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       # taz.de -- Rechte Bewegung in Polizei und Justiz: Blaue Linie überschritten
       
       > Im Landgericht Kiel trug ein Justizbeamter einen Aufnäher der „Thin Blue
       > Line“-Bewegung. Das Logo ist bei Rechten beliebt. Das Ministerium
       > reagierte.
       
   IMG Bild: Wie verbreitet ist die Thin-Blue-Line-Bewegung im Justizapparat?
       
       Der Aufnäher fiel auf. In der Verhandlung vor dem Landgericht Kiel trug
       aber nicht der des dreifachen Mordes angeklagte Hartmut F. ein
       einschlägiges Abzeichen. Auf der Schutzweste eines Justizbeamten war rechts
       das Landeswappen von Schleswig-Holstein angebracht, links das [1][Logo von
       „Thin Blue Line“], mit Schriftzug und Spartaner-Helm – bei rechten Polizei-
       und Justizbeamt:innen ein beliebtes Symbol.
       
       Journalisten war der Aufnäher aufgefallen. Das Justizministerium in Kiel
       teilte inzwischen mit, dem Beamten sei das Tragen des Abzeichens untersagt
       worden – unter Hinweis auf die Dienstbekleidungsvorschrift [2][und das
       Neutralitätsgebot]. Außerdem seien alle Beamt:innen erneut auf das Gebot
       hingewiesen worden. „Wie das Justizministerium die Bewegung bewerte, darauf
       gab es keine Antwort“, twitterte Carsten Janz vom NDR.
       
       In Polizei und Justiz erfährt die Bewegung aus den Vereinigten Staaten
       stetigen Zulauf. Die „Thin Blue Line“ soll die Idee von der Polizei als
       letzte Verteidigungslinie gegen das Abrutschen der Gesellschaft ins Chaos
       symbolisieren. Die Farbe verweist auf die Uniformen der US-Polizei. Im
       Kontext der Black-Lives-Matter-Bewegung war auch die
       Blue-Lives-Matter-Bewegung entstanden.
       
       2016, nach dem Attentat auf fünf Polizisten in Dallas, Texas, wurde das
       Symbol populärer – auch als Solidaritätsbekundung für die Polizei. [3][In
       der White-Supremacy-Bewegung] für eine Weiße Vorherrschaft ist das Symbol
       ebenfalls präsent. Beim Sturm auf das Kapitol in Washington D.C. 2021
       trugen die Angreifenden Fahnen dieser Bewegung.
       
       ## Polizei sieht keinen politischen Kontext
       
       Bereits an Weihnachten 2021 hatten mehrere deutsche Polizist:innen
       einen Tweet zur „Thin Blue Line“ verbreitet. In Kiel hatte die Polizei an
       Heiligabend die mittlere Etage der dreistöckigen Wache am Hauptbahnhof
       dunkelblau beleuchtet. Auf der privaten Website „Polizei=Mensch“ wurde der
       Weihnachtsgruß veröffentlicht, [4][berichtet netzpolitik.org.] Die
       Landespolizei Schleswig-Holstein hatte sich damals hinter die Aktion
       gestellt.
       
       Die Nachtschicht habe verdeutlichen wollen, dass die Polizei auch während
       der Weihnachtsfeiertage „rund um die Uhr für alle“ zur Verfügung stehe. Ein
       politischer Kontext sei nicht gegeben, erklärte der Account „Polizei SH“ am
       27. Dezember auf Twitter.
       
       Im März 2021 erklärte der Berliner Senat auf eine Grünen-Anfrage zu einem
       Polizisten, der das Symbol an der Uniform trug, es sei dem „Senat bekannt“,
       „dass die ‚Thin Blue Line‘ einerseits eine Vorstellung von der Polizei hat
       als vorderste Linie gegen das Abrutschen der Gesellschaft in gewalttätiges
       Chaos“, andererseits finde „das Symbol in rechten Zusammenhängen Verwendung
       und ist daher insbesondere im Zusammenhang mit der Dienstkleidung nicht
       akzeptabel“.
       
       Seine Verwendung bestätigt die Existenz rechter Netzwerke in der Polizei –
       auch in Schleswig-Holstein. Wenig überraschend, dass der
       AfD-Landtagsabgeordnete Claus Schaffer sich mit der Bewegung und dem nun
       auffällig gewordenen Justizbeamten solidarisiert. Als Hauptkommissar kommt
       er von der Landespolizei.
       
       26 Mar 2022
       
       ## LINKS
       
   DIR [1] /Blaue-Linie-auf-der-Uniform/!5764261
   DIR [2] /Hochrangiger-Polizist-suspendiert/!5820851
   DIR [3] /Aktivist-und-Jurist-zu-White-Supremacy/!5575704
   DIR [4] https://netzpolitik.org/2022/thin-blue-line-polizeiausbilder-warnt-vor-radikalisierung/
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Andreas Speit
       
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