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       # taz.de -- Deutsche Chefin in Cannes: Zeichen des Wandels
       
       > Mit Iris Knobloch bekommen die Filmfestspiele von Cannes erstmalig eine
       > Präsidentin. Sergei Loznitsa ist ein Kandidat für den Wettbewerb.
       
   IMG Bild: Iris Knobloch (L) mit Francois Breavoine 2017 in Paris
       
       Die Internationalen Filmfestspiele von Cannes standen bisher nicht im Ruf,
       Frauen besonders in ihrem Programm zu berücksichtigen. Im Vergleich zu den
       anderen beiden großen Filmfestivals, Venedig und der Berlinale, waren
       Regisseurinnen dort in der Regel weniger stark vertreten. Dass der
       Verwaltungsrat des Festival de Cannes am Mittwoch jetzt mit der Deutschen
       Iris Knobloch zum ersten Mal eine Frau zur Präsidentin gewählt hat, ist
       daher eine deutliche Neuerung.
       
       Iris Knobloch, die im Juli ihre Geschäfte in Cannes aufnehmen wird, löst
       nach acht Jahren Pierre Lescure als Präsident ab. In ihrer auf drei Jahre
       angesetzten Amtszeit wird sie die Festivalausgaben von 2023 bis 2025
       betreuen. „Als überzeugte Europäerin habe ich mich im Laufe meiner Karriere
       immer für das Kino eingesetzt, sowohl in Frankreich als auch auf
       internationaler Ebene, und ich freue mich, dass ich mein Bestes geben kann,
       damit dieses Weltereignis einflussreich bleibt“, so Knobloch zu ihrer
       Ernennung.
       
       Die studierte Juristin kommt aus der Filmbranche. Sie arbeitete 25 Jahre in
       leitenden Funktionen bei WarnerMedia, seit 2020 leitete sie als
       Geschätsführerin WarnerMedia Frankreich, Benelux, Deutschland, Österreich
       und Schweiz. Vor ihrer Arbeit bei Warner war sie bei den internationalen
       Wirtschaftskanzleien Kanzleien Noerr, Stiefenhofer & Lutz (heute Noerr) und
       O’Melveny & Myers in München, New York und Los Angeles tätig.
       
       Im vergangenen Jahr verließ Knobloch Warner und gründete im Juli 2021 die
       Mantelgesellschaft I2PO, das erste Akquisitionszweckunternehmen seiner Art
       in Europa für die Unterhaltungs- und Freizeitindustrie.
       
       Knoblochs Industrienähe ist es denn auch, die im Vorfeld für Kritik gesorgt
       hatte. Wie stark sich ihre Präsidentschaft auf den Charakter des Festivals
       auswirken wird, lässt sich zunächst bloß spekulieren. Doch dass sich das
       Festival, das für das Weltkino bis heute die wichtigste Adresse ist, in
       naher Zukunft ändern wird, kündigt sich schon jetzt an. So gehört etwa die
       chinesische Social-Media-Plattform Tiktok zu den Sponsoren der 75. Ausgabe
       und richtet, wie jüngst berichtet wurde, gemeinsam mit dem Festival einen
       Kurzfilmpreis aus.
       
       Am 14. April wird das Festival, das nach [1][pandemiebedingter Absage
       (2020)] und [2][Verschiebung (2021)] wieder regulär im Mai laufen soll,
       seine Auswahl vorstellen. Zu den möglichen Kandidaten, die neue Filme
       präsentieren, gehören der australische „Mad Max“-Regisseur George Lewis,
       die Französin Claire Denis und der Koreaner Park Chan-wook.
       
       Auch der ukrainische Regisseur Sergei Loznitsa könnte mit seinem neuen
       Dokumentarfilm „On the Natural History of Destruction“ über die Zerstörung
       deutscher Städte im Zweiten Weltkrieg antreten.
       
       Loznitsa, der sich vor Kurzem [3][in der taz zum Ukrainekrieg positionierte
       und von den westlichen Staaten die Schließung des Luftraums über der
       Ukraine forderte] (siehe taz vom 12.3.), sieht sich in der Ukraine seit
       Kurzem starker Kritik ausgesetzt. Die Ukrainische Filmakademie hatte im
       Februar eine Petition veröffentlicht, in der sie einen internationalen
       Boykott russischer Filme forderte.
       
       Da Loznitsa zwar den Krieg verurteilte, nicht aber alle russischen
       Filmemacher, schloss die Akademie ihn vor wenigen Tagen aus. Auf den
       Vorwurf, er sei ein „Kosmopolit“, reagierte er mit Unverständnis.
       
       Das Festival von Cannes verfolgt im Übrigen gegenüber Russland eine ganz
       ähnliche Strategie. Russische Delegationen und mit der Regierung in
       Verbindung stehende Personen werden nicht eingeladen. Russische Filmemacher
       hingegen schließt das Festival keinesfalls pauschal aus. Was für die
       Organisatoren in Frankreich im Zweifel jedoch einfacher ist als für eine
       Akademie in einem Land, das Opfer eines Angriffskriegs ist.
       
       27 Mar 2022
       
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