen Föderation“ unter Strafe stellt.
       Es drohen demnach bis zu 15 Jahre Haft.
       
       Jörg Schönenborn, WDR-Programmdirektor Information, sagte in der
       „Tagesschau“, in Russland habe sich „eine eigene Definition von Wahrheit
       entwickelt“. Es sei im Moment nicht klar, „was wahrheitsgemäße
       Berichterstattung für unsere Teams bedeutet. Die müssen wir schützen“.
       Mehrere internationale Medienorganisationen, darunter auch ARD und ZDF
       sowie die BBC, CNN und Radio Free Europe, haben seit der Verabschiedung des
       Gesetzes am Freitag ihre Berichterstattung aus Moskau bis auf Weiteres
       eingestellt.
       
       6 Mar 2022
       
       ## LINKS
       
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       ## AUTOREN
       
   DIR Stefan Schaaf
       
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