# taz.de -- Erfolg der Linken in Kolumbien: Keine Revolution, aber Meilenstein
> Mit Gustavo Petro könnte Kolumbien dieses Jahr zum ersten Mal einen
> linken Präsidenten bekommen. Doch im Parlament droht eine Blockade.
IMG Bild: Gustavo Petro nach dem Wahlergebnis am 13. März
Einige Tage ist es nun her, dass die Kolumbianerïnnen einen neuen Kongress
wählten und die Präsidentschaftskandidaten der drei aussichtsreichsten
Parteienbündnisse bestimmten. Gustavo Petro, der linke Kandidat des
„Historischen Pakts“, [1][gewann bei den Wahlen haushoch]. Auch in Senat
und Repräsentantenhaus hat das linke Bündnis deutlich zugelegt, das
Parteienspektrum ist außerdem insgesamt vielfältiger und weiblicher
geworden. Kolumbien könnte dieses Jahr also mit Gustavo Petro zum ersten
Mal einen linken Präsidenten bekommen. Das ist ein Meilenstein, aber keine
Revolution.
Das Wahlergebnis ist in dem konservativen Land ein Riesenschritt, weil
soziale und linke Bewegungen traditionell stigmatisiert, im Falle der
Partei Unión Patriótica systematisch ausgerottet wurden. Vereinfacht
gesagt: In Kolumbien gilt bereits als „links“, was in Deutschland unter
„Sozialstaat“ fällt – und „links“ wird von Teilen der Gesellschaft bis
heute mit „Guerilla“ gleichgesetzt, die das Land ein halbes Jahrhundert
lang traumatisierte.
Im Ergebnis der Wahlen spiegeln sich aber nun [2][die monatelange Proteste]
wider. Diese [3][begannen im April 2021] und richteten sich gegen die Morde
an Aktivistïnnen und demobilisierten Farc-Guerilleros, aber auch
verschiedene Formen sozialer Ungerechtigkeiten von Steuer- bis
Bildungssystem. Die Coronapandemie [4][hat Armut, Arbeitslosigkeit und
Ungleichheit massiv verstärkt].
## Kein Linksruck
Von einem Linksruck zu sprechen, ist jedoch übertrieben. Der Erfolg der
Linken ist zum einen auch der Krise der Rechten geschuldet. Präsident Iván
Duque sprengt alle Unbeliebtheitsrekorde. Die Politik seiner Regierung ist
massiv in der Kritik. Seine Partei, das Centro Democrático, ist gespalten,
wie sich an der Kandidatenkür ablesen ließ. Der rechte Uribismus, benannt
nach dem Ex-Präsidenten und immer noch mächtigen Übervater der Partei,
Álvaro Uribe, ist längst nicht tot. Auch wenn er es jetzt relativieren
möchte, um ein breiteres Publikum zu erreichen: Der derzeit
zweitaussichtsreichste Präsidentschaftskandidat, [5][Federico Gutiérrez,
ist auch der Kandidat Uribes].
Derzeit läuft die offizielle Nachzählung für Repräsentantenhaus und Senat
noch. Bei allen Parteien werden sich noch Verschiebungen ergeben (zumal das
schlecht geschulte Personal der Wahlbehörde [6][erwiesenermaßen Fehler
beging]). Doch schon jetzt steht fest: Selbst wenn der Linke Gustavo Petro
am 29. Mai Präsident wird, wird er nicht im Parlament durchregieren können
– denn es gibt dort für kein Bündnis eine ausreichende Mehrheit. Er wird
dementsprechend auch Abgeordnete aus dem nichtlinken Spektrum überzeugen
müssen. Kolumbien droht also eher eine Blockade als eine Revolution.
18 Mar 2022
## LINKS
DIR [1] /Wahlen-in-Kolumbien/!5838480
DIR [2] /Soziologe-ueber-Proteste-in-Kolumbien/!5807742
DIR [3] /Proteste-und-Polizeigewalt-in-Kolumbien/!5788619
DIR [4] https://www.portafolio.co/economia/gobierno/colombia-es-el-segundo-pais-mas-desigual-de-america-latina-segun-el-banco-mundial-557830
DIR [5] https://www.elcolombiano.com/colombia/politica/federico-gutierrez-busca-respaldos-de-uribe-vargas-lleras-y-gaviria-para-su-campana-presidencial-NM16922069
DIR [6] https://www.elespectador.com/politica/elecciones-colombia-2022/moe-pide-revisar-28466-mesas-en-las-que-el-pacto-historico-no-tuvo-votos/
## AUTOREN
DIR Katharina Wojczenko
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