URI: 
       # taz.de -- Hauptstadt der Ukraine im Krieg: Wir werden siegen
       
       > In Kiew verteidigt die Zivilbevölkerung gemeinsam mit der Armee die
       > Stadt. Die Menschen bestärken und helfen sich gegenseitig.
       
   IMG Bild: Aus Irpin geflüchtet, versuchen Menschen in einem Bus Kiew zu erreichen
       
       Ich beginne dieses Tagebuch in Kiew zu schreiben, in den Vororten toben
       seit Tagen erbitterte Kämpfe. Russische Truppen, die am 24. Februar brutal
       in die Ukraine eingedrungen sind, versuchen die ukrainische Hauptstadt
       einzunehmen. Ich bin eine ukrainische Journalistin, seit zweieinhalb Jahren
       lebe ich in Berlin. Ich bin jetzt extra nach Kiew gefahren, um darüber zu
       berichten, wie der Kreml versucht, die Unabhängigkeit meines Landes zu
       zerstören.
       
       [1][Hunderttausende Menschen haben Kiew bereits verlassen.] Die Situation
       ist sehr angespannt, doch noch immer unter Kontrolle. Jede/n, den oder die
       ich in Kiew getroffen habe, ist, unabhängig von Alter oder Geschlecht, zu
       allem entschlossen. Tausende Freiwillige haben sich den territorialen
       Verteidigungstruppen angeschlossen. Bis vor Kurzem waren sie noch
       Lehrer*innen oder Taxifahrer*innen. Heute bauen sie in der ganzen Stadt
       Barrikaden und sagen, dass sie bereit seien, sich den russischen Besatzern
       mit einer Waffe in der Hand entgegenzustellen.
       
       An allen wichtigen Straßen sind Checkpoints eingerichtet, die jedes
       vorbeifahrende Auto kontrollieren. An einigen Stellen wurden Barrikaden aus
       Betonblöcken errichtet, an anderen Sandsäcke aufgeschichtet oder Busse und
       Straßenbahnen umgeworfen.
       
       Obwohl die Kämpfe sich mit jedem Tag immer weiter der Stadt nähern und
       Flugabwehrsysteme täglich russische Raketen abschießen, will sich kein
       Gefühl von Panik einstellen. [2][Nur der ständige Fliegeralarm hat die
       urbanen Geräusche abgelöst.] In den vergangenen Tagen wurden diese
       Geräusche durch ein dumpfes Echo von Granaten ergänzt, die irgendwo
       explodierten. An diesem Morgen habe ich gesehen, wie die Luftabwehr zwei
       Raketen zerstört hat, die direkt über mein Haus geflogen sind.
       
       Unter solchen Bedingungen versuchen alle einander zu helfen. Sie teilen
       Lebensmittel, die immer weniger werden, und wichtige Informationen. Jede
       Unterstützung, und sei sie auch nur moralisch, ist jetzt sehr wichtig. „Wir
       werden siegen“, versichern wir uns am Ende eines jeden Gesprächs.
       
       Vor Kurzem trafen russische Raketen bei einem Luftangriff auf Kiew den
       Fernsehturm. Ich habe das mit eigenen Augen gesehen. Der Fernsehturm hielt
       stand, Radio- und Fernsehempfang wurden innerhalb weniger Stunden
       wiederhergestellt. Bei diesem Beschuss am helllichten Tag wurden fünf
       Zivilisten getötet. Dies war kein weiterer Angriff auf eine militärische
       Einrichtung, wie die russische Propaganda behauptet. Das war ein Angriff
       auf die Freiheit des Wortes und das Recht auf Wahrheit – die Grundwerte
       eines demokratischen Staates.
       
       Aus diesem Grund werden wir, meine Kolleg*innen und ich, in diesem
       Tagebuch über die Geschehnisse von vor Ort berichten. Damit Lügen und
       Desinformation über den russisch-ukrainischen Krieg nicht den Hauch einer
       Chance bekommen.
       
       Aus dem Russischen [3][Barbara Oertel] 
       
       Finanziert wird das Projekt durch die [4][taz Panter Stiftung].
       
       9 Mar 2022
       
       ## LINKS
       
   DIR [1] /Ukrainische-Fluechtlinge-in-Polen/!5835719
   DIR [2] /Leben-in-Kiew/!5838923
   DIR [3] /Barbara-Oertel/!a1/
   DIR [4] /Panter-Stiftung/!p4258/
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Anastasia Magasowa
       
       ## TAGS
       
   DIR Kolumne Krieg und Frieden
   DIR Kyjiw
   DIR Schwerpunkt Krieg in der Ukraine
   DIR Schwerpunkt Krieg in der Ukraine
   DIR Schwerpunkt Krieg in der Ukraine
   DIR Schwerpunkt Krieg in der Ukraine
   DIR Russland
   DIR Schwerpunkt Krieg in der Ukraine
       
       ## ARTIKEL ZUM THEMA
       
   DIR Hauptstadt der Ukraine im Krieg: Wut und der Wunsch, sich zu wehren
       
       In Kiew schlagen weiter Geschosse in Wohnhäuser ein – offenbar, um die
       Bewohner der Stadt mürbe zu machen. Der Druck auf die Hauptstadt wächst.
       
   DIR Krieg in der Ukraine: Odessa in Bereitschaft
       
       Seit zwei Wochen ist die Stadt am Schwarzen Meer im Visier Russlands. Die
       Einwohner*innen, die geblieben sind, bereiten sich auf das Schlimmste vor.
       
   DIR Wider den russischen Einmarsch: Selenski will sich nicht beugen
       
       Die Ukraine schießt drei russische Kampfjets ab, bleibt aber machtlos gegen
       den Beschuss vieler Städte. Zivilist:innen bleibt nur die Flucht.
       
   DIR Humanitäre Korridore in der Ukraine: Der Gipfel des Zynismus
       
       Putin will in der Ukraine humanitäre Korridore nach Russland und Belarus
       einrichten – welch Farce. Es wäre ein Fluchtweg ins Verderben.
       
   DIR Flucht aus Kiewer Vororten: Eine fast unmögliche Rettung
       
       Im ukrainischen Irpin toben erbitterte Kämpfe, tausende Menschen versuchen
       sich in die Hauptstadt zu retten. Doch auch dort schlagen Raketen ein.