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       # taz.de -- Krieg, Zeitenwende und Fake News: Gebt das Geld der Ukraine
       
       > Mit Ansichten zum Ukrainekrieg rücken Hardliner der Linken nahe an die
       > AfD heran. Und die USA bekommen endlich ihr „wehrhaftes“ Deutschland.
       
   IMG Bild: Gegen den Krieg, aber für unpolitische Haltungen unter Künstler*innen: Opernsängerin Anna Netrebko
       
       taz: Herr Küppersbusch, was war schlecht vergangene Woche? 
       
       Friedrich Küppersbusch: Programmhinweis und Werbung zwischen zwei
       [1][Ukraine-Blocks] machen mich irre.
       
       Und was wird besser in dieser? 
       
       Gebt das Geld der Ukraine.
       
       Eine Woche Zeitenwende – haben Sie sich schon eingelebt? 
       
       Ich richte mich auf Jahrzehnte ein. Die jüngsten 30 Jahre sind schlagartig
       zur Insel geschmolzen.
       
       Könnten sie gut schlafen, wenn Manuela Schwesig nicht die Regierungschefin
       von Mecklenburg-Vorpommern wäre, sondern die der Bundesrepublik? 
       
       Deutschland hat sich mit seiner Rüstungs-Offensive und Waffenlieferungen
       als Vermittler aus dem Spiel genommen. Moralisch nachvollziehbar. Doch nun
       dürfen wir bei „Vermittlung“ auf Israel hoffen, wo viele Russen und
       Ukrainer leben, Erdoğan und schließlich auf China. Was Schwesig [2][im
       Dorfbürgermeistergroove] an der Ostseeküste treibt, ist sensationell egal.
       
       CDU-Chef Friedrich [3][Merz hält einen Eingriff der Nato in den
       Ukraine-Krieg] für möglich, wenn es gezielte Angriffe auf Atomkraftwerke
       geben sollte. Ist das einfach ein klassischer Merz oder müssen wir darüber
       reden? 
       
       Die Memme! Springer-Chef Matthias Döpfner dagegen schlägt in Feldpost
       (früher: Bild) einen dritten Weltkrieg vor, weil sonst der dritte Weltkrieg
       komme. Die Frage, ob die Nato eingreifen solle, übersieht die Frage, ob die
       Nato bereits eingreift. Auch deutsche Einheiten hören russischen Funk ab,
       Nato-Drohnen, Flugzeuge und Satelliten klären den russischen Feldzug auf.
       Die Jokerfrage ist, ob sie ihre Erkenntnisse der ukrainischen Seite
       weitergeben. Russland unterstellt: Ja. Das würde etwa die lausige
       Fehlplanung der ersten Kriegswoche erklären: Russland schaltete die
       ukrainische Luftwaffe aus – doch, Überraschung, die Ukraine war nicht
       blind. Am ersten Kriegstag musste eine BND-Spezialeinheit ihren Chef Kahl
       aus Kiew schmuggeln. Kurz: [4][Merz wäre gut beraten], nichts zu
       eskalieren, was schon riskant genug ist. Und Döpfner ist als
       Verlegerpräsident untragbar.
       
       Die USA und Russland kooperieren weiterhin beim Unterhalt der
       Internationalen Raumstation ISS und bei Flügen dorthin. Wie beurteilen Sie
       die [5][Haltung der USA] im aktuellen Konflikt? 
       
       Sie können ihr Glück nicht fassen, dass Putin in einer Woche schafft, was
       sie den Trödeldeutschen 20 Jahre einzuhämmern versucht haben.
       2-Prozent-Ziel, Waffenlieferungen, große Wehrertüchtigung. Nord Stream 2
       ist weg, während Präsident Biden zaudert, sein Russen-Öl abzubestellen.
       Russland in enger Zusammenarbeit mit Europa ist für Amerika eine Bedrohung.
       Schlimmer als Russland alleine.
       
       Gregor Gysi hat sich über „die völlige Emotionslosigkeit“ beschwert, die
       Mitglieder seiner Partei in einer Erklärung zum russischen Überfall auf die
       Ukraine zum Ausdruck gebracht hätten. Hat er da den richtigen Punkt und
       Zeitpunkt gefunden? 
       
       Den Touretteflügel der Linken kann man – von Migrationspolitik bis
       Ukrainekrieg – gratlos an die AfD schweißen. Die SPD trägt mal wieder
       Staat, für die Linke wäre eine Lücke als „Herberge zum ollen Willy Brandt“
       frei. Das verstolpert sie gerade und Gysi sieht das.
       
       Das [6][russische Parlament hat hohe Strafen für „Fake News“] über
       russisches Militär beschlossen. Ist das ein Fake-Parlament oder spiegelt es
       die Stimmung in der Bevölkerung wider? 
       
       Das Regime wird dazu ein paar Fake-Umfragen zur Hand haben. Fast 78 Prozent
       der Bevölkerung stimmten 2020 zu, dass Putin bis 2035 Präsident bleiben
       könne. Im Februar steigen seine Beliebtheitswerte auf 70 Prozent, nach
       einem Niedergang bei einer Erhöhung des Rentenalters und unter Corona.
       Verantwortungsbewusste Medien ziehen ihre Mitarbeiter ab, wo saubere Arbeit
       strafbewehrt wurde; umgekehrt sollten wir russischen Propagandaschlamm
       ertragen, wie wir erwarten, dass das Regime westliche Medien toleriert.
       Besser mit gutem Beispiel voran- als mit schlechtem hinterhergehen.
       
       Dirigent [7][Waleri Gergijew,] Sängerin Anna Netrebko – ist das Einforden
       von distanzierenden Statements von russischen Künstler:innen
       Cancel-Culture pur oder schlicht eine moralische Selbstverständlichkeit? 
       
       Wir sollten versuchen, Putin im Kampf gegen Putin nicht allzu ähnlich zu
       werden.
       
       Und was machen die Borussen? 
       
       Die Bundesliga zeigt viele Solidaritätsaktionen mit der Ukraine. Keine
       Ahnung, ob das ehrenwert ist, die Reichweite zu nutzen, oder geheuchelt,
       weil´s Business weitergeht.
       
       Fragen: waam
       
       6 Mar 2022
       
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