# taz.de -- KlimaschützerInnen streiken weltweit: Gegen den Krieg, für das Klima
> Hunderttausende werden bei den Streiks von Fridays for Future weltweit
> erwartet. Diesmal geht es vor allem um das Ende des Kriegs gegen die
> Ukraine.
IMG Bild: Fridays for Future in Stockholm am 25. März
Berlin/Hamburg/Wien/Madrid/Tel Aviv/New York taz | Zum Besuch der
Friedensdemo am Anfang März hatten die Hamburger SchülerInnen noch
offiziell das OK vom Schulsenator bekommen. Wer an diesem Freitag zum
[1][globalen Klimastreik] statt zum Unterricht ging, machte blau. Dennoch
waren gegen Mittag mehr als 13.000 Demonstrierende allein in Hamburg
zusammengekommen, um gegen den Krieg in der Ukraine und für eine bessere
Klimapolitik zu demonstrieren.
Bei weltweit rund 1.000 und allein in Deutschland 300 Aktionen kamen am
Freitag vor allem SchülerInnen und StudentInnen unter dem Motto
#Peoplenotprofit zum zehnten großen Protest gegen die Erderhitzung,
insgesamt wurden Hunderttausende erwartet.
Damit gab es längst nicht so viele AktivistInnen wie bei früheren
Veranstaltungen der Fridays. Allerdings hatte die Coronapandemie die
Proteste zuletzt stark eingeschränkt. Auch der Beginn des Krieges gegen die
Ukraine hatte den Fokus in den vergangenen Wochen von der Klimaproblematik
weg verdrängt.
„Was zur Hölle geht ab mit dieser Welt?“, fragt Fridays for
Future-Sprecherin Annika Rittmann in Hamburg in die Menge. Neben
Transparenten gegen die Erderwärmung finden sich hier mindestens genauso
viele Plakate für Frieden in der Ukraine. „Wie kann man für fossile
Energien zum nächsten Autokraten rennen?“ fragt Rittmann die
Demonstrierenden – und meint Wirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne), der
in die Vereinigten Arabischen Emiraten gereist war, um dort Gas
einzukaufen.
„Peace for Ukraine and our Planet“ steht auf einem Schild geschrieben, dass
die 17-jährige Schülerin Lea im Invalidenpark, dem Startpunkt der
Demonstration in Berlin, mit ihrer Freundin Sarah hoch hält. Auch hier wird
Habeck für seinen Trip in die Emirate ausgebuht. „Natürlich geht es auf
keinen Fall, Gas aus Katar zu importieren, denn Menschenrechtsverletzungen
sind immer scheiße. Allerdings ist die Frage, gibt es eine Alternative?“
sagt die 21-jährige Studentin Sarah.
Eine Anliegen der Protestierenden war ein sofortiger Importstopp für
russisches Erdöl, Erdgas und Kohle. Dies hatte auch Fridays-Initiatorin
[2][Luisa Neubauer im Interview mit der taz] gefordert. Die Aktivisten
sehen in dem Energieembargo auch eine direkte Unterstützung für die
Ukraine.
## Wien
Für das Klima und gegen den Krieg gingen am Freitag auch in Österreich
Tausende vorwiegend junge Menschen auf die Straßen. Daniel Shams von FFF
Austria hatte vorher ein sofortiges Ende von Öl- und Gasimporten aus
Russland gefordert. Die Aktivistin Marlene Seidel betonte, der Krieg in der
Ukraine sei nicht der einzige, der über fossile Energieträger finanziert
werde. Die Politik habe es verpasst, die Energiewende rechtzeitig
einzuleiten.
Das vor wenigen Tagen verabschiedete Entlastungspaket der Regierung in Wien
fördere wieder den Verbrauch fossiler Energie. “Fossile Energieträger
machen uns abhängig von autoritären Staaten, sorgen für Konflikte und
stehen einer lebenswerten Zukunft auf diesem Planeten im Wege“, sagte auch
Tobias Brossmann vom WWF. Gestreikt wurde in fast allen Landeshauptstädten
Österreichs.
