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       # taz.de -- Schaugewächshäuser in Hamburg: Auf unbestimmte Zeit geschlossen
       
       > Seit Jahren liegen Hamburgs Schaugewächshäuser brach. Immer noch ist
       > unklar, ob die nahebei geplanten Neubauten denkmalgerecht wären.
       
   IMG Bild: Überbleibsel der Internationalen Gartenbauausstellung 1963: Schaugewächshäuser
       
       Hamburg taz | Vor drei Jahren haben Mitarbeiter*innen einen Zettel an
       die Scheibe der Schaugewächshäuser im Alten Botanischen Garten Hamburg
       gehängt: „Auf unbestimmte Zeit geschlossen“ stand da. Das war
       vorausschauend, denn die Anzeichen mehren sich, dass die Schaugewächshäuser
       noch einige Jahre geschlossen bleiben. Und die Antwort, die die Hamburger
       CDU-Bürgerschaftsabgeordnete Anke Frieling kürzlich auf ihre Schriftliche
       Kleine Anfrage zur Zukunft der Gewächshäuser vom Senat bekam, ist –
       vorsichtig gesagt – ausweichend.
       
       Die Gewächshäuser sind ein Überbleibsel der Internationalen
       Gartenbauausstellung von 1963, ihr altmodisch anmutender Charme zog
       Millionen von Besucher*innen an. Besonders an den Bauten ist, dass die
       Verglasung an außen liegenden Profilen aufgehängt ist und daher im
       Innenraum keine tragenden Stützen stehen.
       
       Die Zuständigkeiten für das Gebäude sind dabei so verschlungen wie die
       Lianen, die man einmal drinnen betrachten konnte: Eigentümerin ist seit
       2006 die Hamburger Zeit-Stiftung, die sie an die Stadt Hamburg vermietet.
       Betreiberin ist die Universität Hamburg, deren Präsidium über die
       Gewächshäuser entscheidet.
       
       Dass diese sanierungsbedürftig sind, hat man bereits 2016 festgestellt, im
       selben Jahr hat der Bund 13,15 Millionen Euro dafür bereitgestellt – die
       gleiche Summe müsste die Stadt Hamburg aufbringen. Seitdem ist wenig
       geschehen außer gelegentlichen parlamentarischen Nachfragen. 2019 hieß es
       aus dem Senat, dass die Sanierung drei bis vier Jahre dauern würde, da man
       nur in den Sommermonaten arbeiten könne.
       
       ## Ein komplexes Projekt
       
       Jetzt, drei Jahre später, weicht der Senat der Frage aus, wie viel die
       Sanierung kosten wird, und beschreibt stattdessen die „hochkomplexen
       technischen, gestalterischen, baulichen und denkmalpflegerischen
       Anforderungen“. Klar wird nur: Es ist ein kompletter Neuaufbau der
       Fassadenkonstruktion nötig. Zu Kosten und Zeitplan heißt es: „Die
       Entwurfsplanung sowie ein Vorabzug der Haushaltsunterlage liegen vor.“
       
       Das wiederum bestreitet die CDU-Bürgerschaftsabgeordnete Anke Frieling:
       „Der Bürgerschaft liegt bisher nichts vor, und die Anfrage einer
       Abgeordneten wird in diesen Punkten nicht beantwortet.“ Klar scheint ihr
       dagegen, dass die Sanierung „sehr viel aufwändiger“ werde als gedacht.
       Damit sei die „alte Kostenschätzung komplett hinfällig“ und die
       bereitgestellten Mittel nicht ausreichend.
       
       Auch aus der Wissenschaftsbehörde ist wenig Konkretes zu erfahren. Sprecher
       Jon Mendrala schreibt, dass die Planungen zur Sanierung pandemiebedingt
       noch nicht abgeschlossen seien. Außerdem habe die städtische
       Immobilienagentur Sprinkenhof GmbH das Projekt wegen seiner Komplexität
       abgelehnt; federführend sei nun das Amt für Hoch- und Tiefbau.
       
       Und als wären die Aussichten für die Sanierung nicht ohnehin düster, legt
       sich ein weiterer Schatten über die Schaugewächshäuser. Die Zeit-Stiftung
       plant auf dem Gelände einen Neubau für ihre Bucerius Law School, der die
       Gewächshäuser „verschatten“ könnte, so heißt es in der Senatsantwort.
       Deshalb müsse die Stiftung eine Verschattungsstudie in Auftrag geben.
       
       Das ist bis heute nicht geschehen. „Die Verschattungsstudie ist im
       Verfahren eingeplant und wird zeitnah im Zuge des Planungsprozesses in
       Auftrag geben“, schreibt Stiftungssprecherin Jessica Staschen dazu. Zuvor
       müsse es aber ein Ausschreibungsverfahren geben.
       
       ## Eine Frage des Denkmalschutzes
       
       Wobei „Verschattung“ zweierlei bedeuten kann: Da wären einmal die konkreten
       Schatten eines hohen Nachbarbaus, die den Pflanzen Licht nehmen könnten.
       Beurteilen könnte das der Botanische Verein Hamburg, dessen Mitglieder dazu
       aber nichts sagen wollen.
       
       Der zweite „Verschattungsaspekt“ betrifft die Auswirkung der Neubauten auf
       die Architektur des denkmalgeschützten [1][Ensembles aus „Planten un
       Blomen“-Park] und Gewächshäusern. Ja, deren Sanierung müsse vom
       Denkmalschutzamt genehmigt werden, schreibt hierzu dessen Sprecherin
       Marianne Kurzer. Auch eine denkmalrechtliche Genehmigung der geplanten
       Neubauten der Bucerius Law School könne nötig sein, wenn sie das
       benachbarte Denkmal erheblich beeinträchtigten. Noch lägen aber keine
       fertigen Baupläne vor.
       
       Hamburgs Denkmalverein wird konkreter: Schon 2017 sorgte er sich [2][auf
       seiner Homepage]: „Wenn ein Neubau über die Firstlinien der Gewächshäuser
       hinausragen würde, könnte er deren differenzierte Dachlandschaft und damit
       auch die Sichtachsen aus dem Park beeinträchtigen.“ Abgesehen davon bestehe
       die Gefahr, dass ein Neubau die einst bewusst gesetzten Sichtachsen
       zwischen Park und Stadt zerstöre, findet Denkmalvereins-Geschäftsführerin
       Kristina Sassenscheidt. „Wir müssen gut aufpassen, dass der Park nicht von
       der umliegenden Stadt erdrückt wird.“
       
       10 Mar 2022
       
       ## LINKS
       
   DIR [1] /Immobiliengerangel-in-Hamburger-Park/!5695473
   DIR [2] https://www.denkmalverein.de/gefaehrdet/gefaehrdet/schaugewaechshaeuser-in-gefahr
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Friederike Gräff
   DIR Petra Schellen
   DIR Daniel Wiese
       
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