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       # taz.de -- Blamable DFB-Entscheidung: Auflaufen verboten!
       
       > Der Deutsche Fußball-Bund schickt aus der Ukraine geflüchtete Fußballer
       > in die Warteschleife. Das ist bezeichnend.
       
   IMG Bild: Zeichen für Zeichen: Auch der BVB hat Spieler ukrainischer Klubs zum Training eingeladen
       
       Schon Wladimir Iljitsch Lenin kannte seine Pappenheimer. Eine Revolution in
       Berlin sei wohl unmöglich, vermutete der Russe, weil die Deutschen vor der
       Erstürmung des Bahnhofes eine Bahnsteigkarte lösen würden. Die Postulierung
       eines Nationalcharakters hat ihre Tücken, schon klar, aber dass der
       Deutsche gerne Regeln befolgt, das ist ja nun ein gut besuchter
       Allgemeinplatz.
       
       Der Deutsche Fußball-Bund, DFB, Musterexemplar einer deutschen Behörde –
       bräsige Verwaltung; eifriges Intrigantentum; ätzende Durchschnittlichkeit –
       hat nun wieder ein Meisterstück abgeliefert: Ukrainische Profifußballer,
       die aus dem Krieg in ihrem Land nach Deutschland geflohen sind, dürfen hier
       nicht sofort für ihren neuen Verein spielen.
       
       [1][Die kaltherzige Bürokratie aus Frankfurt am Main] teilt mit: „Untersagt
       sind Einsätze in Pflichtspielen (Liga, Pokal, Relegation) in der laufenden
       Saison. Hauptgrund für die Entscheidung des DFB ist, die sportliche
       Integrität der Wettbewerbe und der verbleibenden Spieltage der Saison
       2021/2022 in allen Spielklassen zu wahren.“
       
       Meint der DFB die sportliche Integrität jenes Wettbewerbs, in den der FC
       Bayern mit einer Eigenkapitalsumme von etwa 500 Millionen Euro geht und
       andere mit einem Minusbetrag? Noch unverständlicher wird die Entscheidung
       des DFB, ukrainische Fußballer nur zum Training zuzulassen, wenn man sich
       die Generosität der anderen anschaut.
       
       ## Selbst die Fifa macht sich locker
       
       [2][Selbst der Fußballweltverband Fifa macht sich locker.] Die Fifa hat
       zuletzt entschieden, Wechsel ausländischer Spieler und Trainer aus der
       Ukraine und Russland trotz des weit zurückliegenden Endes der
       Transferperiode am 31. Januar als Folge des russischen Angriffs auf die
       Ukraine zu erlauben.
       
       Seit Mittwoch dieser Woche gilt das auch für Ukrainer. „Nach dem russischen
       Einmarsch in die Ukraine hat die Fifa die Lage genau beobachtet, um die
       ukrainischen Vereine, Spielerinnen und Spieler mit allen Mitteln optimal zu
       unterstützen, u. a. auch durch zusätzliche Änderungen am Fifa-Regelwerk“,
       heißt es aus Zürich, und offensichtlich haben die so oft gescholtenen
       Fifaristi die Zeichen der Zeit erkannt: Über eine nebulöse „sportliche
       Integrität“ setzen sie eine „moralische Integrität“, ebenso der europäische
       Kontinentalverband Uefa.
       
       Beide, die Fifa und die Uefa, haben vielleicht auch aus ihrer eigenen
       Geschichte gelernt, denn sie haben gerade in den 70er und 80er Jahren des
       vergangenen Jahrhunderts gravierende Fehler bei der [3][Integration von
       Fußballflüchtlingen] gemacht: Lutz Eigendorf, Falko Götz, Frank Lippmann
       oder Norbert Nachtweih, die aus der DDR in die Bundesrepublik flohen,
       mussten allesamt ein Jahr warten, bis sie wieder für ihre neuen Klubs im
       Westen auflaufen durften. Auf „illegalen Vereinswechsel“ stand nach den
       Regularien der Verbände ein Jahr Sperre. Vielen Rübergemachten mag das wie
       Hohn vorgekommen sein, bedenkt man das Wagnis ihres Entschlusses, die
       weitreichenden Konsequenzen.
       
       Das können die jetzt aus der Ukraine vor russischen Bomben geflüchteten
       Kicker aus Charkiv oder Kiew noch einmal nachfühlen, aber sie dürften nach
       der Entscheidung des DFB kaum in Deutschland Station machen. Die
       Sehnsuchtsorte liegen vermutlich anderswo. Dort schreibt man dann nur vor,
       dass sich nicht mehr als zwei Ukrainer oder eben zwei Spieler aus
       russischen Klubs, deren Vertrag bis zum Sommer ruht (sofern sie sich nicht
       anderweitig geeinigt haben), in der Mannschaft aufgenommen werden dürfen.
       Eine Ausbildungsentschädigung muss ausdrücklich nicht gezahlt werden.
       
       All das sind Maßnahmen der Liberalisierung in einer besonderen Situation,
       deren Tragweite beim DFB offenbar nicht angekommen ist.
       
       18 Mar 2022
       
       ## LINKS
       
   DIR [1] https://www.dfb.de/news/detail/transfers-aus-ukraine-nur-training-und-testspiele-moeglich-237924/
   DIR [2] https://www.fifa.com/de/legal/media-releases/media-release-greater-than-legal-greater-than-amendment-of-annexe-7-of-the
   DIR [3] https://de.wikipedia.org/wiki/Sportlerflucht_aus_der_DDR
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Markus Völker
       
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