URI: 
       # taz.de -- Chinas Allianz mit Russland: „Felsenfeste Freundschaft“
       
       > China wird im Ukrainekrieg nicht der Vermittler sein, auf den manche im
       > Westen hoffen. Das hat Außenminister Wang Yi am Montag deutlich gemacht.
       
   IMG Bild: „Wir unterstützen die Ukraine“ in chinesischer Schrift: Plakat an der kanadischen Botschaft in Peking
       
       Peking taz | Angesichts der zunehmenden Brutalität im Ukrainekrieg sind die
       zynischen Worte von Chinas Außenminister Wang Yi nur schwer zu ertragen.
       Die Freundschaft zwischen China und Russland sei „felsenfest“, sagte der
       68-jährige Spitzendiplomat bei einer Pressekonferenz am Montag. Beide
       Länder würden dabei helfen, der Welt „Frieden und Stabilität“ zu bringen.
       
       Wie jedes Jahr trat Wang zu Beginn des in Peking tagenden [1][Nationalen
       Volkskongress] vor die internationale Presse. Die choreografierte
       Veranstaltung, bei der nur handverlesene und vorher eingereichte Fragen
       beantwortet werden, wirkte in Zeiten der Pandemie noch künstlicher als
       sonst: Der Außenminister ließ die Pressevertreter zwar einen Tag zuvor
       bereits in Hotelzimmer „isolieren“, erschien dann aber trotzdem nur auf
       einer riesigen Videoleinwand. Die Distanz ist auch eine Metapher für den
       Elfenbeinturm der chinesischen Politelite, deren Wortphrasen längst von
       jedweder Realität entkoppelt sind.
       
       Dennoch lohnt sich das Hinhören, gerade für europäische Diplomaten. Zuletzt
       hatte der EU-Außenbeauftragte Josep Borrell der Volksrepublik eine
       Vermittlerrolle in dem Konflikt quasi von außen attestiert: „Es muss China
       sein, ich vertraue darauf“, sagte Borrell am Wochenende – und steht damit
       nur wenige Tage später reichlich naiv da. Denn wer tatsächlich noch
       Hoffnungen darauf hegte, dass sich Peking von seiner demonstrativen Nähe zu
       Putin distanziert, sollte sich nun endgültig davon verabschieden.
       
       Ohnehin hat Chinas Führung bislang das genaue Gegenteil einer
       Vermittlerrolle eingenommen: Öffentlich hat sich die Regierung trotz der
       russischen Invasion zu einer „grenzenlosen“ Partnerschaft mit Putin bekannt
       und über seine Staatsmedien die pro-russische Propaganda übernommen. Chinas
       Diplomaten weigern sich bis heute, die Invasion Russlands überhaupt beim
       Namen zu nennen: Noch immer sprechen sie von einer „militärischen
       Operation“, die von den USA provoziert wurde.
       
       ## Selbst in die Falle gelaufen
       
       Dabei weiß Xi Jinping nur allzu gut, dass seine „strategische
       Partnerschaft“ mit Russland mit einem immensen wirtschaftlichen Preisschild
       versehen ist. Möglicherweise hat sich Chinas Staatschef dabei auch
       verzockt. „Es schaut nach einer Fehlkalkulation aus, dass sich China so
       weit hinausgelehnt hat. Aber es wäre auch schädlich, diese Position jetzt
       zurückzunehmen“, analysiert Andrew Small vom „German Marshall Fund“ auf
       Twitter. Kurzum: China hat sich in eine rhetorische Falle begeben, aus der
       es nicht mehr ohne Gesichtsverlust hinausfinden kann.
       
       Doch feststeht: Egal wie man es dreht und wendet, ist die ganze
       Angelegenheit für die Volksrepublik höchst unangenehm. Denn angesichts des
       Ukraine-Konflikts wirft die Regierung sämtliche jahrzehntealte
       Grundprinzipien seiner Außenpolitik über Bord – allen voran den Respekt
       gegenüber der Souveränität von Staaten.
       
       Dementsprechend hält sich Peking bei seinen Aussagen immer auch ein
       rhetorisches Hintertürchen offen, um seine Position nicht allzu sehr
       festlegen zu müssen. Denn die Kader in Peking wollen insbesondere kurz vor
       Beginn des 20. Parteikongresses im Herbst, während dem Xi Jinping seine
       umstrittene dritte Amtszeit ausruft, keine destabilisierende Krise
       heraufbeschwören.
       
       Doch die eigene Bevölkerung schwört der Zensurapparat bereits auf die enge
       Freundschaft mit Russland ein. Während auf den sozialen Medien selbst
       hochrangige Professoren antisemitische Verschwörungstheorien über die
       ukrainische Regierung und die NATO verbreiten, löschen die Zensoren fast
       sämtliche kremlkritischen Stellungnahmen gegen den russischen
       Angriffskrieg.
       
       Auch als Alumni der renommierten Tsinghua-Universität in Peking dazu
       aufriefen, Wladimir Putin den 2019 verliehenen Ehrendoktor abzuerkennen,
       wurde die Petition nur wenig später aus dem Netz verbannt.
       
       7 Mar 2022
       
       ## LINKS
       
   DIR [1] /Nationaler-Volkskongress-tritt-zusammen/!5839378
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Fabian Kretschmer
       
       ## TAGS
       
   DIR KP China
   DIR China
   DIR Schwerpunkt Krieg in der Ukraine
   DIR Russland
   DIR USA
   DIR KP China
   DIR Schwerpunkt Krieg in der Ukraine
   DIR Schwerpunkt Krieg in der Ukraine
       
       ## ARTIKEL ZUM THEMA
       
   DIR China im russisch-ukrainischen Krieg: Mit allen gut Freund
       
       Peking will sich nicht entscheiden. Die chinesische Führung buckelt vor
       Moskau wie vor Washington.
       
   DIR Nationaler Volkskongress tritt zusammen: Wohin zieht China?
       
       Die russische Invasion in der Ukraine stellt auch Peking vor neue
       Herausforderungen. Die Frage ist, ob die Bande nach Moskau weiterhin eng
       bleiben.
       
   DIR UN-Generalversammlung: Unterschiedliche Motivlagen
       
       Afrika, Asien, Lateinamerika haben eigene Interessen gegenüber Russland.
       Dennoch stimmen die meisten Länder der Verurteilung des Krieges zu.
       
   DIR UN-Generalversammlung verurteilt Krieg: 141 Staaten gegen Putin
       
       Mit deutlicher Mehrheit verurteilt die UN-Generalversammlung den russischen
       Angriffskrieg. Nur vier Staaten stimmen mit Russland.