## Madrid
„In Spanien hat dieses Mal jede große Stadt ihr eigenes Narrativ“, erklärt
Pablo Sallabera von Fridays for Future (FFF) aus Madrid die Strategie von
FFF España. In Sevilla geht es den Protestierenden zum Beispiel um Wasser
und Bewässerung, in Barcelona um fossile Brennstoffe und um die
Abhängigkeit, die durch den Ukraine-Krieg augenscheinlich wurde, in der
Hauptstadt dreht sich alles um ein nachhaltiges urbanes Umfeld. „Gegen den
Krieg. Städte, die sich kümmern“, heißt das Motto. FFF verlangte
„Eigenständigkeit bei Energie- und Lebensmittelversorgung“.
„Die Städte sind ein schwarzes Loch, was Energie angeht“, erklärt
Sallabera. Neben der Kritik an der teilweisen Rücknahme der Maßnahmen zur
Verkehrsberuhigung der Innenstadt durch die Rechtskoalition im Rathaus,
geht es auch darum, mehr Energieproduktion in der Stadt einzufordern. FFF
will unter anderem mehr Unterstützung für Hausgemeinschaften, die
beschließen Solaranlagen zu installieren.
Insgesamt nehmen 18 spanische Städte am Aktionstag teil, meistens sind
abendliche Kundgebungen geplant.
## Tel Aviv
„Der letzte Sommer war heißer als jeder andere“, sagt Yael Ilany. „Wir
leben in einer extremen Welt.“ Gemeinsam mit rund 500 Demonstrierenden
steht sie am Strand von Tel Aviv. In ihrer Hand hält sie ein Schild: „Auf
der Seite des Klimas“ steht darauf.
Für israelische Verhältnisse sind 500 Teilnehmer*innen viel. Bisher
haben Sicherheitsfragen die Tagesordnung in Israel dominiert – der Konflikt
mit den Palästinenser*innen und mit dem Iran – und wenig Platz für
Klimathemen gelassen.
Dabei zeigt ein Bericht des Meteorologischen Dienstes, dass Israel und der
Nahe Osten die Klimaerwärmung besonders hart trifft. Das Land hat die
1,5-Grad-Schwelle bereits überschritten. In den letzten drei Jahrzehnten,
von 1990 bis heute, sind die Temperaturen um 1,7 Grad gestiegen.
Doch langsam nehmen die Bemühungen für das Klima an Fahrt auf – dank des
Drucks der Zivilgesellschaft auch innerhalb der israelischen Regierung, mit
der neuen Umweltministerin Tamar Zandberg von der linken Partei Meretz. Der
Ausbau einer Ölpipeline in der Arava-Wüste wurde vorerst eingefroren,
ebenso die Suche nach weiteren Gasvorkommen im Mittelmeer. „Wir können was
verändern“, sagt Ilany.
## New York
In den USA hatten Klimaprotestierende laut Fridays for Future für Freitag
125 Streiks in Städten im ganzen Land angemeldet, davon viele an der West-
und der Ostküste. In den Wochen vor dem Streik hatten sich bereits viele
AktivistInnen mit der Ukraine solidarisiert. „Ich höre von manchen Leuten
in der Klimabewegung, dass ihre Arbeit blockiert wird oder sogar gestoppt
wegen dem, was in der Ukraine passiert. Wir können nicht zulassen, dass das
passiert“, erklärte die 16-jährige Klimaaktivistin [3][Alexandria
Villaseñor].
Es sei nicht respektlos, sich weiter für das Klima zu engagieren, schrieb
sie weiter auf Twitter – es sei sogar unerlässlich. Es ist zu erwarten,
dass bei den Kundgebungen viele AktivistInnen darauf aufmerksam machen,
dass es erst die Abhängigkeit von fossilen Brennstoffen wie Öl und Gas sei,
die den Krieg möglich mache.
25 Mar 2022
## LINKS
DIR [1] /Weltweiter-Klimastreik-startet/!5844091
DIR [2] /Luisa-Neubauer-ueber-Klima-und-Krisen/!5840373
DIR [3] https://twitter.com/AlexandriaV2005
## AUTOREN
DIR Judith Poppe
DIR Niklas Berger
DIR Reiner Wandler
DIR Ralf Leonhard
DIR Kai Schöneberg
DIR Eva Oer
DIR Julian Csép
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